menu +

Nachrichten



Olsberg/Nörvenich/Köln-Wahn. Ein Learjet der Gesellschaft für Flugzieldarstellung mit zwei Personen an Bord ist am 23. Juni über dem Sauerland mit einem Eurofighter der deutschen Luftwaffe kollidiert und abgestürzt. Das Flugunglück ereignete sich während einer Abfangübung. Die Zivilmaschine zerschellte nahe der Ortschaft Elpe bei Olsberg, Trümmerteile brannten. Die Absturzstelle befindet sich laut einem Bericht des WDR etwa 80 Meter neben einem Wohnhaus. An Bord befanden sich der Pilot und ein Passagier. Der Spiegel zitierte am Montag in seinem Onlineportal einen Sprecher der Einsatzkräfte vor Ort. „Einer der Insassen des Kleinflugzeugs wurde tot aufgefunden“, so die Information. Der Mann sei vermutlich aus dem Learjet geschleudert worden, erklärte der Sprecher weiter. Man habe ihn in der Nähe des Wracks gefunden. Nach einer zweiten Person werde noch gesucht.

Der Flugunfall ereignete sich bei einer geplanten gemeinsamen Übung von zwei Eurofighter-Maschinen des Taktischen Luftwaffengeschwaders 31 „Boelcke“ mit einem Learjet 35A der Gesellschaft für Flugzieldarstellung GmbH (GFD).

Das in Köln-Wahn beheimatete Presse- und Informationszentrum der Luftwaffe äußerte sich am Dienstagnachmittag zum Unglückshergang: „Ziel der Übung war das Abfangen des Learjets durch die Eurofighter, die Identifizierung und visuelle Kontaktaufnahme sowie die anschließende Führung zu einem sicheren Landeplatz. Beim Einleiten der letzten Übungsphase, der Einleitung einer Linkskurve, kam es aus bisher noch unbekannten Gründen zum Zusammenstoß. Der Learjet stürzte in unbewohntem Gebiet nahe der Ortschaft Olsberg ab. Meldungen zu Personenschäden unbeteiligter Dritter liegen nicht vor.“

Bei dem Zusammenstoß wurde nach Luftwaffenangaben der Eurofighter stark beschädigt. Flugaußentank und weitere Teile seien abgerissen worden, hieß es. Die beschädigte Maschine habe allerdings zum Heimatflugplatz Nörvenich fliegen und dort sicher landen können. Das Pressezentrum: „Der Luftfahrzeugführer blieb unverletzt und wird durch den Fliegerarzt und Psychologen betreut. Der zweite Eurofighter begleitete und unterstützte den beschädigten Kampfjet bis zu seiner Landung und flog dann zum Flughafen Köln/Bonn. Dort landete er ohne weitere Vorkommnisse.“

Ermittlungen „wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung“

„Die zuständige Staatsanwaltschaft Arnsberg hat wie üblich bei solchen Unfällen ihre Ermittlungen aufgenommen“, so die Luftwaffe in Köln-Wahn weiter. Einem Bericht der Bildzeitung zufolge ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Eurofighter-Piloten „wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung“. Laut Bild bestätigte dies eine Sprecherin der Polizei in Meschede. Für die Untersuchung des Flugunfalls ist die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) in Braunschweig zuständig. Die Abteilung Flugsicherheit in der Bundeswehr unterstützt die Untersuchung begleitend.

Wie die BFU inzwischen mitteilte, wurden der Flugdatenschreiber und der Cockpit Voice Recorder bereits geborgen. Aufgezeichnete Daten der an der Übung beteiligten Eurofighter wurden ebenfalls für die Rekonstruktion der Flugwege sichergestellt.

Zahlreiche frühere Bundeswehrpiloten bei der GFD beschäftigt

Der abgestürzte Learjet 35A der Gesellschaft für Flugzieldarstellung (GFD) stammt aus dem schleswig-holsteinischen Hohn im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Die GFD hat dort ihren Sitz auf dem Flugplatzgelände des Lufttransportgeschwaders 63.

