menu +

Nachrichten



Brüssel (Belgien)/Berlin/Kiel. Die NATO verstärkt in Kürze wegen der Ukrainekrise ihre Militärpräsenz im Osten des Bündnisgebietes. Besonders die NATO-Mitglieder Estland, Lettland und Litauen sowie Polen und Rumänien fühlen sich zurzeit von Russlands aggressivem Vorgehen bedroht. Deutschland wird sich an den Maßnahmen in Osteuropa mit einem Tender und sechs Kampfflugzeugen vom Typ Eurofighter beteiligen.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte die Öffentlichkeit am 16. April über die geplanten Reaktionen des Bündnisses auf die Ereignisse in der Ukraine unterrichtet. Nach einem Treffen des Nordatlantikrates war er vor die Presse getreten und hatte die beschlossenen Militäraktionen vorgestellt. Rasmussen: „Kernaufgabe der NATO ist es, ihre Alliierten zu schützen und zu verteidigen. Deshalb sind bereits zuvor eine Reihe von Maßnahmen – darunter die Ausweitung unserer Luftraumüberwachung über den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie vermehrte AWACS-Überwachungsflüge über Rumänien und Polen – ergriffen worden. Heute haben wir uns auf ein Paket zusätzlicher militärischer Initiativen verständigt, mit denen unsere kollektive Verteidigung gestärkt und zugleich die Entschlossenheit unserer Solidarität demonstriert werden wird.“

NATO überprüft und überarbeitet Verteidigungspläne

Wie der Generalsekretär weiter ausführte, wird die Verlegung von Luft-, See- und auch Landstreitkräften jetzt „innerhalb weniger Tage“ erfolgen. Man werde mehr Flugzeuge in der Luft haben, mehr Schiffe zu See und eine höhere Bereitschaft an Land. Rasmussen zu den Details: „Kampfjets der NATO werden mehr Einsätze über den baltischen Staaten fliegen. Wir werden Schiffe in die Ostsee und ins östliche Mittelmeer verlegen – und wenn erforderlich, auch woandershin. Militärpersonal der NATO-Mitgliedsstaaten wird daran arbeiten, unsere Ausbildung, unsere Übungen und unsere Bereitschaft insgesamt zu verbessern. Zugleich werden wir unsere Verteidigungspläne überprüfen und überarbeiten.“

Mit der Umsetzung all dieser Punkte werde im Bündnis sofort begonnen. Falls nötig, würden weitere Maßnahmen in den kommenden Wochen und Monaten folgen. All dies stünde im Einklang mit der NATO-Politik der Deeskalation, Abschreckung und Verteidigung, so Rasmussen.

Luftraumüberwachung über den baltischen Staaten gemeinsam mit Portugal

Wie das Bundesministerium der Verteidigung bestätigte, wird Deutschland mit sechs Eurofighter-Maschinen im Zeitraum 1. September 2014 bis 4. Januar 2015 den Schutz des Luftraums über den baltischen Staaten übernehmen. Die Aufgabe wird sich die deutsche Luftwaffe in diesem Zeitraum dann mit der Luftwaffe Portugals teilen.

Die Bundeswehr unterstützt seit April 2004 die Luftraumüberwachung der NATO-Mitgliedsstaaten Estland, Lettland und Litauen. Im Zuge der Bündniserweiterung hatte sich die Allianz damals verpflichtet, den einheitlichen Standard zur Luftraumüberwachung und Wahrung der lufthoheitlichen Souveränitätsrechte aller Bündnisstaaten durch das „NATO Air Policing Baltikum“ („NATO’s Air Policing mission in the Baltic States“) uneingeschränkt zu gewährleisten. Alle Unterstützungsmaßnahmen überbrücken den Zeitraum, in dem die baltischen Staaten eigene Fähigkeiten hierzu entwickeln. Bislang haben 14 verschiedene NATO-Länder im Rotationsverfahren Kampfjets für das „Air Policing Baltikum“ gestellt.

Tender „Elbe“ übernimmt Ende Mai das Kommando über den NATO-Verband

Am 22. April, dem Dienstag nach Ostern, soll von Kiel aus der Minenabwehrverband 1 der NATO (Standing NATO Mine Countermeasures Group 1, SNMCMG 1) zu Übungen ins Baltikum auslaufen. Dies war zwar bereits seit Längerem so geplant, erhält aber nun durch die Ukrainekrise eine neue Bedeutung.

