menu +

Nachrichten



Berlin. Bei der ILA Berlin Air Show 2012 präsentierten sich Diehl Defence und Diehl Aerosystems gemeinsam in Halle 2 mit einem 300 Quadratmeter großen sehenswerten Messestand. Auch zum ILA-Pressefrühstück luden Defence und Aerosystems gemeinsam ein. Im Diehl-Chalet begegneten sich an diesem 12. September jedoch Licht und Schatten. Während der Ausrüster für Avionik und Kabinenintegration seit 2008 Umsatz und Mitarbeiterzahl nahezu verdoppeln konnte, sieht es in der Verteidigungssparte des Diehl-Konzerns weniger rosig aus. Defence spürt nachhaltig die Kürzungen bei den Militärausgaben.

Beim Hintergrundgespräch mit zahlreichen Vertretern der Fachmedien zeigte sich der Sprecher des Bereichsvorstandes Diehl Aerosystems, Rainer von Borstel, mit der Entwicklung bei der Tochter des Nürnberger Technologie- und Rüstungskonzerns hochzufrieden. „Wir werden unsere Hausaufgaben machen, unseren Lieferverpflichtungen beim Hochlauf der Programme von Airbus und Boeing nachkommen und neue Programme absichern.“ In den vergangenen vier Jahren konnte Aerosystems Umsatz und Mitarbeiterzahl fast verdoppelt. Bis zu 50 Millionen Euro werden jetzt in die Erweiterung der Produktion investiert, künftig gelte es, „profitabel zu wachsen“ und die Bereiche „Elektronik“ und „Kabine“ stärker miteinander zu verknüpfen, erklärte von Borstel. Rund 1000 Ingenieure arbeiten allein für den neuen Airbus A350. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen, das seinen Hauptsitz in Laupheim hat, rund 3000 Mitarbeiter. Nach Angaben von Aerosystems beträgt der Umsatz derzeit mehr als 600 Millionen Euro.

Sorgenfalten sieht man bei Kolleginnen und Kollegen des Diehl-Militärbereiches. Hier sind die Umsätze aufgrund der gekürzten Verteidigungsbudgets „erwartungsgemäß rückläufig“, wie Claus Günther, Sprecher des Bereichsvorstandes Diehl Defence, einräumen musste. Ständige Haushaltskürzungen der „Key Player“ würden zudem den Erhalt europäischer Technologien massiv bedrohen. Nationale und internationale Aufträge sowie kontinuierliche Investitionen in Forschung und Technologie seien für die Branche jedoch überlebenswichtig, erklärte Günther eindringlich.

Im Vorfeld der Berliner Messetage hatte Diehl Defence die ILA in höchsten Tönen gelobt. Sie sei das „wichtigstes Forum in Deutschland, um politischen Entscheidungsträgern und Bundestagsabgeordneten sowie dem öffentlichen und militärischen Kunden wehrtechnisches Know-how zu präsentieren“. Fokussierung auf die Berlin Air Show – die Zeiten für die Verteidigungsindustrie sind schwierig.

Neue Entwicklungen für den Eurofighter

In Halle 2 auf dem Gelände des Berlin ExpoCenter Airport zeigte Diehl Defence denn auch sein ganzes Leistungsvermögen bei modernen Lenkflugkörper-Lösungen für Luftwaffen und Marinestreitkräfte, darunter ein Modell des bodengebundenen Luftverteidigungssystems IRIS-T SLM.

Erstmals ausgestellt wurden auch der lasergelenkte Sidewinder-Flugkörper (LaGS: Laser-Guided-Sidewinder), der sich noch in der Entwicklung befindet, und der Gleitflugkörper-Prototyp PILUM, eine zielgerichtete Weiterentwicklung der Gleitflugkörper-Demonstrator-Programme. Sowohl LaGS als auch PILUM könnten nach Ansicht der Überlinger Experten einen wirkungsvollen Beitrag zur Mehrrollenfähigkeit des Eurofighter-Kampfflugzeuges leisten.

In ihrem Messeschaufenster in Berlin hatte die Diehl Defence Holding außerdem ausgestellt: laserblasierte Technologie zur Selbstverteidigung militärischer Flugzeuge gegen Lenkflugkörper-Angriffe, moderne Flares, das taktische Aufklärungssystem CAMCOPTER sowie das Luftkampf-Trainingssystem Flugprofilrecorder (FPR) für Kampfflugzeuge.