Die Gesellschaft war am 24. Mai 1989 als Tochter der Condor und des Aero-Dienstes Nürnberg gegründet worden, um für Kunden aus dem In- und Ausland Zieldarstellung zu fliegen. Seit 2002 ist sie ein Tochterunternehmen von Airbus Defence and Space. Bis zum Unglückstag bestand die Flotte des Unternehmens aus 13 Learjets. Die GFD beschäftigt rund 90 Mitarbeiter, ein Drittel davon Piloten, die zuvor meistens als Jetpiloten bei der Bundeswehr gedient hatten. Wie das Unternehmen jetzt mitteilte, waren die beiden Insassen des verunglückten Learjets ebenfalls frühere Flugzeugführer der Bundeswehr gewesen. Die 50 und 43 Jahre alten Angestellten stammten nach Auskunft von GFD-Geschäftsführer Klaus Menzel „aus dem nördlichen Schleswig-Holstein“.

Ein langjähriger und bewährter Partner der deutschen Luftwaffe

Der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner, äußerte sich zu dem tragischen Unglück am 24. Juni gegenüber dem Nachrichtensender N24. In dem Interview sagte er unter anderem: „Die Gesellschaft für Flugzieldarstellung ist ein bewährter Partner, mit dem wir die Ausbildung unserer Besatzungen seit vielen Jahren bereits gemeinsam durchführen.“ Bei dem
Formationsflug der beiden Eurofighter und des Learjets am 23. Juni sei ein Verfahren zur Sicherheit im Luftraum geübt worden, bei dem ein Flugziel simuliert abgefangen und dann nach Feststellung und Klärung des Problems zu einem sicheren Flugplatz geleitet werden sollte. Im Zuge dieser Übung sei es aus noch bislang ungeklärten Ursachen zu dem Zusammenstoß der Maschinen gekommen.

Die vorgeplante Übung bezeichnete der Inspekteur in dem Interview als „Alltag, Routine und auch nicht sonderlich anspruchsvoll“. Das Risiko habe in dem Moment bestanden, in dem die beiden Flugzeuge „in einer gewissen Phase zum Zwecke der Kontaktaufnahme relativ eng zusammenfliegen“ müssen. Müllner: „Im Zuge dieses Manövers muss es dann zu dieser Kollision gekommen sein.“

„Eine Glanzleistung, den beschädigten Eurofighter sicher zurückzubringen“

Die beiden an diesem Übungseinsatz beteiligten Eurofighter gehören zum Taktischen Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“, einem der ältesten fliegenden Einsatzverbände der Luftwaffe.

Das Taktische Luftwaffengeschwader war zum 1. Oktober 2013 – im Rahmen der aktuellen Luftwaffenstruktur und der damit verbundenen Umgliederung – aus dem Jagdbombergeschwader 31 „Boelcke“ hervorgegangen. Neu aufgestellt wurde zu diesem Zeitpunkt auch die Taktische Luftwaffengruppe „Richthofen“, die jetzt dem Nörvenicher Geschwader unterstellt ist. Entstanden war damit das größte Jet-Geschwader der deutschen Luftwaffe, welches nun mit rund 50 Luftfahrzeugen von den beiden Militärflugplätzen Nörvenich und Wittmund aus operiert.

Mit dem Einflug der ersten Eurofighter am 16. Dezember 2009 war bei diesem Großverband auch in der Luft/Boden-Rolle der Generationswechsel zum Kampfflugzeug der vierten Generation eingeleitet worden.

Oberst Andreas Hoppe führt als Kommodore das Taktische Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“ seit Oktober 2013. Auch die Taktische Luftwaffengruppe „Richthofen“ ist ihm unterstellt. Beide Piloten der Eurofighter-Maschinen seien sehr erfahren und hätten die an diesem Montag vorgeplante Übung schon sehr oft absolviert, erklärte Hoppe am 23. Juni gegenüber dem Nachrichtenmagazin Focus. Es sei eine Glanzleistung des Piloten des beschädigten Flugzeugs gewesen, seine Maschine wieder sicher zurückzubringen.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Learjet der Gesellschaft für Flugzieldarstellung bei der NATO-Veranstaltung „Tiger Meet 2011“ im französischen Cambrai.
(Foto: Paul Schaller)

2. Grafische Darstellung zum Flugunfall am 23. Juni 2014 in der Nähe von Elpe-Olsberg, Sauerland.
(Infografik © mediakompakt 06.14)

3. Generalleutnant Karl Müllner, Inspekteur der Luftwaffe, beim Interview mit N24.
(Bild: amk)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN