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Berlin. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat am 12. September ein Betätigungsverbot gegen die Terrorgruppierung „Islamischer Staat“ (IS) ausgesprochen. Das Verbot wurde erlassen, da sich die „Organisation IS gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung“ richte, heißt es in einer Presseerklärung des Ministeriums. Mit der Verfügung wird dem IS beziehungsweise seinen Anhängern verboten, in Deutschland Kennzeichen der Organisation öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften, Ton- oder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen zu verwenden.

In der Presseerklärung begründet de Maizière seine Entscheidung wie folgt: „Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie, hier ist kein Platz für eine terroristische Organisation, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Deshalb verbiete ich mit sofortiger Wirkung die Betätigung der Terrororganisation ,Islamischer Staat‘ in Deutschland. Diese Terrororganisation ist eine Bedrohung – auch für die öffentliche Sicherheit in Deutschland. Dieser Bedrohung treten wir heute entschlossen entgegen. Das heutige Verbot richtet sich ausschließlich gegen Terroristen, die die Religion für ihre verbrecherischen Ziele missbrauchen.“

In der Pressekonferenz an diesem Freitag sagte der CDU-Politiker in seinem Statement außerdem: „Als Bundesminister des Inneren verbiete ich mit sofortiger Wirkung die Betätigung der Terrororganisation ,Islamischer Staat‘ in Deutschland. Dieses Verbot umfasst jegliche Beteiligung an dieser Organisation. Ob in sozialen Medien oder bei Demonstrationen. Auch die öffentliche Verwendung von Kennzeichen des Islamischen Staats ist ab sofort verboten. Verboten sind das Werben für den Islamischen Staat, das Zeigen seiner Symbole, jede Art von Unterstützungshandlung, das Einwerben von Geld, von Material, und vor allem das Anwerben von Kämpfern für diesen mörderischen Krieg. Der Verstoß gegen dieses Betätigungsverbot ist ab sofort eine Straftat.“

Nicht zu nachsichtig mit den Feinden der Demokratie umgehen

Das Betätigungsverbot ist in der Politik ausdrücklich begrüßt worden. Thomas Strobl etwa, einer der Stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, versicherte: „Die Dschihadisten der IS – die selbsternannten Gotteskrieger – und ihre Sympathisanten sollen sich nicht täuschen: Wir sind ein liberales und tolerantes Land. Wer sich aber mit unserem freiheitlichen Staat anlegt und ihn bekämpft, dem treten wir mit Härte und Schärfe entgegen. Gerade die Anschläge vom 11. September 2001 lehren uns, dass wir nicht zu nachsichtig mit den Feinden unserer Demokratie umgehen dürfen. Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie. Wir werden die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger konsequent schützen und verteidigen.“

Der Sprecher der Arbeitsgruppe „Inneres“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, erklärte: „Es ist gut, nicht länger hinnehmen zu müssen, dass Symbole dieser mörderischen Terrororganisation auf unseren Straßen und Plätzen gezeigt werden. Bund und Länder müssen dieses Verbot mit der gebotenen Härte durchsetzen. Besondere Bedeutung kommt dem Verbot der Verwendung solcher Symbole im Internet zu. Hier müssen Staat und Internetunternehmen dieser Mörderbande gemeinsam ihren geistigen Nährboden entziehen.“

Richtiges und wichtiges Signal im Kampf gegen den Terror

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD), bewertete das bundesweite Betätigungsverbot für die terroristische IS-Miliz als wichtiges Signal für ein entschlossenes Vorgehen im gemeinsamen Kampf gegen gefährliche Extremisten. „Wir erhöhen den Druck auf die Salafisten und gehen entschieden gegen ihre menschenverachtende Propaganda vor“, sagte Jäger am 12. September in Düsseldorf. Die salafistische Miliz betreibte mit ihren Symbolen und ihren Gräueltaten eine aggressive und kriegsverherrlichende Propaganda. „Mit ihren Videobotschaften unter dem Symbol der schwarzen Fahne wollen die Extremisten junge Menschen rekrutieren und sie aufstacheln, sich am Dschihad zu beteiligen – das lassen wir nicht zu“, so Jäger.

Eva Högl, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, äußerte sich am 12. September in einer Pressemitteilung: „Das vom Bundesinnenminister verkündete Betätigungsverbot für die Terrormiliz IS ist ein richtiges und wichtiges Signal im Kampf gegen den Terror. Es ist wichtig, dass wir gegen alle Personen konsequent vorgehen, die sich nicht an unsere Gesetze halten. Wir müssen verhindern, dass radikalisierte Islamisten mit ihrer menschenverachtenden Propaganda gezielt und aggressiv Männer und Frauen in Deutschland für ihren Dschihad im Irak und in Syrien anwerben.“ In Deutschlands Demokratie sei kein Platz, so die Parlamentarierin weiter, für den Terror gegen Andersgläubige und kein Platz für Terroristen, die ihre Religion für solche Kriege missbrauchten.

Ausreichend politische Rückendeckung für Sicherheitsbehörden und Polizei

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte ebenfalls das erlassene Betätigungsverbot für die Terrormiliz IS sowie das Verbot der Nutzung ihrer Symbole. Der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow zeigte sich am 15. September in Berlin erleichtert: „Der Bundesinnenminister hat ein richtiges und dringendes Signal gesetzt. Es kann nicht sein, dass Anhänger einer barbarischen und menschenverachtenden Terrorgruppierung hier in unserem Land sprichwörtlich unter ihrer Flagge Hass verbreiten sowie Straftaten begehen.“ Die Bevölkerung erwarte zu Recht, dass der Staat – und damit die Polizei – gegen Hetzer und Terrorunterstützer einschreiten könne.

Malchow bekräftigte seine Forderung nach ausreichender politischer Rückendeckung für die Polizei und die Sicherheitsbehörden. Mit dem konsequenten Vorgehen gegen den IS demonstriere der Bundesinnenminister genau dies.

Deutschlandrückkehrer als potenzielle Planer von Anschlägen eine große Gefahr

Die Verfügung des Bundesinnenministeriums gegen den IS war auch ein Schwerpunkt der Pressekommentierung der letzten Tage. Die Thüringische Landeszeitung etwa schreibt: „Das Verbot der radikalislamischen Terrorgruppe ,Islamischer Staat‘ ist eine Selbstverständlichkeit und kann nur der Anfang sein in einem Kampf der wehrhaften Demokraten gegen die mordenden Anhänger einer den Islam missbrauchenden, menschenverachtenden Ideologie.“ Das Verbot biete den Sicherheitsbehörden hierzulande bessere Möglichkeiten, gegen IS-Anhänger vorzugehen, die damit liebäugelten, als Kämpfer von Deutschland nach Syrien oder in den Irak zu gehen – oder die von dort zurückkommen. Die Zeitung warnt: „Diese Rückkehrer sind als potenzielle Planer von Terroranschlägen eine Gefahr für die Bevölkerung. Die Bundesregierung sollte prüfen, ob es nicht möglich ist, ihnen die Einreise nach Deutschland zu verweigern, etwa indem ihnen der Pass entzogen wird.“

Die Süddeutsche Zeitung meint: „Vor Angst werden die Terroristen jetzt bestimmt nicht erzittern. Dennoch war es notwendig, dass der Innenminister die Organisation ,Islamischer Staat‘ und ihre Symbole verboten hat. Es geht um mehr als nur um symbolische Politik. Für die militanten Islamisten wird es etwas schwieriger, hierzulande für sich zu werben und Anhänger zu rekrutieren. Es war ein unhaltbarer Zustand, dass die Polizei tatenlos zusehen musste, wenn Sympathisanten voller Stolz die schwarze IS-Fahne schwenkten. Hier einzuschreiten, ist der Staat auch den IS-Opfern schuldig. Man darf sich aber nichts vormachen: Der Propagandakrieg (und leider nicht nur der) geht weiter.“

„Machtwort des Bundesinnenministers kommt zu spät“

Kritisch werten beispielsweise die Stuttgarter Zeitung und der Nordkurier aus Neubrandenburg das Betätigungsverbot. Zwar urteilt die Stuttgarter Zeitung: „Grenzenlose Toleranz hat nichts mit Liberalität zu tun. Sie wäre schlichtweg töricht, ja gefährlich, sofern sie Wirrköpfe gewähren lässt, die ihrer verqueren Weltanschauung mit brutalstmöglichen Mitteln zum Durchbruch verhelfen möchten.“ Gleichzeitig bedauert aber das Blatt, dass das Bundesinnenministerium zwar richtig gehandelt habe, wahrscheinlich jedoch viel zu spät.

Ähnlich der Nordkurier: „Es benötigte zwei geköpfte Journalisten und viel weiteres Unheil des Islamischen Staates, ehe Deutschland diese Radikalen, Psychopathen, völlig aus der Art geschlagenen Menschen, deren Ideologien und Symbole auf den Index setzt. Das Machtwort von Innenminister Thomas de Maizière kommt zu spät. Kostbare Zeit ist verstrichen, in der diese Fanatiker gezielt, aggressiv und in deutscher Sprache in der Republik Anhänger anwerben konnten. Kostbare Zeit, in der sie unterirdisch ihre Wurzeln ausbreiten und die Sicherheit dieses Landes schwächen konnten.“

Das Verbieten von Symbolen – doch nur „Symbol-Politik“?

