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Bonn. Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg, vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg, vor 25 Jahren fiel die Mauer – 2014 ist ein ganz besonderes Jahr mit historisch denkwürdigen Momenten. Anlass für den Sender phoenix, sich in der Vorwoche des Jahrestages des deutschen Überfalls auf Polen mit dem Themenkreis „Krieg & Frieden“ zu befassen. Dabei werden im Programmzeitraum 25. August (Montag) bis 31. August (Sonntag) vergangene und aktuelle Waffengänge aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet – in einem Werkstattgespräch, in der phoenix-Runde und mit preisgekrönten Dokumentationen.

„Give Peace a Chance“ – der Freitagabend (29. August) der phoenix-Themenwoche „Krieg & Frieden“ ist ganz den Friedensaktivisten, Pazifisten und Friedensnobelpreisträgern gewidmet. Es ist ein Filmabend, der eingedenk der aktuellen Weltkrisen und globalen Konflikte – Ukraine, Syrien, Irak, Gaza, Nigeria oder Sudan – einen Hauch von Zuversicht vermitteln könnte.

Den Auftakt macht um 20.15 Uhr ein Dokumentarfilm von David Leaf und John Scheinfeld über die Akte „USA gegen John Lennon“.

Ende der 1960er-Jahre beginnt die politische Radikalisierung des Mitgründers, Sängers und Gitarristen der britischen Rockband „The Beatles“ John Lennon an der Seite seiner neuen Liebe Yoko Ono, einer Japanerin. Gemeinsam organisieren sie Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg. Der amerikanischen Regierung ist das Engagement des in New York lebenden Briten allerdings ein Dorn im Auge.

Ein unrühmliches Kapitel in der Geschichte der USA

Leaf und Scheinfeld zeichnen in ihrem aufschlussreichen Dokumentarfilm die Entwicklung Lennons zum Antikriegsaktivisten nach. Dazu stand ihnen eine Unmenge bislang unbekannten Archivmaterials zur Verfügung, das sie um Interviews mit Freunden und Gegnern des Musikers ergänzten. Zahlreiche Lennon-Songs und ein ausführliches Gespräch mit Yoko Ono runden das faszinierende Stück Zeit- und Musikgeschichte ab.

Die beiden namhaften Dokumentarfilmer und Musikkenner konzentrierten sich bei ihrer Arbeit auf die „politischen Jahre“ Lennons Ende der 60er- und Anfang der 70er-Jahre, in denen er sich zusammen mit seiner Partnerin für die Friedensbewegung engagierte – mit Protesthymnen wie „Give Peace a Chance“, Happenings wie den „Bed-ins“ in Amsterdam und Montreal oder als Sänger auf politischen Demonstrationen.

Die Reaktion der US-Regierung auf den widerspenstigen Ausländer und seinen wachsenden Einfluss auf die Öffentlichkeit ließen in jenen Jahren der Nixon-Ära nicht lange auf sich warten: John Lennon wurde vom FBI observiert, sein Telefon abgehört. Als er sich zudem mit radikalen politischen Aktivisten wie Jerry Rubin, Abbie Hoffman und dem Black Panther Bobby Seale solidarisierte, entschied die Regierung, Lennon zu „neutralisieren“. Unmittelbar danach wurde seine Ausweisung als „unerwünschter Ausländer“ eingeleitet.

Doch der Künstler und seine Anwälte wehrten sich mit allen Mitteln. Es sollte fast viereinhalb Jahre dauern – bis hin zur Watergateaffäre und später Nixons Rücktritt – ehe Lennon den Kampf für sich entscheiden und den Prozess gegen die USA am Tag der Geburt seines zweiten Sohnes Sean gewinnen konnte. Der glückliche Vater erhielt bald darauf seine „Greencard“ für die Vereinigten Staaten. Wenige Jahre später, am 8. Dezember 1980, erschütterte die Nachricht von Lennons Tod die Weltöffentlichkeit. Um 22.50 Uhr war er von dem geistig verwirrten Attentäter Mark David Chapman in New York vor dem Dakota Building erschossen worden.

Erinnerungen an „einen großen Freund der Menschen“

Ein Mann – und sein Traum von einer heilbaren Welt. So könnte die Überschrift über dem Leben des außergewöhnlichen Friedensaktivisten Abie Nathan (1927-2008) aus Tel Aviv lauten. Nathan, ehemaliger Kampfpilot und später überzeugter Pazifist, lebte nach dem Motto „Sei Du selbst die Veränderung, die Du in der Welt sehen willst.“

Abie Nathan setzte den Aussöhnungsprozess zwischen der arabischen Welt und Israel in Gang. Sein persönlicher Charme und die Leidenschaft für seine Sache öffneten ihm die Türen bei damals prominenten Künstlern und Staatsmännern. Legendär ist sein Piratensender „The Voice of Peace“, der von 1973 bis 1993 „von irgendwo im Mittelmeer“ neben moderner Popmusik auch Friedensbotschaften in den Mittleren Osten sandte – unterstützt von Musikgrößen jener Zeit: John Lennon, George Harrison, Gloria Gaynor, Joan Baez oder Peter Seeger.

