Wiesbaden. Mit einer militärischen Zeremonie, dem Anheften des Kommandoemblems am Uniformärmel, wurde Brigadegeneral Markus Laubenthal am Donnerstag (28. August) in der Wiesbadener Clay-Kaserne offiziell in seiner neuen Verwendung und militärischen Heimat begrüßt. Der 51 Jahre alte deutsche Heeresoffizier ist der neue Chef des Stabes im Hauptquartier der U.S. Army in Europa (USAREUR) und damit der erste Bundeswehrgeneral in einer solch hohen Position innerhalb der US-Streitkräfte. Die Personalentscheidung war möglich geworden durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. Dazu war am 30. Juli im US-Verteidigungsministerium in Washington noch ein Rahmenabkommen unterzeichnet worden.
Brigadegeneral Laubenthal wird in seiner neuen Verwendung die Stabsabteilungen in der Wiesbadener USAREUR-Kommandozentrale leiten und so zugleich die rechte Hand des derzeitigen Kommandeurs, Generalleutnant Donald M. Campbell Jr., sein (wir berichteten). Durch das Kommando wird die Einsatzbereitschaft von mehr als 30.000 US-amerikanischen Heeressoldaten (und zivilen Mitarbeitern) sichergestellt, die ihren Dienst in sieben Garnisonen in drei Ländern leisten. Rund 90 Prozent des Personals sind in Deutschland stationiert.
General Campbell war es auch, der bei der offiziellen Begrüßung vor zahlreichen Ehrengästen seinem neuen Stabschef den Patch des Kommandos – ein flammendes Friedensschwert auf blauem Emblemhintergrund – an der Bundeswehruniform befestigte.
Die US-Truppenzeitung Stars and Stripes unterstrich in ihrem Beitrag über die Patch-Zeremonie noch einmal die Bedeutung der Personalie „Laubenthal“ („seit Gründung des USAREUR nach dem Zweiten Weltkrieg war niemals ein nicht-amerikanischer Offizier Chef des Stabes dieses Drei-Sterne-Kommandos“), beruhigte zugleich aber auch skeptische Leser mit einer Liste von Einschränkungen für den deutschen General. Eingedenk der zum Teil äußerst kritischen Reaktionen in den USA auf die Ernennung Laubenthals, macht diese Aufzählung aus Sicht der Stars and Stripes-Redaktion wohl auch Sinn.
Dabei beruft sich die Truppenzeitung auf eine offizielle Darstellung, die anscheinend beim sensiblen Thema „Ausländische Offiziere in exponierter Position in den US-Streitkräften“ Gemüter beruhigen und Sorgen zerstreuen soll. Was nun darf Brigadegeneral Markus Laubenthal als Chef des Stabes im Wiesbadener US-Hauptquartier alles nicht tun?
Er hat keine Disziplinargewalt über US-Personal. Er darf auch nicht US-Truppen befehligen. Er darf das Kommando außerhalb des Dienstes nicht aufgrund eigener Entscheidung repräsentieren. Zudem wird er keinen Zugang haben zu Vorgängen der Strafverfolgung, zu diplomatischer Kommunikation, zu sicherheitsrelevanten Informationen über die US-Truppen in Europa und zu einer ganzen Reihe weiterer Informationen. Allerdings wird der Stabschef Zugang zu eingestuften Informationen haben, die für die dienstliche Bekanntgabe freigegeben worden sind.
Handelt es sich bei der neuen Spitzenverwendung des deutschen Heeresgenerals also doch um eine Ausgabe „US-Stabschef light“? „Mitnichten!“, erklärte ein Offizieller (der U.S. Army) gegenüber Stars and Stripes. Man habe ermittelt, so der anonyme Gesprächspartner des Blattes, dass Laubenthal in der Lage sein werde, etwa 90 Prozent der Aufgaben, die typisch für einen Chef des Stabes USAREUR sind, wahrzunehmen. Dieses Aufgabenpaket umfasse immerhin noch die Gesamtverantwortung für die Leitung, Organisation und Unterstützung eines Kommandostabes, der rund 30 höhere Führungsränge umfasse.