Sehr skeptisch äußert sich der Weser-Kurier: „Ist das Verbieten von Symbolen Symbol-Politik? Die Frage drängt sich auf bei den Maßnahmen, die das Bundesinnenministerium jetzt gegen die Propaganda der Terrortruppe ,Islamischer Staat‘ ergreift. Sympathisanten der Schlächter sollen also nicht mehr auf Demos die schwarze Fahne des IS schwingen dürfen. Und auch im Internet sollen die Symbole der Miliz gelöscht werden, tönt Minister de Maizière. Dabei findet man die Logos sämtlicher Organisationen, die seine Vorgänger einst verboten haben, mit einem Mausklick: RAF, FAP, PKK – alle vertreten, nicht bloß mit ihren Abzeichen.“

Wie leicht ein Propagandaverbot umgangen werden könne, zeigten gerade die salafistischen Rattenfänger, schreibt der Weser-Kurier weiter. „Nach der Provokation mit ihren ,Scharia-Polizei‘-Patrouillen tauften sie selbige flugs in ,Pro Halal‘ um. ,Halal‘ steht im Islam für alles, was ausdrücklich gestattet ist – den Begriff zu verbieten, hieße Hunderttausende noch gemäßigte Muslime zu radikalisieren.“ Der wirksame Kampf gegen den IS-Terror finde ohnehin anders statt, meint Kommentator Joerg Helge Wagner schließlich. In der engen Beobachtung und gegebenenfalls Verhaftung islamistischer „Kriegsheimkehrer“ etwa. Oder in der Ausbildung jener, die dem IS im Irak und in Syrien bewaffneten Widerstand leisten. „Dass sich hier nun auch deutsche Fallschirmjäger engagieren, zeigt, dass die Bundesregierung eben doch weit mehr als nur Symbolpolitik betreibt – und das ist auch gut so.“

Islamische Organisationen weltweit gegen die Barbarei der IS-Terrormiliz

Einen Tag vor dem Betätigungsverbot für den IS in Deutschland haben sieben islamische Organisationen aus aller Welt die Instrumentalisierung des Islam als Deckmantel für die Ziele des IS scharf verurteilt. Sie unterzeichneten angesichts der Gewalttaten des „Islamischen Staats“ im Irak und in Syrien einen Aufruf der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ und protestierten damit gegen die Verbrechen dieser Dschihadistengruppe. Die führenden Islamvertreter aus Katar, Indonesien, Frankreich, Großbritannien, den USA und Kanada erinnerten an die Morde an den US-Reportern James Foley und Steven Sotloff und an die Gewalttaten des IS gegenüber Zivilisten in Syrien und dem Irak.

In dem Appell heißt es unter anderem: „Durch seine barbarischen Taten beschmutzt der ,Islamische Staat‘ nicht nur das Ansehen des Islam, sondern schadet auch den Muslimen in aller Welt.“

Erschütternder Bericht der Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen

Für Aufsehen hat am Tag der Erklärung des Bundesinnenministers auch ein Bericht der Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen (VN) für Kinder und bewaffnete Konflikte, Leila Zerrougui, gesorgt. Die Algerierin hatte dem VN-Sicherheitsrat über zahlreiche Verbrechen an Kindern im Irak berichtet.

Erika Steinbach, Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, äußert sich jetzt dazu: „Leila Zerrougui […] hat dem Sicherheitsrat einen erschütternden Bericht über die Geringschätzung des menschlichen Lebens durch extremistische Gruppen wie der Terrormiliz ,Islamischer Staat‘ gegeben. Danach sind im Irak seit Jahresanfang bis zu 700 Kinder getötet oder verstümmelt worden, auch in standrechtlichen Hinrichtungen.“

Die IS, so fasst Steinbach aus dem Bereicht an die VN zusammen, habe Kinder im Alter von 13 Jahren gezwungen, als Kindersoldaten Objekte zu bewachen oder Zivilisten zu verhaften. Andere Kinder seien als Selbstmordattentäter missbraucht worden. Die Opfer seien in der Regel mit Geschenken geködert und dann zwangsrekrutiert worden. Um die Jungen zu brutalisieren, müssten diese Erschießungen und Enthauptungen beiwohnen. Anschließend würden sie dem Bericht zufolge an der Waffe ausgebildet, gedrillt und in der Ideologie der Islamisten unterrichtet.


Unser Bildmaterial:
1. Standbild eines ARD-Beitrages über die Terrorgruppierung „Islamischer Staat“ (IS) vom 26. August 2014 – eine Sequenz des im Beitrag des „Mittagsmagazins“ dokumentierten IS-Propagandavideos zeigt den deutschen Islamisten Silvio K. aus Solingen. Der 27 Jahre alte gebürtige Sachse gilt als eines der führenden deutschen Sprachrohre der Terrormiliz. Im August 2014 sorgte Silvio K. mit einer Terrordrohung für Aufsehen – als konkretes Anschlagsziel nannte er das US-Atomwaffenlager Büchel in der Eifel. Mittlerweile wird der Deutsche auf Bestreben des Landeskriminalamtes mit internationalem Haftbefehl gesucht.
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2. Bundesinnenminister Thomas de Maizière am 12. September 2014 bei der Berliner Pressekonferenz zum IS-Betätigungsverbot in Deutschland.
(Screenshot)


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