menu +

Nachrichten



Berlin/Bonn. Der 26. Oktober 2011 war auch ein bedeutsamer Tag für die Bonner Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen gehört. An diesem Mittwoch legte der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière das „Stationierungskonzept 2011“ vor, ein Meilenstein auf dem Weg zur Neuausrichtung der Bundeswehr. Das Konzept bestimmt, wo und in welchem Umfang die Bundeswehr künftig in Deutschland Standorte unterhält. Liegenschaften, die von der Truppe aufgegeben werden, gehen an die BImA. Seit 2005 ist sie für die Verwaltung und den Verkauf dieser Konversionobjekte zuständig. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen befasst sich jetzt mit dem Liegenschaftsverkauf der Bundesanstalt und nennt interessante Zahlen.

Die BImA bezeichnet sich selbst als „gut aufgestellt“. „Gut aufgestellt zur Bewältigung der durch das Stationierungskonzept 2011 der Bundeswehr und die Truppenreduzierungen der ausländischen Streitkräfte hervorgerufenen Konversionswelle“, versichert der Immobiliendienstleister des Bundes in einer Selbstdarstellung. Man profitiere von einer umfangreichen und langjährigen Erfahrung in der Abwicklung von Konversionsprozessen, heißt es dort weiter.

Erste Konversionskonferenz der Bundesanstalt 2012 in Berlin

Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Stationierungsentscheidungen im Oktober 2011 war die Bundeswehr offiziell noch an 394 Standorten präsent. In Zukunft wird nur noch an 264 Militärstandorten die Bundesdienstflagge wehen.

Bereits am 7. Februar 2012 hatte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gemeinsam mit Vertretern der Bundeswehr und betroffener Gemeinden in Berlin eine erste Konversionskonferenz veranstaltet. Dabei hatte sie ihre Instrumente, Verwertungsmodelle und Kooperationsmöglichkeiten vorgestellt, um – so eine Pressemitteilung der Veranstalter von „Konversion heißt Zukunft“ – in „partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den kommunalen Planungsträgern die Immobilien einer zivilen Anschlussnutzung zuzuführen“. Ziel sei es, erklärte die Bundesanstalt damals im Berliner Congress Center, die kommunalen strukturpolitischen und städtebaulichen Entwicklungsziele mit dem Verwertungsinteresse der BImA in Einklang zu bringen.

Oberst Matthias Geitz aus dem Bundesministerium der Verteidigung, der bei dieser Konversionskonferenz 2012 noch einmal das Stationierungskonzept der Bundeswehr erläutern konnte, hatte in Berlin zu Gelassenheit geraten: „Die liegenschaftsbezogene Umsetzung der Standortentscheidungen erfolgt überwiegend mittel- bis langfristig. Es wird somit genügend Zeit bleiben, Maßnahmen zu entwickeln, um Nachteile für die betroffenen Menschen abzufedern.“

Infrastruktur entbehrlicher Standorte wird oft noch für Jahre genutzt

Nun aber zu den Informationen der Bundesregierung vom 11. Juli. Die Angaben beziehen sich auf einen Fragenkatalog der Bundestagsabgeordneten Britta Haßelmann, Christian Kühn, Tobias Lindner und ihrer Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 21. Mai.

Für den Ausbau und den Erhalt derjenigen Liegenschaften, die künftig weiterhin durch die Bundeswehr genutzt werden sollen, sind laut Bundesregierung Infrastrukturinvestitionen in Höhe von rund 9,8 Milliarden Euro erfasst.

Aber auch für militärisch genutzte Liegenschaften, die nach dem Stationierungskonzept 2011 in Zukunft geschlossen werden müssen, wurde und wird noch Geld ausgegeben. Nach Regierungsangaben investierte man in diese Bereiche in den Jahren 2009 bis einschließlich 2013 rund 229 Millionen Euro aus dem Verteidigungsetat. Rund 36 Millionen Euro (16 Prozent) davon entfallen auf die Jahre 2012 und 2013. Die offizielle Begründung für diese finanziellen Leistungen des Bundes: Die „Investitionen waren aufgrund gesetzlicher Auflagen und im Interesse der Nutzer unumgänglich und zur Erfüllung des Auftrages der Dienststellen notwendig. Da diese Dienststellen nicht unmittelbar nach der Stationierungsentscheidung am 26. Oktober 2011 aufzulösen waren, bleibt auch die Infrastruktur über den Zeitpunkt der Entscheidung hinaus in der Regel noch für Jahre in Nutzung. Die getätigten Investitionen kommen insoweit bis zur endgültigen Abgabe der Liegenschaften den Nutzern unmittelbar zugute.“

Rückgabe großflächiger Kasernenareale zumeist erst ab 2015

Nach Veröffentlichung des Stationierungskonzepts zur Neuausrichtung der Bundeswehr im Oktober 2011 und der folgenden Bekanntgabe der entsprechenden Realisierungsplanung im Juni 2012 war klar geworden, dass 134 Standorte von Schließungen betroffen sein würden. Da es an manchen Standorten mehrere zu schließende Liegenschaften gibt, hat es die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben insgesamt mit 158 bislang militärisch genutzten Liegenschaften zu tun. Dabei handelt es sich um 55 Kasernenanlagen, zwölf Depots, zehn Flugplätze, drei Truppenübungsplätze, 58 Dienstgebäude und 20 sonstige Konversionsobjekte.

