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Feldkirchen. Die Gäubodenkaserne im niederbayerischen Feldkirchen-Mitterharthausen war vor kurzem Schauplatz einer multinationalen Sanitätsübung mit rund 600 Soldaten aus elf Nationen. Im Mittelpunkt von „Vigorous Warrior 2013“, so der Übungsname, stand das Zusammenwirken nationaler Rettungssysteme zu und in einem großen Verbundsystem – einer multinationalen Kette zur Rettung und Versorgung Verwundeter. Das Training fand im Zeitraum 16. bis 27. September unter Federführung des NATO-Centre of Excellence for Military Medicine und des Sanitätsdienstes der Bundeswehr statt.

Ein Besuch in der Gäubodenkaserne zeigte, was Zusammenarbeit über Grenzen hinweg in der Praxis bedeutet: In der Aufnahme des Rettungszentrums warten ein niederländischer und ein ungarischer Triage-Arzt auf „Verwundete“ (Triage: erste Begutachtung), wenige Schritte weiter arbeiten Italiener und Ungarn im Schockraum, in der Pflegestation betreuen Deutsche und Niederländer zahlreiche „Patienten“. Hinzu kommen Belgier, Briten, Franzosen, Rumänen, Schweden, Tschechen und US-Amerikaner, die bei „Vigorous Warrior“ („Entschlossener Krieger“) letztendlich zum gemeinsamen Erfolg beitragen werden.

Flottenarzt Dr. Andreas Dierich, der Übungsleiter, beschreibt am Medientag die Höhen der einzelnen Hürden, die überwunden werden müssen: „Wir haben es hier mit unterschiedlichen Sprachfähigkeiten, Standards und medizinischen Fähigkeiten zu tun. Unterschiedliche Sichtweisen und Interessen der einzelnen Nationen müssen unter einen Hut gebracht werden.“ Bei den zahlreichen Besprechungen – im Vorfeld der Übung und im Laufe der Trainingstage – braucht Dierich ein feines Fingerspitzengefühl. „Befehl und Gehorsam funktionieren nicht im internationalen Rahmen. Nur mit Überzeugung, Motivation und Feedback kommen wir gemeinsam Schritt für Schritt weiter.”

Arbeitsprozesse und Ausstattung miteinander abstimmen

„Vigorous Warrior 2013“ ist die Fortsetzung der Sanitätsübung „Alpendreieck“, die im Juni dieses Jahres auf dem Truppenübungsplatz Bodelsberg bei Kempten stattfand. Hier hatten bereits mehr als 200 Deutsche, Österreicher und Schweizer die sanitätsdienstliche Zusammenarbeit bis auf Team-Ebene geprobt. Dabei waren nationale Sanitätsmodule erfolgreich mit einem deutschen Rettungszentrum kombiniert worden.

Ausrichter der erste Übung „Vigorous Warrior“ war 2011 Ungarn gewesen. Die noch junge Serie soll die beteiligten Nationen Schritt für Schritt dem übergeordneten Ziel einer multinationalen Medical Task-Force näherbringen. Die Septemberübung in der Gäubodenkaserne war denn auch eine Art „Konzept-Testing“, wie Dr. Dierich es nannte. Das Konzept, das in Feldkirchen auf dem Prüfstand stand, war das im Vorfeld von „Vigorous Warrior 2013“ im NATO-Rahmen entwickelte Verfahren „Role 2“ für die sanitätsdienstliche Behandlungsebene, die erste notfallchirurgische Versorgung. Dazu Dierich: „Arbeitsprozesse und Ausstattung müssen miteinander abgestimmt werden, um eine gesicherte Qualität der medizinischen Versorgung zu garantieren. Nicht alle Nationen sind da verständlicherweise auf einem Stand.“

Knapper werdende militärische Kräfte und Mittel

In den Einsatzgebieten der aktuellen Auslandsmissionen arbeiten heute schon Mediziner und Sanitätsfachpersonal aus verschiedenen Nationen eng zusammen. Bislang jedoch lag der Schwerpunkt eher auf der Kooperation nationaler Einheiten und Verbände. In der Praxis bedeutete und bedeutet dies, dass geschlossene nationale Kapazitäten – beispielsweise Sanitätskräfte – als „nationale Pakete“ mit multinationalen Verbänden zusammengefügt oder zumindest bereitgestellt wurden und werden.

Knapper werdende militärische Kräfte und Mittel zwingen jedoch dazu, neue Wege zu gehen. Zusammenarbeit und Arbeitsteilung sind Gebote der Stunde. Hier präsentiert sich der Sanitätsdienst der Bundeswehr als Vorreiter und testet Kooperationen bis auf die Arbeits- oder Team-Ebene. Nationen, deren Kapazitäten für eine eigene nationale Sanitätseinrichtung nicht ausreichen, können so beispielsweise mit ihrem Fachpersonal in mobile und stationäre Elemente der notfallmedizinischen und späteren akutklinischen Einsatzversorgung mit eingebunden werden.

