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Potsdam/Erbil (Irak). Die Ende August vom Bundeskabinett veranlassten Lieferungen von Waffen, Munition, Fahrzeugen und Ausrüstungsgegenständen an die kurdische Regionalregierung sind abgeschlossen. Am 4. November erreichte der letzte Transportflug der Bundeswehr die Stadt Erbil. An Bord der Antonov AN-124-100 befanden sich Fahrzeuge und Munition für die Peschmerga, die Sicherheitskräfte der kurdischen Autonomieregion im Nordirak. Insgesamt wurden in drei Tranchen und 18 Flügen nach Angaben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr (Potsdam) 1365 Tonnen Militärgüter nach Erbil gebracht. Alle deutschen Transporte erfolgten mit einem Zwischenstopp in der irakischen Hauptstadt Bagdad zur zollrechtlichen Abfertigung des Materials.

Der Vorstoß der Terrorbewegung „Islamischer Staat“ (IS) und die Eroberung eines großen zusammenhängenden Gebietes im Osten Syriens und im Nordwesten des Iraks im Juni dieses Jahres hat die Lage in der Region dramatisch verändert. Hunderttausende Muslime, Christen und Jesiden sind auch weiterhin auf der Flucht vor den Terrorbanden. In den Sommermonaten konnten sich viele Menschen nur unter großen Gefahren in den Nordirak retten, wo sie von der kurdischen Regionalregierung und ihren Peschmerga-Kämpfern geschützt wurden.

In dieser äußerst schwierigen Lage hatte die Bundesregierung am 31. August bei einer Sitzung unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel beschlossen, die kurdische Regionalregierung in Erbil sowohl bei der Versorgung der Flüchtlinge als auch mit militärischer Ausrüstung und Waffen im Kampf gegen den IS zu unterstützen.

Keine einfache, jedoch eine richtige Entscheidung

Nach der Sitzung waren Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor die Presse getreten und hatten den Maßnahmenkatalog der Regierung vorgestellt. Aus ihrem Statement: „Bedroht ist das Leben von Millionen Menschen, die Stabilität des Iraks und der ganzen Region und nicht zuletzt angesichts der Vielzahl ausländischer Kämpfer auch unsere Sicherheit in Deutschland und Europa. Es ist unsere humanitäre Verantwortung und unser sicherheitspolitisches Interesse, den Leidenden zu helfen und den IS zu stoppen […] Zugleich unterstützt die Bundesregierung diejenigen, die dem IS militärisch Einhalt gebieten. Die Rettung der von dem IS im Nordirak barbarisch verfolgten Muslime, Christen und Jesiden ist vor allem den Kräften der kurdischen Regionalregierung, den Peschmerga, und deren Unterstützung durch Luftschläge der Vereinigten Staaten zu verdanken. Die Peschmerga bedürfen dringend einer Unterstützung mit geeigneter militärischer Ausrüstung, um dem IS weiterhin widerstehen zu können.“

Steinmeier hatte später noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Entscheidung der Bundesregierung, Nordirak im Kampf gegen die Bewegung „Islamischer Staat“ auch mit Waffenlieferungen beizustehen, „keine einfache, aber eine richtige Entscheidung in einer in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Situation“ sei.

„Wir haben jetzt die Chance mitzuhelfen, das Leben von Menschen zu retten“

Bundeskanzlerin Merkel hatte am nächsten Tag dann auch noch einmal auf die Bedrohung durch die Terrormiliz für Europa hingewiesen. In einer Regierungserklärung im Bundestag hatte sie gewarnt: „Wenn sich Terroristen ein Gebiet unterjochen, um dort einen Rückzugsort für sich und andere Fanatiker zu schaffen, dann wächst auch für uns die Gefahr.“ Eine Destabilisierung des gesamten Nahen und Mittleren Ostens durch den IS könne sich auch auf Deutschland und Europa auswirken, so die Kanzlerin besorgt.