Die SNMCMG 1 war vor den Osterfeiertagen im Kieler Marinestützpunkt Tirpitzhafen zusammengeführt worden. Zum Verband gehören das niederländische Minenjagdboot „Makkum“, das belgische Minenjagdboot „Bellis“, das norwegische Minensuchboot „Otra“ und das estnische Minenjagdboot „Admiral Cowan“. Weitere Boote sollen nachfolgen. Aktuelles Flaggschiff ist der norwegische Versorger „Valkyrien“, Kommandeur des Verbandes der Norweger Eirik Otterbu.

Die „Valkyrien“ soll die SNMCMG 1 bis Ende Mai führen, danach wird laut Verteidigungsministerium die deutsche Marine mit ihrem Tender „Elbe“ das Kommando übernehmen. Mitte Mai startet die Minensuchübung „Open Spirit“ vor der Küste Lettlands, im Juni dann das Manöver „US Baltops“ (daran wird sich Deutschland mit einem größeren Flottenverband beteiligen). Der NATO-Minenabwehrverband soll mindestens bis zum Herbst in der Ostsee verbleiben. Vorgesehen sind dabei auch etliche Hafenbesuche.

Deutschland – eine Brücke zwischen Ost und West?

Eine repräsentative Erhebung des Berliner Umfrageinstituts Infratest dimap für die ARD brachte Anfang April teilweise erstaunliche Ergebnisse. Eine der Fragen lautete: „Man spricht ja neuerdings wieder von

einem Ost-West-Konflikt. Auf der einen Seite steht Russland, auf der anderen Seite die NATO-Staaten und die Länder der EU. Wo würden Sie persönlich sich die Position Deutschlands wünschen, fest im westlichen Bündnis oder eher in einer mittleren Position zwischen dem westlichen Bündnis und Russland?“

Die Hälfte der Deutschen wünscht sich „die mittlere Position“ – eine Rolle Deutschlands als Brücke zwischen Ost und West: 49 Prozent der Befragten für den ARD-DeutschlandTREND (April 2014) wollen eine Bundesrepublik, die eine „mittlere Position zwischen dem westlichen Bündnis und Russland“ einnimmt. 45 Prozent begreifen unser Land als festen Teil des Westens. Sichtbar werden dabei große Meinungsunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: Unter den Befragten aus den östlichen Bundesländern sehen nur 31 Prozent Deutschland „fest im westlichen Bündnis“ verankert, 60 Prozent hingegen in einer „mittleren Position“.

Die NATO-Entscheidung, mehr militärische Präsenz in den östlichen Mitgliedsstaaten zu zeigen, wird von den Befragten mehrheitlich abgelehnt. Nur 40 Prozent finden die stärkere Sicherung des Luftraums durch Flugzeuge der NATO-Länder richtig, 53 Prozent lehnen dies ab. Die Frage, ob die Bundeswehr sich daran beteiligen soll, ergab eine deutliche Ablehnung: 61 Prozent der Befragten stimmten dagegen, lediglich 35 Prozent befürworten dies.

Mehrheit wünscht sich stärkeres außenpolitisches Engagement der EU

Während das militärische Zusammenrücken in der NATO sehr kritisch beurteilt wird, schätzen die Deutschen die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union in Krisenzeiten mehr als sonst. Zwei Drittel (65 Prozent) wollen generell mehr gemeinsame Politik der EU-Länder. 70 Prozent wünschen sich sogar, dass die EU „außenpolitisch stärker in Erscheinung“ tritt. Der Konflikt mit Russland habe die EU „wieder stärker zusammengeschweißt“, urteilen 62 Prozent. Denn: „Durch die EU leben wir in Europa sicherer“, finden 72 Prozent der Befragten.



Zu unserem Bildangebot:
1. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen informierte am 16. April 2014 die Medien über das Maßnahmepaket des Bündnisses angesichts der Ukrainekrise.
(Foto: NATO)

2. Deutschland wird ab dem 1. September 2014 gemeinsam mit Portugals Luftwaffe den Luftraum der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen schützen. Dabei sollen sechs Eurofighter unserer Luftwaffe zum Einsatz kommen.
(Foto: Markus Schulze/Bundeswehr)

3. Der Tender „Elbe“ soll ab Ende Mai 2014 Führungsschiff des NATO-Marineverbandes werden, der in der Ostsee und im östlichen Mittelmeer operiert.
(Foto: Mike Banzhaf/U.S. Navy)

4. Hintergrundbilder der Infografiken – NATO-Hauptquartier in Brüssel und Treffen des Nordatlantikrates auf Ebene der Außenminister am 1. April 2014.
(Fotos: NATO)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN