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Brüssel (Belgien). „Unser Eintreten für die Sicherheit aller Verbündeter ist unverbrüchlich – jetzt und in Zukunft.“ Es war eine bemerkenswerte Grundsatzrede, die NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am 21. März beim „Brussels Forum“ des German Marshall Fund hielt. Und es war eine unmissverständliche Botschaft an die Adresse Moskaus, als er dort in der belgischen Hauptstadt erklärte: „Niemand sollte die Entschlossenheit der NATO in Zweifel ziehen, wenn eines ihrer Mitglieder bedroht werden würde!“

Mit seinem Brüsseler Forum veranstaltet der „German Marshall Fund of the United States“ (GMF) alljährlich eine hochkarätig besetzte Veranstaltung, bei der europäische und US-amerikanische Politiker, Publizisten und Entscheider aktuelle transatlantische Themen diskutieren. In diesem Jahr legte sich der Schatten der Krimkrise auch auf dieses Treffen und dominierte die Inhalte.

NATO-Generalsekretär Rasmussen ließ bei seiner Rede im Konferenzsaal des Steigenberger Grand Hotel angesichts des russischen Vorgehens in der Ukraine keinen Zweifel am Verteidigungswillen des Nordatlantischen Bündnisses. Die Krise in der Ukraine bezeichnete er als schwierigen, ja gefährlichen Moment und als ein Alarmsignal für den gesamten Euroatlantischen Raum. Zugleich rufe die Krise auf eindringliche Weise auch wieder die Bedeutung der NATO für die Vereinigten Staaten in Erinnerung. Eine Bedeutung, die in diesen Tagen größer denn je sei. Gleichzeitig sei ebenso erneut deutlich geworden, welchen Stellenwert die transatlantische Bindung und das Bündnis für Europa hätten.

Schwerste Krise seit dem Fall der Berliner Mauer

Russlands militärische Aggression in der Ukraine habe die schwerste Krise in Europa seit dem Fall der Berliner Mauer heraufbeschworen, sagte Rasmussen vor dem prominent besetzten Forum (unter anderem waren seine Amtsvorgänger Jaap de Hoop Scheffer und George Robertson anwesend). Der NATO-Chef wörtlich: „Unsere Vision von einem geeinten, freien und friedvollen Europa ist durch die jüngsten Ereignisse infrage gestellt worden. Und wir erleben keinen Einzelfall, wir erkennen vielmehr ein altes Verhaltensmuster – das Muster des militärischen Drucks und der ungelösten Konflikte in unserer unmittelbaren Nachbarschaft: in Transnistrien, in Südossetien, in Abchasien und nun auf der Krim. Was all diese Krisen miteinander verbindet, ist ein großes Land, das für sich beschlossen hat, geltendes Recht und internationale Regeln neu zu formulieren. Über Nacht und nach seinem Gutdünken. Dass dabei alte Trennlinien – 25 Jahre nach deren Beseitigung durch freiheitsliebende Europäer – wieder neu gezogen werden, nimmt dieses Land billigend in Kauf.“

Man habe lange Zeit gehofft, so gestand Rasmussen ein, dass diese Art revisionistischen Denkens und Verhaltens auf das 19. Jahrhundert beschränkt sei. „Aber wie wir sehen, ist es in unser 21. Jahrhundert zurückgekehrt. Dieses Verhalten ist auf Konfrontation aus, nicht auf Kooperation.“ Das Vorgehen Russlands stelle eine echte Bedrohung für die globale Ordnung und die allgemeingültigen Werte dar, warnte er. „Also müssen wir reagieren. Jetzt und in der Zukunft!“

Politische und militärische Zusammenarbeit mit der Ukraine stärken

Im weiteren Verlauf seiner Rede, die mehrfach von heftigem Beifall der Forumsteilnehmer unterbrochen wurde, formulierte der frühere dänische Ministerpräsident schließlich drei Schwerpunkte.