Merkel hatte auch betont, dass die Lieferung von Waffen im Einverständnis mit der irakischen Zentralregierung geschehe. „Wir haben sehr sorgsam abgewogen und dabei sämtliche außen- und sicherheitspolitischen Aspekte beleuchtet.“ Man habe vor der Wahl gestanden und sich dafür entschieden, diejenigen zu unterstützen, die Hilfe benötigten. Der damit einhergehenden Risiken sei man sich bewusst. Aber, so Merkel: „Können wir wirklich warten und hoffen, dass sich andere dieser Verantwortung stellen? Wir haben jetzt die Chance mitzuhelfen, das Leben von Menschen zu retten und weitere Massenmorde im Irak zu verhindern. Und diese Chance müssen wir nutzen.“

An diesem Montag (1. September) hatte dann auch das Parlament mit großer Mehrheit den geplanten Waffenlieferungen in den Irak zugestimmt.

Insgesamt 20 Flüge mit militärischen Gütern für kurdische Regionalregierung

Nach bereits erfolgten Hilfsflügen der Bundeswehr in den Irak wurden erstmals am 5. September militärische Ausrüstungsgegenstände – unter anderem Funkgeräte, Helme, Schutzwesten und Nachtsichtgeräte – nach Erbil geflogen.

Am 25. September startete dann eine niederländische Transportmaschine vom Typ KDC-10 vom Flughafen Leipzig/Halle, die (neben Sanitätsausstattungen und Schutzbrillen) erstmals auch Waffen für die Peschmerga an Bord hatte. Bei diesem Flug, koordiniert vom europäischen Lufttransportkommando im niederländischen Eindhoven, wurde die Ladung zunächst nach Zypern gebracht. Von dort erfolgte der Weitertransport mit britischen Transportflugzeugen über Bagdad nach Erbil. Geliefert wurden Gewehre G3, Maschinengewehre MG3 und Panzerfäuste.

Nach diesen ersten Transporten erfolgten im Zeitraum 27. September bis einschließlich 4. November insgesamt 18 weitere Flüge. Neben den kleinteiligen militärischen Ausrüstungsgegenständen wurden auch 60 Geländefahrzeuge vom Typ Wolf, 40 allradgetriebene UNIMOG U 1300 L, fünf geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge Dingo 1 sowie ein Tankfahrzeug an die Peschmerga geliefert. Der Gesamtumfang aller Transporte umfasste nach Auskunft des Einsatzführungskommandos in Potsdam 1365 Tonnen.

Ausbildung in Deutschland und auch im Nordirak

Mittlerweile ist auch die Einweisung der Peschmerga in Deutschland im Umgang mit der militärischen Ausrüstung abgeschlossen. Die Ausbildung fand statt an der Infanterieschule im bayerischen Hammelburg und an der Logistikschule in Osterholz-Scharmbeck (Garlstedt), Niedersachsen. Der letzte der vier Ausbildungsabschnitte endete am 25. Oktober.

Insgesamt wurden 56 Angehörige der kurdischen Sicherheitskräfte in Deutschland unter anderem an der leichten Infanterie-Panzerabwehrwaffe MILAN und am Gefechtsfahrzeug Dingo ausgebildet. Die ebenfalls zur qualifizierten Übergabe gehörende Einweisung von kurdischen Sicherheitskräften an deutschen Waffen und Gerät durch Bundeswehrangehörige in Erbil dauert noch an.

Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, soll sich die kurdische Regionalregierung „bereits mehrfach“ darüber geäußert haben, dass die von Deutschland gelieferte Ausrüstung im Kampf gegen den IS schon erfolgreich eingesetzt worden ist.

