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London (England)/Kuala Lumpur (Malaysia). Das in London ansässige Internationale Schifffahrtsbüro der Internationalen Handelskammer hat am heutigen Donnerstag (24. Juli) seine neueste globale Pirateriestatistik für die ersten sechs Monate dieses Jahres veröffentlicht. Beunruhigend sei, so der Halbjahresbericht, die immer häufigere Kaperung kleiner Tankschiffe in Südostasien. Die Übergriffe somalischer Piraten auf Schiffe in der Region Rotes Meer, Golf von Aden, Arabisches Meer und Indischer Ozean sind auch im Berichtszeitraum Januar bis Juni 2014 weiter äußerst gering. Eine Entwicklung, die sich auch die Europäische Union mit ihrem Anti-Piraterie-Einsatz Atalanta auf die Fahne schreiben darf.

Das Internationale Schifffahrtsbüro (International Maritime Bureau, IMB) ist eine spezialisierte Abteilung für Kriminalität auf See der Internationalen Handelskammer (International Chamber of Commerce, ICC). Das Büro besitzt einen Beobachterstatus bei Interpol, hat mit der Weltzollorganisation ein Memorandum of Understanding vereinbart und unterhält seit 1992 ein rund um die Uhr besetztes Meldezentrum für Piraterie in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur.

Auch am Horn von Afrika weiterhin wachsam bleiben

Die Entwicklung vor der somalischen Küste kommentiert Pottengal Mukundan, Direktor des IMB, in einer Presseerklärung wie folgt: „Wir begrüßen den kontinuierlichen Rückgang von Überfällen vor Somalia. Gleichwohl hat das Piraterierisiko hier nicht komplett nachgelassen. Die Kapitäne müssen wachsam bleiben und sollten weiterhin die sogenannten Best Management Practices anwenden.“ Diese Richtlinien, die von der Wirtschaft mit Unterstützung der Marinestreitkräfte entwickelt worden sind, helfen Kapitänen bei der Passage der gefährlichen Gewässer am Golf von Aden und vor den Ostküsten Somalias.

Die Zahl der Überfälle, die im ersten Halbjahr 2014 durch somalische Piraten verübt wurden, bleibt mit zehn Vorfällen gering. Beschossen wurden dabei drei Schiffe. Keines der Schiffe wurde geentert.

Insgesamt 200 Seeleute als Geiseln genommen

Weltweit gab es in den ersten sechs Monaten 116 Piratenangriffe. Im Vergleichszeitraum 2013 waren noch 138 Vorfälle gemeldet worden.

2014 wurden bislang zehn Schiffe entführt, sieben beschossen und 78 geentert. In 21 Fällen konnten Überfälle erfolgreich abgewehrt werden. Insgesamt wurden 200 Seeleute als Geiseln genommen, fünf von ihren Schiffen wurden entführt, zwei Besatzungsmitglieder kamen ums Leben.

Alleine aus Südostasien wurden seit April dieses Jahres sechs Fälle gemeldet, in denen Küstentanker wegen ihrer Ladung – Diesel oder Gasöl – entführt wurden. Dazu die ICC: „Dies lässt befürchten, dass damit ein neuer Trend von Piratenüberfällen begründet wird. Denn bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Mehrheit der Piratenüberfälle dort auf Schiffe, die überwiegend ankerten. Dabei gab es lediglich kleinere Diebstähle.“

„Die jüngste zahlenmäßige Zunahme von erfolgreichen Entführungen gibt Grund zur Sorge“, meint auch Mukundan. „Diese schwerwiegenden Überfälle haben sich bislang gegen kleinere Küstentanker gerichtet. Wir raten diesen Schiffen, Anti-Piraterie-Maßnahmen in diesen Gewässern strikt einzuhalten und alle Angriffe sowie verdächtigen Annäherungsversuche von kleinen Wasserfahrzeugen zu melden.“

Piraten im Golf von Guinea besonders gewaltbereit

Für Indonesien wurden in den Monaten Januar bis Juni 2014 insgesamt 47 Angriffe verzeichnet. In 40 Fällen gelang es den Piraten, das Schiff zu entern. Bei der großen Mehrheit handelte es sich um relativ niedrigschwellige Diebstähle. Von der indonesischen Insel Pulau Bintan wurden 18 Angriffe gemeldet. Diese haben dazu geführt, dass die indonesische Marinepolizei diesen Hafen in eine Liste von zehn Gebieten aufgenommen hat, die in diesem Jahr verstärkt kontrolliert werden.

Aus Westafrika wurden 23 Angriffe bekannt, davon zehn aus Nigeria. Vier Schiffe wurden entführt, unter anderem Anfang Juni ein Produktentanker vor den Küsten Ghanas, der für eine Woche in der Gewalt von nigerianischen Piraten blieb.

Im Golf von Guinea gelten Piraten als besonders gewaltbereit. IMB-Direktor Mukundan erinnert an einen Überfall, der Ende April stattfand. Dabei enterten Piraten ein Schiff vor der nigerianischen Küste, töteten einen Seemann und verletzten ein weiteres Besatzungsmitglied. Drei weitere Schiffe wurden im gleichen Zeitraum von nigerianischen Piraten beschossen.


Zu unserer Bildfolge:
1. Die Europäische Union zeigt seit dem 8. Dezember 2008 mit ihrer Marineoperation „EU NAVFOR Somalia – Operation Atalanta“ Präsenz am Horn von Afrika. Die multinationale Mission schützt humanitäre Hilfslieferungen nach Somalia, sorgt für eine freie Seefahrt in dieser Region und bekämpft das somalische Piratenunwesen.
(Foto: EU NAVFOR Somalia, Infografik © mediakompakt 07.14)

2. Der Einsatzgruppenversorger „Berlin“, der seit dem 10. Juli 2014 Teil des EU-Verbandes zur Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika ist.
(Foto: EU NAVFOR Somalia)

3. Pottengal Mukundan, Direktor des Internationalen Schifffahrtsbüros der Internationalen Handelskammer. Die Aufnahme entstand im Juni 2008 im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York bei einer Tagung zu Seerechtsfragen.
(Foto: United Nations)


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