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Berlin. Seit dem 24. März 2005 regelt das Parlamentsbeteiligungsgesetz Form und Ausmaß der konstitutiven Zustimmung des Bundestages zu Einsätzen bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland. Dieses Entsendegesetz ist allerdings nicht unumstritten, die Diskussionen über die Zukunft dieser parlamentarischen Kontrolle halten an. Es geht dabei – vereinfacht gesagt – um zwei „Glaubensrichtungen“: Soll die parlamentarische Beteiligung eingeengt, oder soll die Rolle des Parlaments gestärkt werden? CDU/CSU und SPD wollen nun gemäß ihrer Koalitionsvereinbarungen eine „Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr“ ins Leben rufen.

Dazu haben Christ- und Sozialdemokraten einen Antrag angekündigt, der am 14. März Gegenstand einer längeren Bundestagsdebatte sein soll. Über den Antrag von CDU/CSU und SPD zur Einsetzung einer derartigen Kommission soll an diesem Freitag direkt im Anschluss an die Debatte abgestimmt werden. Der Kommission sollen 16 Mitglieder angehören. Sieben sollen von der CDU/CSU benannt werden, fünf von der SPD und je zwei von der Linken und von Bündnis 90/Die Grünen. Die Kommission soll sich unverzüglich konstituieren und dem Bundestag binnen Jahresfrist Prüfungsergebnisse und Handlungsempfehlungen vorlegen.

Die Spitzen von Union und SPD haben sich nach Informationen der Rheinischen Post auch bereits darauf verständigt, dass der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) Kommissionsvorsitzender werden soll und der frühere Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung Walter Kolbow (SPD) dessen Stellvertreter.

Bundeswehr ist und bleibt eine Parlamentsarmee

Das Vorhaben, eine „Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr“ einzusetzen, begründet sich durch den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Darin heißt es: „Die Bundeswehr bleibt auch in Zukunft Parlamentsarmee. Die parlamentarische Beteiligung an der Entscheidung über den Einsatz der Bundeswehr hat sich bewährt. Sie ist eine Grundlage für die breite Verankerung der Bundeswehr und ihrer Einsätze in der Gesellschaft.“

Der Parlamentsvorbehalt, wonach die Bundeswehr nicht ohne vorherige Zustimmung des Bundestages in Auslandseinsätze geschickt werden darf, sei keine Schwäche Deutschlands, sondern eine Stärke. Die Koalitionsvertreter weiter: „Wir wollen die Beteiligung des Parlaments an der Entscheidung über den Einsatz deutscher Soldaten auch angesichts vermehrter Zusammenarbeit und Arbeitsteilung mit unseren Partnern sicherstellen. Eine zunehmende Mitwirkung deutscher Soldaten in integrierten Strukturen und Stäben auf NATO- und EU-Ebene muss mit dem Parlamentsvorbehalt vereinbar sein.“ Die nun einzusetzende Kommission soll prüfen, wie auf dem Weg fortschreitender Bündnisintegration und trotz Auffächerung von Aufgaben die Parlamentsrechte auch weiterhin gesichert werden können.

Einsätze des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr seien mit einer hohen Gefährdung dieser Soldaten verbunden und unterlägen der Geheimhaltung. „Wir werden die Unterrichtung des Parlaments über KSK-Einsätze in der bewährten Form sicherstellen“, so die Zusicherung der Koalitionsfraktionen in ihrem Vertragswerk.

In der Kommission sollen nach Informationen der Rheinischen Post auch Ex-Militärs wie der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhan und der ehemalige Chef des Einsatzführungskommandos Rainer Glatz mitarbeiten.

Es fehlt eine Regelung für den Einsatz von Spezialkräften

Ein empfehlenswertes Positionspapier zum Thema „Parlamentsbeteiligungsgesetz“ hat im Dezember vergangenen Jahres die Kommission „Europäische Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg (IFSH) veröffentlicht. Das IFSH hatte die aus Wissenschaftlern, Politikern und Offizieren zusammengesetzte Expertenkommission im Jahr 1999 in Erinnerung an den Mitbegründer der Bundeswehr und „Vater der Inneren Führung“, Generalleutnant Wolf Graf von Baudissin, ins Leben gerufen. Die Kommission begleitet seit dieser Zeit kritisch die deutschen Streitkräfte im Transformationsprozess und bei ihrer Neuausrichtung.

In ihrem Papier zeichnen die Autoren noch einmal die jüngeren Diskussionen um das Parlamentsbeteiligungsgesetz, das der Deutsche Bundestag am 3. Dezember 2004 beschlossen hatte und das am 24. März 2005 in Kraft getreten war, nach. Im Anschluss an die Darlegung der unterschiedlichen Argumente (für eine Einengung der parlamentarischen Beteiligung oder für eine Stärkung der Rolle des Parlaments) kommen die Fachleute der IFSH-Kommission zu dem Schluss: „Im Idealfall verhindert die Parlamentsbeteiligung übereilte Entscheidungen, ermöglicht öffentliche Kontrolle, erhöht die Legitimität des Einsatzes und stärkt die Sicherheit Deutschlands. Um diesem Ideal näherzukommen, sollte der Bundestag das Parlamentsbeteiligungsgesetz um eine Regelung für den Einsatz von Spezialkräften ergänzen. Lücken der Parlamentsbeteiligung, die sich durch neue technologische Fähigkeiten ergeben könnten, sollten präventiv geschlossen werden.“

Die Expertengruppe des IFSH begrüßt ausdrücklich die Einrichtung einer Kommission – wie in den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD vorgesehen –, die den Auftrag hat, die Parlamentsrechte unter sich verändernden Bedingungen sicherzustellen. Zielsetzung einer solchen Kommission könne nur die Stärkung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes sein, heißt es abschließend in der Hamburger Veröffentlichung.

Hinweis: Das acht Seiten umfassende Positionspapier „Für eine Stärkung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes“ der IFSH-Kommission „Europäische Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ vom Dezember 2013 bieten wir Ihnen als PDF in unserer BIBLIOTHEK (Bereich „Schwarz auf weiß“) zum Download an; wir sind jedoch für die Inhalte dieses Schriftstücks nicht verantwortlich.



Die Aufnahme zeigt Bundeswehrsoldaten vor dem Berliner Reichstagsgebäude am 20. Juli 2011 bei ihrem Einmarsch zum feierlichen Gelöbnis. An der Veranstaltung nahmen an diesem Tag folgende Einheiten und Dienststellen teil: Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung aus Berlin, Logistikbataillon 172 aus Beelitz, Panzergrenadierbataillon 401 aus Hagenow, IV./Luftwaffenausbildungsregiment aus Strausberg und Marinetechnikschule aus Parow.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)


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