Der Schwerpunkt der Freigaben liegt nach Angaben der Bundesregierung in den Jahren von 2014 bis 2016, wobei für das Jahr 2014 ein hoher Anteil an Dienstgebäuden sowie zwei umfangreiche Standortübungsplätze (Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern und Ehra-Lessien in Niedersachsen) angekündigt sind. Die Rückgabe der großflächigen Kasernenareale an die BImA wird überwiegend erst ab 2015 erfolgen.

„In Anerkennung der mit der Konversion verbundenen Belastungen“

Auf den derzeit von der BImA verwalteten ehemals militärisch genutzten Konversionsliegenschaften stehen 2923 Wohngebäude mit 10.265 Wohnungen – rund 80 Prozent davon sind Einfamilien-, Reihen-, Doppel- und Zweifamilienhäuser; bei rund 20 Prozent handelt es sich um Mehrfamilienhäuser.

Der Anteil der Wohnbebauung (verkaufte Grundstücksfläche) an den in den Jahren 2008 bis Februar 2014 insgesamt verkauften Konversionsflächen beträgt etwa 2,1 Prozent. Insgesamt nahm die Bundeskasse laut Regierung im Zeitraum 2008 bis 2013 durch den Verkauf von Konversionsliegenschaften rund 970 Millionen Euro ein.

Der Regierungsentwurf des Haushaltsgesetzes 2015 sieht – entsprechend der im Koalitionsvertrag zur 18. Legislaturperiode getroffenen Vereinbarung – auch eine verbilligte Abgabe (Veräußerung unterhalb des Verkehrswertes) von Konversionsgrundstücken an Kommunen auf der Grundlage eines Haushaltsvermerks vor. Dies geschehe, so die Bundesregierung, „in Anerkennung der mit der Konversion verbundenen Belastungen“ für die betroffenen Städte und Gemeinden. Das hierfür vorgesehene Gesamtvolumen ist auf vier Jahre und einen Gesamtbetrag von 100 Millionen Euro begrenzt.

Ein Weg, der in vielen Fällen mit beeindruckenden Erfolgen belohnt wurde

Wie erfolgreich eine bauliche Wiedernutzung oder freiräumliche Folgenutzung militärischer Liegenschaften gestaltet werden kann, zeigen zahlreiche Konversionsbeispiele der vergangenen Jahre.

Ob Leighton-Barracks in Würzburg (aus Teilen der ehemaligen US-Kaserne wurde der „Campus Hubland Nord“ der Julius-Maximilians-Universität), Eberhard-Finckh-Kaserne im baden-württembergischen Engstingen (hier entstand ein Gewerbepark) oder Graf-Haeseler-Kaserne in Kassel-Niederzwehren (heute „Unternehmenspark Niederzwehren“): das Motto der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben „Konversion heißt Zukunft gestalten“ ist sicherlich kein leerer Terminus.

Die Liste der geglückten Nutzungsänderungen ließe sich noch um ein ganzes Stück verlängern. Belassen wir es aber bei folgender kleiner Aufzählung: Truppenübungsplatz Vogelsang in Nordrhein-Westfalen (mittlerweile ein wesentlicher Teil des Nationalparks Eifel), ehemaliges französisches Militärgelände im rheinland-pfälzischen Trier-Feyen/Weismark (jetzt Wohnquartier „Castelnau“), ehemaliger französischer Truppenübungsplatz St. Wendel im Saarland (Umnutzung zum „Wendelinuspark“ mit Rennstrecke), früherer Militärflugplatz Alteno in Brandenburg (entstanden ist hier ein Solarpark), große Regimentsvorstadt von Parchim in Mecklenburg-Vorpommern (heute ein Wohnpark) und schließlich Hamburg mit seiner Umnutzung der einstigen Röttiger-Kaserne zur Wohnbebauung.

Jürgen Gehb, Vorstandssprecher der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, hatte bei der Konversionskonferenz vor zwei Jahren in Berlin einen interessanten Gedanken geäußert. „Es gibt immer den einen Zeitpunkt, an dem die Verantwortlichen die von ihnen nicht zu beeinflussende Entwicklung einer Standortschließung akzeptierten, sich quasi innerlich heftig schüttelten, sich aber dann bewusst dafür entschieden, das Beste daraus machen. Nach meiner Einschätzung ist dies kein schlechter Weg – der im Übrigen in vielen Fällen auch mit wirklich beeindruckenden Erfolgen belohnt wurde.“


Zum Bildangebot „Konversion“:
1. Ein älteres, geschichtsträchtiges Konversionsobjekt der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – die Gallwitz-Kaserne in Bonn-Duisdorf. Die ehemalige Artilleriekaserne wird heute teilweise von einigen Bundesbehörden genutzt. Vormals vom Grenzschutzkommando West des Bundesgrenzschutzes belegte Bereiche der Liegenschaft sollen vom Immobiliendienstleister verkauft werden, eine Wohnbebauung durch die Stadt Bonn ist im Gespräch.
(Foto: BImA)

2. Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr musste auch das Marinefliegergeschwader 5 verlegen. Sein Umzug von Kiel nach Nordholz begann im Juni 2012. Am 28. März 2013 verabschiedeten sich die Marineflieger schließlich mit der Übergabe des Schlüssels und der Bundesdienstflagge vom Standort Kiel-Holtenau. Die Aufnahme zeigt das ehemalige Gelände des Verbandes.
(Foto: BImA)

3. Konversionskonferenz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 2012 im Berliner Concress Center.
(Foto: BImA)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN