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Berlin. Zurzeit engagiert sich Deutschland mit seinen Streitkräften außen- und sicherheitspolitisch auf drei Kontinenten in zwölf Auslandseinsätzen. Zudem wird sich unsere Marine mit einer Fregatte bis voraussichtlich Dezember dieses Jahres an der Begleitschutzoperation „Cape Ray“ im Mittelmeer zur Neutralisierung syrischer Chemiewaffen beteiligen. An vier Beobachtermissionen der Vereinten Nationen beziehungsweise der Europäischen Union nimmt Deutschland ebenfalls teil. Alles in allem sind aktuell 4734 Bundeswehrangehörige in Auslandseinsätze abkommandiert (Stand 16. Mai 2014). Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen drängt nun darauf, dass sich die Bundeswehr künftig frühzeitiger an solchen Einsätzen – sollten sie denn nötig sein – beteiligt.

In einem Interview mit der Oldenburger Nordwest-Zeitung (NWZ), veröffentlicht am 17. Mai, wurde die Ministerin unter anderem gefragt, was sie in Zukunft bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr verändern wolle. Von der Leyen sagte Rasmus Buchsteiner, dem Berlin-Korrespondenten der NWZ: „In der Vergangenheit hat sich Deutschland meist erst spät an internationalen Missionen beteiligt. Dadurch hatten wir oft nicht die Möglichkeit, über die Ausrichtung internationaler Einsätze mitzuentscheiden. Wir werden in Zukunft stärker darauf setzen, über eine frühzeitige Beteiligung den Charakter von Missionen von Anfang an mitzuprägen.“

Zum Thema „Ausbildungsmission der Bundeswehr in Afghanistan“ meinte die Ministerin, Grundvoraussetzung für ein weiteres deutsches Engagement am Hindukusch sei es, dass „wir willkommen und eingeladen sind durch die neue Regierung“. Alles deute darauf hin, dass es so kommen werde. Deshalb gehe sie davon aus, dass die Bundeswehr in Afghanistan bleibe.

Ein persönliches Bild von der Lage in den deutschen Einsatzgebieten

Die CDU-Politikerin, am 4. April gerade einmal 100 Tage auf dem Chefsessel im Bundesministerium der Verteidigung, hat seit Amtsantritt am 17. Dezember 2013 immer wieder ihre Verbundenheit mit den deutschen Frauen und Männern im Auslandseinsatz gezeigt.

Bereits gut eine Woche nach Übernahme ihrer Amtsgeschäfte besuchte Ursula von der Leyen die Truppe in Afghanistan. Es folgten Dienstreisen in den Senegal, nach Mali und in die Türkei zu den Patriot-Stellungen der deutschen Luftwaffe in Kahramanmaras. Anschließend machte sich die Verteidigungsministerin im Mittelmeer und am Horn von Afrika ein Bild von den maritimen Missionen der Bundeswehr. Vor wenigen Tagen, am 14. und 15. Mai, besuchte sie schließlich im Kosovo die Bundeswehrangehörigen des 37. Einsatzkontingents KFOR (Kosovo Force). Der Einsatzbeginn auf dem Balkan jährt sich Anfang Juni zum 15. Mal.

„Soldatinnen und Soldaten im Einsatz von einer breiten Basis getragen“

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit und unkommentiert von den Medien nehmen deutsche Soldaten immer wieder auch ohne Parlamentsmandat an Einsätzen im Ausland teil. Einige interessante Zahlen dazu lieferte jetzt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken vom 4. April 2014.

Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, Alexander S. Neu sowie weitere Abgeordnete der Partei Die Linke wollten mehr über „Auslandsaufenthalte der Bundeswehr ohne Mandat des Deutschen Bundestages“ wissen. Die Regierungsantwort vom 12. Mai 2014 erinnert zunächst noch einmal an die gesetzlichen Rahmenbedingungen: „Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr halten sich zu verschiedenen Aufgaben unabhängig von mandatierten Einsatzverpflichtungen im Ausland auf. Das Erfordernis einer parlamentarischen Zustimmung bezieht sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und dem auf dieser Grundlage erlassenen Parlamentsbeteiligungsgesetz ausschließlich auf bewaffnete Auslandseinsätze der Streitkräfte.“

Dieses Erfordernis, so die Bundesregierung in ihrer Antwort weiter, werde in keiner Weise als Beeinträchtigung der Regierungskompetenzen verstanden. Vielmehr sei der „Entscheidungsverbund“ von Regierung und Bundestag – so die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts – eine notwendige Grundlage für Auslandseinsätze der deutschen Streitkräfte und trage insbesondere dazu bei, dass sich „unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz von einer breiten Basis getragen sehen“.

Bundeswehr bei Friedens- und Beobachtermissionen der Vereinten Nationen

Nach Auskunft der Bundesregierung beteiligten beziehungsweise beteiligen sich seit dem Jahr 2009 bis (Stand 23. April) 2014 rund 100 Bundeswehrsoldaten – grundsätzlich unbewaffnet – an folgenden nicht durch den Bundestag mandatierten Missionen der Vereinten Nationen (VN): UNAMA, AFISMA (und Folgemission MINUSMA), MINURSO und UNOMIG.

Der Auftrag von UNAMA (United Nations Assistance Mission in Afghanistan/Unterstützungsmission der Vereinten Nationen …) besteht seit dem Jahr 2004 unter anderem im Auf- und Ausbau rechtsstaatlicher Strukturen in Afghanistan, in der Förderung der nationalen Versöhnung und regionalen Zusammenarbeit, in der Stärkung der afghanischen Eigenverantwortung sowie in der Koordinierung der bereitgestellten internationalen Hilfe und Steuerung der Beiträge der Organisationen, Fonds und Programme der VN. Zum Auftrag gehören auch die Förderung einer nationalen Entwicklungsstrategie und Drogenkontrollstrategie sowie humanitäre Hilfeleistungen. Darüber hinaus arbeitet UNAMA eng mit ISAF zusammen. In den vergangenen sechs Jahren unterstützte die Bundeswehr die Mission jeweils mit einem Soldaten, tätig als militärischer Berater in der afghanischen Hauptstadt Kabul.

Der Auftrag der für AFISMA tätigen Bundeswehrangehörigen – ebenfalls im Vorfeld einer Parlamentsmandatierung – bestand im Jahr 2013 aus drei Komponenten: Verlegung von Kräften der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS (Economic Community of West African States) ausschließlich in die malische Hauptstadt Bamako sowie Unterstützung der Truppenverlegungen und des Truppenaufwuchses von AFISMA (African-led International Support Mission in Mali/Internationalen Unterstützungsmission in Mali unter afrikanischer Führung …). Am 1. Juli 2013 löste die neue Mission MINUSMA (United Nations Integrated Stabilization Mission in Mali/Multidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen …) unter VN-Führung AFISMA ab.

An der VN-Friedensmission MINURSO (United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara/Mission der Vereinten Nationen für das Referendum in Westsahara) beteiligt sich die Bundeswehr seit Mitte November 2013 mit jeweils zwei Offizieren. Der Auftrag besteht – nach dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung auf eine VN-Anfrage hin – in der Überwachung des Waffenstillstands in der Westsahara, in der Unterstützung von vertrauensbildenden Maßnahmen in diesem Konfliktgebiet und in der Überwachung der Minen- und Munitionsräumung.

Der Auftrag des deutschen Bundeswehrpersonals für UNOMIG (United Nations Observer Mission in Georgia/Beobachtermission der Vereinten Nationen in Georgien) bestand in der Kontrolle und Überwachung eines Waffenstillstands- und Truppenentflechtungsabkommens zwischen Georgien und Abchasien. UNOMIG endete am 15. Juni 2009. Bei der Beobachtermission war am 8. Oktober 2001 Oberstabsarzt Dieter Eißing ums Leben gekommen (er saß in dem Hubschrauber der Vereinten Nationen, der über der abtrünnigen georgischen Provinz Abchasien von Freischärlern abgeschossen wurde; mit Eißing starben damals weitere acht UNOMIG Beobachter).

Erfahrungsaustausch, Beratung, Ausbildung und Unterstützung“

Zurück zu den Informationen der Bundesregierung auf die Anfrage der Linken. In den Jahren 2009 bis (23. April) 2014 unterstützten rund 500 Bundeswehrangehörige in aufgelisteten 70 Ländern die Ausbildung fremder Streitkräfte.

Zu den Projekten zählten beispielsweise eine Instandsetzungsausbildung am Maschinengewehr (MG) 3 in Brasilien, ein Kolloquium „Folgen globaler Erwärmung“ in Frankreich, die Ausbildung von Pipelinekräften in Kroatien, Beratung zum Thema „Personalwesen“ im ukrainischen Verteidigungsministerium, die einsatzvorbereitende Ausbildung für ISAF von mongolischen Soldaten, der „Erfahrungsaustausch Ubootausbildung“ in Israel, Gestellung eines Schießsicherheitsoffiziers für das Leopard-Erprobungsschießen in Saudi-Arabien oder die Unterstützung bei der „Erkundung/Einrichtung“ eines Gefechtsübungszentrums in Russland. Die Projektübersicht umfasst insgesamt viereinhalb Seiten.