Die Herausforderung eines multinationalen Ansatzes liegen in den äußerst unterschiedlichen Verständnissen, Grundlagen und Standards der jeweiligen Sanitätsdienste der einzelnen Länder. Übungsleiter Dierich: „Der Sanitätsdienst der Bundeswehr arbeitet mit hohem Engagement an einer multinationalen Vereinheitlichung im Rahmen der Sanitätsdienste von NATO und EU.“

Bewährte Transportfahrzeuge und neuer MedEvac-Hubschrauber

Im Rahmen von „Vigorous Warrior 2013“ wurde von den multinationalen Kräften in der Gäubodenkaserne ein gemeinsames Verbundsystem aufgebaut und betrieben. Eine derartige Rettungskette soll auch im realen Einsatz nahtlos die unmittelbar nach einer Verwundung durchgeführten ersten lebensrettenden Sofortmaßnahmen mit den mobilen und stationären Elementen der notfallmedizinischen und späteren akutklinischen Versorgung verbinden. Zu diesem System gehören auch die speziell für den qualifizierten Verwundetentransport ausgestatteten Boden- und Luftfahrzeuge, die die Patienten zur weiteren Behandlung und Rehabilitation in Militärkrankenhäuser oder auch zivile Kliniken bringen.

Bei „Vigorous Warrior 2013“ setzte die Bundeswehr unter anderem das geschützte Sanitätskraftfahrzeug GTK Boxer, das geschütztes Verwundetentransportfahrzeug Eagle IV BAT und den Mehrzweckhubschrauber NH90 Forward Air MedEvac ein. An der Übung beteiligt waren auch der Mehrzweckhubschrauber Sikorsky HH-60 MedEvac (Blackhawk) sowie weitere geschützte und ungeschützte Fahrzeuge der teilnehmenden Nationen.

In den modularen Sanitätseinrichtungen, die während der Übung aufgebaut worden waren, arbeiteten Seite an Seite mit den Kameradinnen und Kameraden aus anderen Nationen 144 Angehörige des Bundeswehr-Sanitätsdienstes. Die Frauen und Männer kamen vom Sanitätslehrregiment und vom Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr.

Medizinische Akutversorgung durch deutsch-französisches Team

Anlässlich des Jubiläums „50 Jahre Élysée-Vertrag“ war in die multinationale Übung „Vigorous Warrior 2013“ auch ein deutsch-französischer Anteil integriert worden. Diese Kräfte präsentierten die Rettungskette bis zur Behandlungsebene „2“ für die medizinische Akutversorgung. Eine Besonderheit stellte dabei die gemeinsame Behandlung von „Verletzten“ im französischen Rettungszentrum, das mit zwei Bundeswehr-Intensivbetten ergänzt worden war, dar.

Der Stellvertretende Inspekteur des französischen Sanitätsdienstes, Generalstabsarzt Dr. Patrick Godart, und der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. Ingo Patschke, sprachen nach einem Besuch bei der übenden Truppe von „beeindruckenden Ergebnissen einer multinationalen Zusammenarbeit“.


Zu unserem Bildangebot:
1. Einsatzrealität „Afghanistan“: Das „Role-3“-Hospital im Camp Marmal, Mazar-e Sharif – letztes Briefing des Sanitätspersonals kurz vor Einlieferung eines Verwundeten. Die Aufnahme entstand im Januar 2012.
(Foto: Richard Wolff/U.S. Navy)

2. Übung „Vigorous Warrior 2013“ – das mobile Rettungszentrum.
(Foto: Sanitätsdienst Bundeswehr)

3. Ein „Verwundeter“ wird angeliefert – Übungsszenario in Feldkirchen.
(Foto: Dirk Bannert/Sanitätsdienst Bundeswehr)

4. Ärzteteam bei „Vigorous Warrior 2013“.
(Foto: Dirk Bannert/Sanitätsdienst Bundeswehr)

5. Szene aus der Gäubodenkaserne, Feldkirchen: Italienischer Mediziner des BAT (Beweglicher Arzttrupp) im Gespräch mit dem Medical Director.
(Foto: Florian Westphal/Sanitätsdienst Bundeswehr)

6. Schweres geschütztes Sanitätskraftfahrzeug GTK Boxer.
(Foto: Dirk Bannert/Sanitätsdienst Bundeswehr)

7. Flottenarzt Dr. Andreas Dierich leitete die Übung „Vigorous Warrior 2013“.
(Foto: Dirk Bannert/Sanitätsdienst Bundeswehr)


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