Schwerstarbeit für die Logistiker der Bundeswehr

Nach einer Aufstellung der Bundesregierung (vom 31. August 2014) und Übersicht des Einsatzführungskommandos (vom 5. November 2014) lieferte Deutschland folgende militärische Ausrüstung einschließlich Waffen und Munition an die kurdische Zentralregierung:

Querschnittliche Ausrüstung: Funkgeräte (700 Stück), Gefechtshelme (4000), Metallsuchgeräte zur Minensuche (20), Minensonden (30), Werkzeugsätze für die Munitionsbeseitigung (40), Nachtsichtgeräte Fero-Z (680), Nachtsichtgeräte MIRA (15), Schutzwesten aus dem Bereich des Auswärtigen Amtes (4000), Doppelfernrohre (1500), ballistische Schutzbrillen (4000), persönliche Sanitätsausstattungen (270), Feldküchen (25), Zelte (125);

Waffen: Sturmgewehre G3 (8000 Gewehre/Munition 2.000.000), Maschinengewehre MG3 (40/Munition 1.000.000), Sturmgewehre G36 (8000/Munition 4.000.000), Pistolen P1 (8000/Munition 1.000.000), Panzerabwehrwaffen MILAN (30/Lenkflugkörper 500), Panzerfaust 3 (200/Munition 2500), schwere Panzerfaust (40/Munition 1000), Signalpistolen (100/Munition 4000), Handgranaten (10.000);

Fahrzeuge: Lkw Wolf ungeschützt (40), Lkw Wolf teilgeschützt (20), Lkw 2 Tonnen UNIMOG (40), geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge Dingo 1 (5), Tanklastwagen (1).


Video-Hinweis: Das Video des YouTube-Kanals der Bundeswehr vom 6. Oktober 2014 zeigt die Ausbildung der Peschmerga-Kräfte an der Infanterieschule in Hammelburg. Dort trainierten die 32 Kämpfer eine Woche lang den sicheren Umgang mit der Panzerabwehrwaffe MILAN. Höhepunkt der Ausbildung war der scharfe Schuss. Im nordirakischen Erbil hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die Einweisung kurdischer Soldaten in die gelieferten deutschen Handwaffen begonnen. Diesen Ausbildungspart übernahmen ebenfalls Bundeswehrsoldaten.
(Video 14B28601: Redaktion der Bundeswehr)

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Video-Hinweis: Das zweite Video, veröffentlicht am 29. Oktober 2014, entstand im Nordirak während der Rückeroberung der Stadt Zumar durch Peschmerga-Kämpfer. Dabei wurden erstmals auch Bundeswehrwaffen eingesetzt. BILD-Reporter Claas Weinmann war Zeuge, als die kurdischen Soldaten bei ihrem Vormarsch eine deutsche MILAN-Rakete auf ein Haus mit IS-Gegnern abfeuerten.
(Video: BILD-Reporter)

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Zu unserer Bildsequenz:
1. Der Flughafen in Leipzig am 4. September 2014 – Paletten mit militärischen Ausrüstungsgütern für den Nordirak kurz vor der Verladung.
(Foto: Marc Tessensohn/Bundeswehr)

2. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier informierten am 31. August 2014 die Öffentlichkeit über die von der Bundesregierung beschlossenen Unterstützungsleistungen für den Irak.
(Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr)

3. Eintreffen militärischer Ausrüstungsgüter aus Deutschland im nordirakischen Erbil am 30. September 2014.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

4. Ministerin von der Leyen besuchte am 2. Oktober 2014 die Infanterieschule in Hammelburg und erkundigte sich nach dem Fortgang der Ausbildung der kurdischen Soldaten.
(Foto: Dana Kazda/PrInfoZ Heer/Bundeswehr)

5. Das erste Ausbilderteam der Bundeswehr – sechs Soldaten der Luftlandebrigade 26 und ein Sanitäter – am 19. September 2014 auf dem Flugplatz Hohn kurz vor dem Abflug in den Nordirak.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

6. Multiplikatorenausbildung auf einer Schießanlage nahe der nordirakischen Stadt Erbil; hier wurden die Peschmerga-Kämpfer von Bundeswehrsoldaten unter anderem in die Handhabung des G3-Sturmgewehrs eingewiesen. Die Aufnahme entstand am 2. Oktober 2014.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)


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