Nathan hatte immer mehr als sein Heimatland Israel im Blick: Ihm ging es um die ganze Welt und um jeden einzelnen Menschen. Anlässlich seines Einsatzes bei der Hungersnot im afrikanischen Biafra (1969) sagte er in einem Interview: „Es ist einfach die Pflicht eines jeden menschlichen Wesens, hierherzukommen und zu helfen.“

Yoko Ono, Zubin Mehta, Michael Caine, Shimon Peres, Daniel Barenboim – viele Prominente und internationale Weggefährten aus Politik und Kultur äußern sich in Eric Friedlers Dokumentation (NDR/2014) über den Israeli und helfen so mit, dass der „große Freund der Menschen“ unvergessen bleibt.

Emotionsgeladener Blick auf das Geschäft der Friedensmediatoren

„Wenn Du den Krieg beenden willst, musst Du mit den Kämpfern reden!“ Eine exklusive Gruppe internationaler Berater hat sich dieser Idee verschrieben – sie ist ihr Geschäft, und es ist ihre Mission. Darüber berichtet Anne Thoma ab 23.20 Uhr in ihrer Dokumentation „Miles and War – auf den Spuren des Friedens“ (WDR und arte/2013).

Die heutigen Kriege und Konflikte werden immer unüberschaubarer. Oft liegen die Ursachen für die Auseinandersetzungen in lokalen zivilen Konflikten, die später globale Auswirkungen im Machtkampf um Einflussgebiete und Ressourcen haben. Die Politik bittet deshalb jene als Konfliktlöser zu wirken, die die entsprechende Sprache verstehen, über Expertenwissen verfügen und Diskretion wahren können. Sie wendet sich an Fachleute, die aus dem „Frieden-Stiften“ ein neues Geschäftsmodell entwickelt haben: „Wenn Du den Krieg beenden willst, musst Du mit den Kämpfern reden!“

Die Dokumentation stellt drei private Unterhändler und ihre Arbeit vor, die in Hotellobbys, auf Business-Class-Flügen und in geheimen Konferenzräumen stattfindet. Die Protagonisten werden auf ihrer Mission, bewaffneten Konflikten in der Welt ein Ende zu setzen, mit der Kamera begleitet. Dabei sprechen sie über ihre Motivationen, Hoffnungen und Enttäuschungen, über die Einsamkeit und über die kurzen und seltenen Momente des Triumphs.

Ergänzend gewährt die Dokumentation Einblicke in den Alltag der Arbeit am Rande der Kriegsschauplätze und zeigt überraschende und faszinierende Momente zwischen Normalität und Abgrund: „Miles and War“ eröffnet einen ganz persönlichen, emotionalen Blick auf die „private Friedensindustrie“.

Zur Bedeutung und Verantwortung des jungen Haager Weltgerichts

Luis Moreno Ocampo ist Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag und eine charismatische Persönlichkeit. In den 1980er-Jahren war er Assistent im Prozess gegen die Generäle der argentinischen Militärjunta. 20 Jahre später wählte man ihn zum Chefankläger des ersten permanenten Internationalen Strafgerichtshofs, der 1998 in Rom von 120 Staaten beschlossen worden war.

Die Regisseure Marcus Vetter und Michele Gentile begleiten Luis Moreno Ocampo sechs Jahre nach seiner Ernennung zum Chefankläger des ICC (International Criminal Court) mit der Kamera. Sie reisen mit ihm nach Libyen, nachdem Haftbefehle gegen Muammar al-Gaddafi und dessen Sohn Saif al-Islam ausgestellt wurden. Sie sind unter anderem bei den Verhandlungen des Anklägers mit einer palästinensischen Delegation dabei; es geht darum, ob das ICC Palästina als Staat anerkennen kann – Voraussetzung für eine Anklage gegen Israel und die Hamas wegen Kriegsverbrechen im Gazakrieg. Und die Filmemacher verfolgen den ersten Fall des Internationalen Gerichtshofes gegen Thomas Lubanga Dyilo, einen früheren Milizenführer im Kongo, der Kindersoldaten für seine Kriege missbraucht hat.

Der Film, im Genre eines Justizthrillers gedreht und geschnitten, spielt hinter üblicherweise verschlossenen Türen. Dabei bildet er verständlich und transparent einen hochkomplexen juristischen Ablauf ab. Eindringlich vermittelt „Der Chefankläger“ die Bedeutung und die Verantwortung des jungen Weltgerichts. Und spätestens, wenn Hollywoodstar Angelina Jolie und Ben Ferenzc, ehemaliger Chefankläger der Nürnberger Prozesse, zur entscheidenden Schlussanhörung im Fall „Lubanga“ nach Den Haag kommen, dann wird deutlich: Der ICC ist die Fortsetzung dessen, was in Nürnberg vor rund sieben Jahrzehnten begonnen hat.

