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Berlin/München. Herbe Enttäuschung für die Münchner ARTEC GmbH, das Joint-Venture-Unternehmen von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann: Das Verteidigungsministerium wird keine zusätzlichen gepanzerten Transportfahrzeuge Boxer bestellen. Dies teilte der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, Markus Grübel, dem Verteidigungsausschuss mit. Der Ausschuss hatte weitere Beschaffungen des GTK Boxer über die derzeitige Stückzahlplanung von 272 Exemplaren hinaus empfohlen und dem Ministerium dazu einen Prüfauftrag erteilt. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte das Antwortschreiben des Staatssekretärs einsehen.

Wie Reuters am 18. August meldete, sei die Beschaffung weiterer GTK Boxer nach Ansicht des Ministeriums vor dem Hintergrund der derzeitigen Finanzplanung nicht zu leisten (GTK: Gepanzertes Transport Kraftfahrzeug). Die Nachrichtenagentur zitiert aus dem Schreiben Grübels: „Eine zusätzliche Beschaffung [des] GTK Boxer würde grundsätzlich eine Korrektur der Leitlinien zur Neuausrichtung der Bundeswehr und den darin verankerten Obergrenzen für strukturrelevante Hauptwaffensysteme bedingen.“ Weiter heißt es Reuters zufolge in der Antwort an den Ausschuss: „Weder die Beschaffung von zusätzlichen GTK Boxer noch eine Erhöhung der Aufwendungen für den Betrieb sind in der derzeitigen Finanzplanung abbildbar.“

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD im Verteidigungsausschuss des Bundestages hatten am 7. Mai dieses Jahres im Rahmen der Etatberatungen über das hochmobile Radfahrzeug debattiert und das Verteidigungsministerium „aufgefordert zu prüfen und zu berichten, welchen Mehrbedarf das Heer strukturell vor dem Hintergrund der möglichen Einsätze festgestellt hat, und wie dieser Mehrbedarf gedeckt werden könnte“. Die Vertreter der Koalition hatten dabei die Meinung vertreten, das deutsche Heer sei mit der derzeitigen Stückzahl von 272 Fahrzeugen „nicht strukturgerecht ausgestattet“.

Verteidigungsausschuss sieht eine „erhebliche Unterdeckung“

In der Begründung der Unionspolitiker und Sozialdemokraten heißt es: „Der Boxer ist mit seinen unterschiedlichen Varianten und der modularen Auslegung eines der modernsten und zukunftsfähigsten Fahrzeuge der Bundeswehr. Das hohe Schutzniveau und die ausgezeichnete Geländegängigkeit prädestinieren den Boxer für alle Einsatzszenarien.“ Mit den 272 geplanten Exemplaren sei allerdings heute bereits erkennbar, dass eine erhebliche Unterdeckung bestehe, die zur Einschränkung des Einsatzspektrums der Infanterie führen werde, so die Boxer-Befürworter weiter. Dies sei angesichts der Einsatzerfahrungen der vergangenen 20 Jahre „eine für die Politik nicht hinnehmbare Limitierung von militärischen Fähigkeiten“.

Der dritte Punkt der Begründung lautet: „Nur mit deutlich mehr Fahrzeugen des Typs GTK Boxer lassen sich die notwendige Ausbildung und der Erfahrungsgewinn mit diesem sehr groß dimensionierten Fahrzeug erreichen. Der Boxer muss daher auch in der Friedensstruktur jederzeit in ausreichender Zahl verfügbar sein, um im Einsatzfall lebensgefährliche Ausbildungsrückstände gar nicht erst entstehen zu lassen.“ Die umfassende Ausstattung mit dem Transportfahrzeug sei auch ein glaubwürdiger Beitrag zur Landes- und Bündnisverteidigung, so die Fraktionen der CDU/CSU und SPD im Verteidigungsausschuss.

Die im Ausschuss vertretenen Fraktionen der Linken und von Bündnis 90/Die Grünen hatten gegen den Antrag gestimmt.

Eine Vielzahl missionsspezifischer Fahrzeugvarianten

Der GTK Boxer gilt als Vertreter einer neuer Fahrzeuggeneration gepanzerter Transportfahrzeuge mittlerer Gewichtsklasse. Die ARTEC GmbH ist zuständig für das Boxer-Entwicklungsprogramm für die Bundeswehr und die niederländischen Streitkräfte. Der in München ansässige Hauptauftragnehmer koordiniert auch die Serienfertigung. An dem Joint Venture sind Krauss-Maffei Wegmann, Rheinmetall Radfahrzeuge und Rheinmetall MAN Military Vehicles Nederland beteiligt.

Der modulare Aufbau des Boxer ermöglicht eine Vielzahl missionsspezifischer Varianten. Die Entwicklung gibt es als Gruppentransportfahrzeug, Gefechtsstandfahrzeug, Führungsfahrzeug, Sanitätsfahrzeug, Versorgungsfahrzeug (Transportfahrzeug für Verbrauchsgüter) und als Gefechtsschaden-Instandsetzungsfahrzeug.

Die derzeitige Boxer-Stückzahl (272) war im Jahr 2011 festgelegt worden. Damals hatte das Verteidigungsministerium im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr alle laufenden Rüstungsprojekte überprüft. Zuvor waren verschiedene Handlungsoptionen entwickelt worden. Übergeordnetes Ziel dabei war gewesen, die Bundeswehr adäquat für mögliche Einsätze auszurüsten und gleichzeitig planerischen Freiraum für zukünftige Projekte zu gewinnen.

Thomas de Maizière, zu jener Zeit Verteidigungsminister, hatte schließlich am 14. Oktober 2011 die ausgearbeiteten Optionen gebilligt. Sie beinhalteten sowohl eine Veränderung der Anzahl der zu beschaffenden Waffensysteme als auch eine Reduzierung bereits eingeführter Systeme.

Für das deutsche Heer bedeutet nun die „Anpassung der materiellen Ausstattung an die zukünftige Struktur und das priorisierte Fähigkeitsprofil der Streitkräfte“ – so der Terminus – unter anderem folgende Stückzahlen (neben den bereits für den Boxer genannten): 765 Transportpanzer Fuchs, 212 Spähwagen Fennek, Reduzierung des Kampfpanzers Leopard 2 von 350 auf 225 Stück sowie eine um 60 Exemplare reduzierte Beschaffung des Schützenpanzers Puma (statt 410 nur noch 350).


Unsere beiden Aufnahmen entstanden im Januar 2012 und zeigen Transportfahrzeuge GTK-Boxer im Materiallager Zeithain, Sachsen. Die Fahrzeuge wurden hier damals auf ihren Einsatz in Afghanistan vorbereitet.
(Foto: Michael Mandt/Bundeswehr)


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