Auch Commander Campbell betonte bei der militärischen Zeremonie am Donnerstag, dass die Rolle des deutschen Brigadegenerals im Kommando weitaus mehr sein werde als nur Symbolik, auch wenn Laubenthal als deutscher Offizier nicht den Zugang zu vertraulichem US-Material haben könne wie US-Offiziere in gleicher Position.
Campbell berichtete auch, dass hochrangige militärische Führer der USA und Partnernationen nach den langen Jahren des gemeinsamen Einsatzes in Afghanistan nun gegen Ende von ISAF zu der Überzeugung gelangt seien, die Zusammenarbeit auch weiterhin zu pflegen und fortzusetzen. Nur so könne die nationenübergreifende Interoperabilität der einzelnen Teilstreitkräfte und Verbände aufrechterhalten werden. Die Berufung des Deutschen zum Chef des Stabes des US-Kommandos Europa transportiere denn auch – frei nach dem Motto „Actions speak louder than words“ – die Botschaft, wie ernst es der U.S. Army mit der multinationalen Zusammenarbeit sei, versicherte Campbell.
Zugleich versuchte der Kommandeur der Premiere in Wiesbaden ein wenig die Spitze zu nehmen. „Wir waren gemeinsam mit Deutschland und anderen NATO- und Partnernationen rund 13 Jahre im Kriegseinsatz in Afghanistan. Schon alleine deswegen ist es für uns keine große Besonderheit mehr, einen nicht-amerikanischen General in unserem Stab begrüßen zu können – ähnliche Momente haben wir in Kampfeinsätzen und auch in andern Auslandsstationierungen erlebt“, so der Generalleutnant.
Trotz dieses Understatements zeigten sich deutsche Generäle an diesem Patch-Day in Wiesbaden erfreut über die Personalentscheidung, die ja in gespannten atlantischen Zeiten getroffen worden war (allerdings hatte US-Kommandeur Campbell ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Entscheidung für einen deutschen Stabschef in Wiesbaden lange vor der Enthüllung über die amerikanischen Spionageaktivitäten in Deutschland gefallen war).
Brigadegeneral Eckart Klink, Kommandeur des Landeskommandos Hessen der Bundeswehr, bezeichnete die Verwendung Laubenthals im Stab des USAREUR-Hauptquartiers gegenüber der Frankfurter Allgemeinen als „starke Botschaft und bedeutenden Meilenstein in der Entwicklung der bilateralen Beziehungen“.
Generalleutnant Jörg Vollmer, seit 25. Juni Kommandeur Einsatz und Stellvertretender Inspekteur des Heeres, sprach gar von einem „historischen Tag“. Gegenüber Pressevertretern sagte er, die Bundeswehr sei offen dafür, einem US-amerikanischen Offizier in den deutschen Streitkräften ebenfalls einen vergleichbaren Dienstposten anzubieten.
Und wie äußerte sich der Mann, der am 28. August in der Clay-Kaserne im Mittelpunkt stand – historisch gesehen und als Ausdruck einer zur Normalität gewordenen militärischen Zusammenarbeit? Markus Laubenthal vertrat an diesem letztlich doch denkwürdigen Tag gegenüber Stars and Stripes noch einmal sein berufliches Credo: „Es ist ungemein wichtig, so eng wie möglich mit anderen Nationen zusammenzuarbeiten – und dies möglichst, ehe eine gemeinsame Mission beginnt.“
Zu unseren drei Aufnahmen aus dem Wiesbadener Hauptquartier der U.S. Army Europe:
1. Patch-Zeremonie für Brigadegeneral Markus Laubenthal am 28. August 2014 in der Wiesbadener Clay-Kaserne. Einmarsch der Nationen- und Truppenfahnen.
(Foto: Dee Crawford/U.S. Army)
2. US-Commander Donald M. Campbell Jr. heftet seinem neuen Stabschef das Verbandsemblem an.
(Foto: Ali Cooley/U.S. Army)
3. Generalleutnant Campbell bei seiner Ansprache während der Patch-Zeremonie.
(Foto: Karl Weisel/U.S. Army)