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Berlin. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland insgesamt 27.440 politisch motivierte Straftaten, davon 2464 Gewalttaten registriert. Verglichen mit dem Jahr 2011 sind die Straftaten um 9,2 Prozent zurückgegangen, bei den Gewalttaten sogar überdurchschnittlich deutlich um 20,7 Prozent. Gegenläufig zu diesem Trend sind die Straf- und Gewalttaten im rechten Spektrum, sie sind leicht angestiegen (um 4,4 Prozent bzw. 1,7 Prozent). Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich äußerte sich vor kurzem zu der Kriminalstatistik: „Auch wenn die Zahlen politisch motivierter Straf- und Gewalttaten insgesamt deutlich zurückgegangen sind, gibt es doch einige Entwicklungen, die mich mit Sorge erfüllen.“

Dies gelte vor allem für die weiter steigende Tendenz rechter Straf- und Gewalttaten, sagte Friedrich. Überdurchschnittlich stark angestiegen sind hierbei fremdenfeindliche Straf- und Gewalttaten (um 16,5 bzw. 10,8 Prozent). Auch gab es 2012 wieder mehr antisemitische Straftaten (10,6 Prozent). Im vergangenen Jahr gab es sechs versuchte rechte Tötungsdelikte zu beklagen, eines mehr als im Jahr 2011. „Dies zeigt: Wir müssen die rechte Szene im Auge behalten und den Fahndungsdruck weiter intensivieren. Alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft müssen sich in Deutschland sicher fühlen können. Nach bekannt werden des NSU (Anm.: rechtsextreme terroristische Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund) haben wir daher nicht nur die Kompetenz der Sicherheitsbehörden gestärkt, terroristische Bestrebungen frühzeitig zu erkennen und nachhaltig zu verfolgen. Wir haben auch vielfältige Maßnahmen ergriffen, um rechte Straf- und Gewalttaten generell wirksamer zu bekämpfen“, erklärte der Bundesinnenminister.

Zu dem Maßnahmenpaket gehöre, so Friedrich weiter, vor allem ein lückenloserer Erkenntnisaustausch und die engere Abstimmung von Bekämpfungsmaßnahmen zwischen den Sicherheitsbehörden. Mit dem Gemeinsamen Abwehrzentrum Rechtsextremismus und -terrorismus (GAR) sei dafür bereits im Dezember 2011 die geeignete Plattform geschaffen worden.

Hemmschwelle zur Brachialgewalt sinkt

Die politisch links motivierte Kriminalität und Gewalt ist, dem Gesamttrend folgend, nach dem drastischen Anstieg im Vorjahr deutlich rückläufig. Ein Grund dafür dürfte der im Vergleich zum Vorjahr wesentlich ruhigere Verlauf des Demonstrationsgeschehens sein. So fanden weniger linke Gegendemonstrationen zu rechten Veranstaltungen statt, die zuvor noch einen enormen Anstieg der Fallzahlen, insbesondere der Gewaltdelikte, zur Folge hatten. Darüber hinaus fehlten einige typische Anlässe für linksmotivierte Straftaten, wie beispielsweise Castor-Transporte.

Sorge bereitet allerdings die Qualität der verübten Straftaten. Der Anteil der gegen Leib und Leben gerichteten Straftaten aus dem linken Spektrum ist 2012 gestiegen – er machte 53,5 Prozent aller linken Gewalttaten aus. Insbesondere ist die Anzahl versuchter Tötungen von drei im Vorjahr auf acht im letzten Jahr angestiegen. Opfer waren in allein sechs Fällen Polizeibeamte, in zwei Fällen Personen aus der rechten Szene.

„Diese Zahlen sind der traurige Beweis dafür, dass die Hemmschwelle zur brachialen Gewaltanwendung in der linken Szene – insbesondere bei Konfrontationen mit politischen Gegnern – sinkt“, kommentierte der Minister. „Dass sich die Gewalt dann oft gegenüber Polizisten entlädt, die für den Schutz von Veranstaltungs- und Demonstrationsteilnehmern eintreten, können und dürfen wir nicht hinnehmen. Daher dürfen wir auch bei der Bekämpfung linker Gewalt nicht nachlassen. Im Herbst letzten Jahres haben wir das phänomenübergreifende Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusbekämpfungsabwehrzentrum (GETZ) geschaffen, das auch den Bereich ,Linksextremismus‘ abdeckt. Auch hier verspreche ich mir wichtige Impulse für einen ganzheitlichen sicherheitsbehördlichen Bekämpfungsansatz.“

Strategie der maximalen Provokation

Im GETZ können jetzt auch Wechselwirkungen – etwa zwischen der rechten und der linken Szene mit gegenseitigen Provokationen zu Gewaltakten – intensiver beobachtet und analysiert werden. Dieses „Aufschaukeln“ kann ebenfalls im Bereich der politisch motivierten Ausländerkriminalität beobachtet werden. Trotz der insgesamt rückläufigen Zahlen in diesem Bereich, fällt ein Anstieg jener Delikte, die aus Konfrontationen mit der rechten Szene resultieren, auf. Gab es hier 2011 noch 23 einschlägige Delikte, waren es im Jahr 2012 bereits 39.

Friedrich kündigte an: „Wir werden diese Entwicklung, die jüngst mit den mutmaßlichen Attentatsplänen von vier Salafisten auf den Vorsitzenden der Partei Pro NRW kulminiert ist, weiter sehr kritisch im Auge behalten müssen. Das vereitelte Attentat zeigt, dass wir eine neue Gefahrenstufe erreicht haben. Unsere Sicherheitsbehörden beobachten die Strategie der maximalen Provokation beider Lager sowie den hohen Emotionalisierungs- und Radikalisierungsgrad in der islamistischen Szene sehr aufmerksam und bearbeiten die Entwicklungen übergreifend in unseren gemeinsamen Zentren.“

Text: BMI, dew


Zu unseren Bildern:
1. Polizeikräfte in Göppingen im Herbst 2012 – hier demonstrierten etwa 2000 Menschen gegen rund 150 Anhänger der rechten „Autonomen Nationalisten“.
(Foto: agfreiburg)

2. Grafik-Hintergrundbild: Vor einer Großdemonstration von Linken und Linksradikalen in Wien im Januar 2012 gegen Rechte aus ganz Europa.
(Foto: agfreiburg, Infografik: mediakompakt)


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