Erstens: Verpflichtung der NATO-Mitgliedsstaaten zur kollektiven Verteidigung. Dazu Rasmussen: „Unsere Verpflichtung, die Sicherheit aller Partner zu garantieren, hat für alle Zeiten Bestand.“ Niemand sollte die Entschlossenheit des Bündnisses anzweifeln, wenn die Sicherheit eines Verbündeten bedroht sei. Diese Beistandsgarantie werde schon jetzt von praktischen militärpolitischen Entscheidungen der Allianz flankiert: So würden nun zusätzliche NATO-Flugzeuge zum Schutz des Luftraumes über dem Baltikum zur Verfügung gestellt, über Polen und Rumänien würden die Überwachungsflüge verstärkt. Der Generalsekretär versicherte – offenkundig auch deutlich in Richtung des Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin: „Die NATO bleibt wachsam und ist bereit, alle notwendigen Schritte zu unternehmen. Unser Ziel ist es, die gegenwärtige Krise an unseren Grenzen zu entschärfen. Begehen Sie keinen Fehler – wir werden unsere Verbündeten verteidigen!“

Zweitens: Unterstützung der Ukraine. Dazu kündigte Rasmussen an: „Wir werden die politische und militärische Zusammenarbeit mit der Ukraine intensivieren. Dies beinhaltet unsere Hilfe bei der Transformation des ukrainischen Militärs in moderne und effektive Streitkräfte, die in der Lage zu glaubwürdiger Abschreckung und Verteidigung sein werden.“ Weiter will die NATO künftig gemeinsame Übungen mit ukrainischen Einheiten abhalten – entweder im großen Rahmen der Allianz oder auf binationaler Ebene. Zugleich wird sie in Zeiten dieser Krise den Schulterschluss mit weiteren Partnern in der Region suchen.

NATO lässt Tür für den politischen Dialog weiterhin offen

Drittens: Verhältnis der NATO zu Russland. Auch hier legte der Rasmussen großen Wert auf eine deutliche Sprache. Verbitterung schwang mit, als er an das Jahr 2010 erinnerte: „2010 haben wir mit Russland eine echte strategische Partnerschaft vereinbart. Noch heute bin ich der Ansicht, dass diese Übereinkunft der einzig wahre Weg vorwärts war und ist. Aber ich muss heute auch sagen, dass Russland durch seine Äußerungen und sein Verhalten mittlerweile mehr Gegner denn Partner ist.“

Dadurch stelle sich zurzeit die Frage nach der Grundlage einer weiteren Zusammenarbeit mit Russland. Man habe bereits innerhalb der Allianz entschieden, so der Generalsekretär, vorerst alle Treffen auf Stabsebene mit der russischen Seite abzusagen. Darüber hinaus stehe das gesamte Spektrum der bisherigen Zusammenarbeit zwischen Brüssel und Moskau auf dem Prüfstand. Die entsprechenden Entscheidungen würden beim nächsten Treffen der NATO-Außenminister am 1. und 2. April fallen. Aber, und mit dieser Zusicherung schloss Rasmussen den dritten Punkt ab: „Unsere Tür für den politischen Dialog bleibt auch weiterhin geöffnet.“

Europa muss in Zukunft mehr in die Verteidigung investieren

Drei Schwerpunkte benannte der oberste Vertreter der NATO schließlich auch im letzten Kapitel seiner Rede, in dem er sich mit dem transatlantischen Verhältnis befasste. Rasmussens Dreiklang lautete hier: „Wir müssen erstens dringend unsere wirtschaftlichen Beziehungen untereinander stärken; die transatlantische Handels-und Investitionspartnerschaft ist hierzu der Schlüssel. Zweitens: Wir müssen Europas Abhängigkeit von russischer Energie verringern und – quasi als zentrale strategisch-transatlantische Entscheidung – vermehrt auf unterschiedliche Energiequellen setzen. Drittens: Wir müssen in Europa unsere Verteidigungsinvestitionen erhöhen und zugleich unsere Sicherheitszusammenarbeit innerhalb der NATO weiter ausbauen.“

Die NATO werde stark und wachsam bleiben, versicherte Anders Fogh Rasmussen abschließend. Gemeinsam mit der Europäischen Union und dem Rest der Internationalen Gemeinschaft werde das Militärbündnis auch künftig die Sicherheit und Stabilität im Euroatlantischen Raum garantieren. Größte Aufgabe der NATO sei und bleibe es, „unsere Bevölkerung und unser Territorium zu verteidigen“. Damit dies gelingen könne, müsse sichergestellt sein, dass die Allianz über das gesamte Fähigkeitsspektrum zur Abschreckung und Verteidigung verfüge. Der Generalsekretär wörtlich: „Wir können unmöglich weiter abrüsten, während der Rest der Welt sich bewaffnet und fremde Armeen an unseren Grenzen auffahren.“



Die Aufnahme zeigt NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bei seiner Rede am 21. März 2014 anlässlich des „Brussels Forum“ des German Marshall Fund.
(Foto: NATO)


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