Berlin/Stuttgart. Rund 1500 Einheimische haben seit Beginn der ISAF-Mission im Jahr 2001 in Afghanistan für die Deutschen gearbeitet. Meist als Übersetzer, Fahrer oder Wachpersonal. Die Bürokratie bezeichnet diese Helfer als „Ortskräfte“. Die meisten von ihnen fürchten nun den Abzug der NATO-Kampftruppen und danach die Rache der radikalen Taliban.
Bis Mitte April dieses Jahres hatten nach Auskunft der Bundesregierung 766 afghanische Ortskräfte aufgrund ihrer Gefährdung im Heimatland einen Antrag auf Aufnahme in Deutschland gestellt. 300 hatten eine Aufnahmezusage erhalten. 476 Anträge afghanischer Mitarbeiter auf Einreise nach Deutschland waren bis zu diesem Zeitpunkt abgelehnt worden. Im Mai berichteten wir in einem zweiteiligen Onlinebeitrag („Im Fadenkreuz der Taliban – hoffen auf Deutschland“) ausführlich über die Problematik.
Am 19. Juli meldeten die Stuttgarter Nachrichten neuere Zahlen. Dabei beruft sich die Tageszeitung auf einen Sprecher des Bundesministeriums der Verteidigung. Diesem zufolge haben bislang 937 Ortskräfte einen Antrag auf Aufnahme in Deutschland gestellt. Von den mittlerweile 908 bearbeiteten Anträgen sollen 313 bereits bewilligt worden sein. 168 Helfer mit 377 Angehörigen seien nach Deutschland gekommen, zitiert die Tageszeitung den Vertreter des Presse- und Informationsstabes des Ministeriums. In den übrigen 595 Fällen – bearbeitet aber abgelehnt – seien „beispielsweise die Gefährdungskriterien von den Antragstellern nicht erfüllt“ worden, hieß es.
Omid Nouripour, Sprecher für Außenpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, kritisiert das seiner Meinung nach undurchsichtige Verfahren. Zu helfen sei doch im deutschen Sicherheitsinteresse, meinte er mit Blick auf die große Zahl der abgelehnten Anträge. Den Stuttgarter Nachrichten sagte der Parlamentarier: „Wenn die Menschen merken, dass sie keine Chance zu überleben haben, werden sich einige überlegen, ob sie nicht gleichzeitig für die Taliban arbeiten.“
Unser Bild zeigt einen Soldaten der Bundeswehr in Nordafghanistan im August 2009. Ein einheimischer Sprachmittler begleitet ihn.
(Foto: Dana Kazda/PrInfoZ Heer/Bundeswehr)