Leiden für die Sehnsucht nach wahrhaftiger Demokratie

Für die Birmanen verkörpert Aung San Suu Kyi Freiheit und Demokratie. Der Westen, der ihren Namen mit Frieden und Versöhnung in Birma gleichsetzt, zeichnete sie 1991 mit dem Friedensnobelpreis aus. Doch Aung San Suu Kyi bezahlte ihren ungebrochenen Widerstand gegen die Militärjunta mit 14 Jahren Freiheitsentzug; in all den Jahren durfte sie nicht einmal nach England reisen, um ihren todkranken Ehemann zu besuchen.

Dieses bewegende Porträt von Anne Gyrithe Bonne (arte/2011) zeigt Aung San Suu Kyi auch als Privatperson, die trotz großer Opfer von ihrer Familie – ihrem mittlerweile verstorbenen Ehemann, ihren Kindern – und Freunden stets ermutigt worden war, den Kampf für die Freiheit fortzusetzen.

2010 übergab die birmanische Junta zwar das Zepter an eine Zivilregierung mit demokratischem Anstrich, die Macht liegt jedoch weiterhin in Händen des Militärs. Seit Aufhebung ihres Hausarrests im November 2010 bereist die Politikerin das Land und wirbt für ihre Vorstellung von wahrer Demokratie, doch die Regierung beobachtet ihr politisches Tun mit Argusaugen. Die Dokumentation wurde im Jahr 2011 für die Auszeichnung „Cinema for Peace“ nominiert.

Ein ganzes Leben im Dienste des Weltfriedens

Viele wissen, wie sie aussieht, zierte ihr Bild doch jahrelang den Tausend-Schilling-Schein der Österreicher. Aber die wenigsten wissen, wer eigentlich die Frau war, die 1905 mit dem ersten Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Mit ihrem Roman „Die Waffen nieder“ wurde Bertha von Suttner Ende des 19. Jahrhunderts schlagartig berühmt und stellte ihr weiteres Leben in den Dienst des Weltfriedens.

Trotz ihres flammenden Engagements war ihrer pazifistischen Bewegung zunächst keinerlei Erfolg beschieden. Das dokumentarische Porträt von Edith Stohl (ZDF und ORF/2013) über die Idealistin zeigt deren spannendes Leben und wie schwer es für Frauen noch vor mehr als 100 Jahren war, selbstbewusst einen eigenständigen Weg zu gehen.


Randnotiz                                  

Krieg & Frieden – eine phoenix-Themenwoche von Montag (25. August) bis Sonntag (31. August 2014).
Freitag, 29. August, Themenschwerpunkt „Friedensstifter“:
20.15 Uhr | „Die Akte USA gegen John Lennon“
21.50 Uhr | „The Voice of Peace – der Traum des Abie Nathan“
23.20 Uhr | „Miles and War – auf den Spuren des Friedens“
In der Nacht von Freitag auf Samstag (30. August):
00.15 Uhr | „Der Chefankläger – am Internationalen Gerichtshof“
01.45 Uhr | „Aung San Suu Kyi – ein Leben für Myanmar“
02.30 Uhr | „Bertha von Suttner – Friedensnobelpreisträgerin“
Alle Angaben ohne Gewähr.


Zu unserer Bildsequenz:
1. Der „Beatles“-Mitbegründer John Lennon kam auf die Idee, weltweit Plakate mit dem Slogan „War is over (if you want it)/Der Krieg ist vorbei (wenn du es willst)“ zu installieren, obwohl der Vietnamkrieg noch nicht beendet war. Dies machte die Idee, dem schrecklichen Konflikt in Asien endlich ein Ende zu setzen, ein Stück be-greifbarer.
(Foto: phoenix/ARD)

2. John Lennon und seine Frau Yoko Ono bei einer Friedenskundgebung auf der New Yorker Fifth Avenue am 5. Februar 1972.
(Foto: Ron Frehm/phoenix/ARD)

3. Der israelische Friedensaktivist Abie Nathan.
(Foto: Hans Pinn/phoenix/ARD)

4. „Rebellen im Sudan“, eine Szene aus dem Dokumentarfilm „Miles and War“ von Anne Thoma.
(Foto: zeroone film/phoenix/ARD)

5. ICC-Chefankläger Luis Moreno Ocampo.
(Foto: Bukera Pictures/phoenix/ARD)

6. Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Das Bild entstand 2012 beim Weltwirtschaftsgipfel im thailändischen Bangkok.
(Foto: Sikarin Thanachaiary)

7. und 8. Bertha von Suttner – Autorin des Weltromans „Die Waffen nieder“ und ebenfalls Trägerin des Friedensnobelpreises.
(Bild des Geldscheins: Wikipedia; historisches Foto: Carl Pietzner 1903)


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