Dienst im internationalen Umfeld und humanitäre Hilfe

Der letzten statistischen Erfassung zufolge (sie stammt vom Januar 2013; durch Strukturänderungen in den Stellenbesetzungen und Rotation mit anderen Nationen verändern sich diese Zahlen kontinuierlich) haben derzeit rund 1570 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr Dienstposten in NATO-Strukturen inne. Sie dienen in den Gastländern Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Türkei und USA.

Im Augenblick sind auch 43 Soldaten bei den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) tätig.

Eine große Anzahl von Bundeswehrangehörigen war im Zeitraum 2009 bis 2014 auch bei humanitären Einsätzen im Ausland gewesen. Auch diese Einsätze mussten nicht durch den Deutschen Bundestag mandatiert werden. Insgesamt handelt es sich um acht Hilfsmissionen: Jemen im Jahr 2009 (Unterstützung beim Aufbau einer modernen medizinischen Grundversorgung und Beratung zur Einrichtung eines Militärhospitals), Pakistan 2010 (Hilfe bei einer Flutkatastrophe), Israel 2010 (Waldbrandkatastrophe), Tunesien 2011 (Transport libyscher Bürgerkriegsverletzter nach Deutschland), Tunesien/Ägypten 2011 (Rücktransport ägyptischer Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Libyen über See in ihre Heimat), Jordanien 2013 (Transport syrischer Bürgerkriegsverletzter nach Deutschland), Türkei 2014 (Unterstützung bei der Ausbildung „ABC-Schutz“) sowie Ukraine 2014 (Transport ukrainischer Verletzter nach Deutschland).

Diplomatischer Dienst und Unterstützung in Krisensituationen

Im deutschen Militärattachédienst sind nach Auskunft der Bundesregierung momentan 179 Soldatinnen und Soldaten sowie 13 wehrtechnische Attachés der Bundeswehr eingesetzt. Dieser Personenkreis dient dabei an insgesamt 64 deutschen Auslandsvertretungen.

Seit dem Jahr 2000 entsendet die Bundeswehr auf Anforderung des Auswärtigen Amtes auch sogenannte Krisenunterstützungsteams (KUT) in potenzielle Krisengebiete. Im Zeitraum Januar 2009 bis (23. April) 2014 gab es rund 80 solcher KUT-Entsendungen in deutsche Auslandsvertretungen. Geschätzt nahmen daran bis zu 270 Bundeswehrangehörige teil.

30 Bundeswehrsoldaten beteiligten sich am 26. Februar 2011 am Einsatz „Pegasus“ in Libyen. Dabei wurden in zwei geschützten Transportmaschinen Transall C-160 aus dem Raum Nafura deutsche und Staatsangehörige anderer Nationalitäten vom Gelände eines Ölförderunternehmens evakuiert. Bei dieser Aktion wurden Waffen mitgeführt, die – so erklärte die Bundesregierung am 11. Juli 2011 – „erwartungsgemäß nicht zum Einsatz gekommen sind“. Die Entscheidung zur Durchführung der Evakuierungsflüge war „vor dem Hintergrund einer akuten humanitären Notlage der deutschen und anderen Staatsangehörigen“ getroffen worden. Im Zuge der zivilen und militärischen Evakuierung aus Libyen im Februar und März 2011 wurden mit deutschen militärischen Luftfahrzeugen insgesamt 262 Personen – davon 125 deutsche Staatsbürger – ausgeflogen.



Unsere vier Aufnahmen zeigen:
1. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen an Bord des Schnellbootes S79 „Wiesel“, im Hintergrund das Schnellboot S76 „Frettchen“. Die Aufnahme entstand am 24. April 2014 anlässlich des Truppenbesuchs der Ministerin beim deutschen UNIFIL-Einsatzkontingent in der libanesischen Hauptstadt Beirut.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

2. Einige Bundeswehrsoldaten nehmen auch unbewaffnet an Missionen der Vereinten Nationen teil, für die der Deutsche Bundestag kein Mandat erteilen muss. Das Symbolbild entstand im Februar dieses Jahres in einem Camp der MINUSMA-Friedenstruppe in der malischen Stadt Gao.
(Foto: Marco Dormino/MINUSMA/Vereinte Nationen)

3. Fast 200 Bundeswehrangehörige sind zurzeit im Militärattachédienst tätig und in insgesamt 64 deutschen Auslandsvertretungen eingesetzt.
(Foto: amk)

4. Im Rahmen der Operation „Pegasus“ evakuierte die Bundeswehr am 26. Februar 2011 mit zwei Transallmaschinen aus dem libyschen Nafura 132 Personen, darunter 22 Deutsche.
(Foto: Andreas J./Bundeswehr)


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