Volle Kompatibilität zur Sidewinder-Waffenstation

Mit ihrer Produktentwicklung LaGS reagiert Diehl Defence nach eigenen Angaben auf das Interesse „verschiedener Luftstreitkräfte an einer leichten Luft-Boden-Lenkwaffe für die punktzielgenaue Bekämpfung kleiner, nur schwach gepanzerter Ziele“. Diese Bekämpfung kleiner mobiler Ziele erfordert nach Ansicht von Diehl eine angepasste Bewaffnung – reduzierte Sprengkraft durch einen kleinen Gefechtskopf, höchste Treffergenauigkeit durch Punktziel-Bekämpfung sowie „größtmögliche Vermeidung von Begleitschäden“.

Der von dem süddeutschen Unternehmen entwickelte Laser-Guided Sidewinder ist ein auf Basis der Sidewinder-AIM-9L-Familie angepasster Luft-Luft-Lenkflugkörper für den Luft/Boden-Einsatz. LaGS bedeutet, dass mit dem weltweit bewährten Lenkflugkörper Luft-Boden-Einsätze ohne erheblichen Kostenaufwand durchgeführt werden können, da das System nicht im Kampfflugzeug neu integrieren werden muss. Es wird lediglich der Infrarotsuchkopf im Lenk- und Steuerteil des Originalflugkörpers durch einen Semi Active Laser (SAL)-Suchkopf ersetzt. Beim SAL-Sucher-Konzept wird das Ziel mit einem Laser-Designator (Eigen- oder Fremdbeleuchtung) markiert, und der SAL-Sucher lenkt den Flugkörper selbstständig in das laserbeleuchtete Ziel. Die Treffgenauigkeit von LaGS ermöglicht den Luftfahrzeugbesatzungen eine Bekämpfung von Bodenzielen bis zur Kategorie „leicht gepanzert“ in den Rollen Luft/Boden, Close Air Support (CAS) und Urban Close Air Support (UCAS).

Über seine LaGS-Entwicklung sagt Diehl Defence: „Mit der geplanten Modifikation des bestehenden Lenkflugkörpers wird in kürzester Zeit ein neues qualifiziertes Produkt erzeugt. Abmessungen, Gewicht, Schwerpunkt und Trägheitsmomente des Lenkflugkörpers bleiben unverändert. Auch die Schnittstellen zur Abschussvorrichtung und zum Flugzeug einschließlich der Software werden nicht verändert, so dass LaGS volle Kompatibilität zur Sidewinder-Waffenstation aufweisen wird.“

Gleiten, manövrieren und präzise treffen

Das Allwetter- und mehrzweckfähige Gleitflugkörper-System PILUM ist die Weiterentwicklung der Gleitflugkörper-Demonstratorprogramme. Ende 2008 stellte ein HOPE-Prototyp von Diehl Defence in einer Testkampagne des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung erstmals seine volle Leistungsfähigkeit unter Beweis. Abgeworfen wurde der Gleitflugkörper von einem Tornado der deutschen Luftwaffe. Nach einem erfolgreichen Marsch- und Ziel-Endanflug bewies der Gleitflugkörper mit einem Direkttreffer gegen ein Erdziel seine außerordentliche Zielpräzision.

Im Rahmen dieses Programms hat Diehl Defence nun eine Zelle, einen Gleitflügelsatz sowie eine modulare Navigations- und Autopiloten-Plattform entwickelt. Die Lenk- und Steuereinheit von PILUM basiert auf einem militärischen GPS-Empfänger, der mit inertialen Messsensoren gekoppelt ist. Diese Module werden mit dem bereits genutzten „Dual Band“-Suchkopf (im sichtbaren und infraroten Spektralbereich) des Spice-1000-Gleitflugkörpers der israelischen Firma Rafael kombiniert. Dessen Software erlaubt – wie es heißt – „einzigartige Präzision im Ziel-Endanflug“. Dabei stellt die Navigations- und Autopilotenplattform eine allwetterfähige Marschflugphase des PILUM-Gleitflugkörpers sicher. Für die Zusammenarbeit im Rahmen des PILUM-Programms haben Rafael und Diehl Defence im Juni 2010 ein sogenanntes Teaming-Agreement unterzeichnet.

PILUM deckt nach Auskunft von Diehl aufgrund seiner Gleiteigenschaften und Manövrierfähigkeit ein bislang nicht erreichtes breites Spektrum an Zielen und Bekämpfungs-Missionen ab. Eingesetzt werden soll das System im Bereich kurzer bis mittlerer Reichweiten (bis über 100 Kilometer). Für eine Optimierung der Waffensystemintegration in den Eurofighter ist eine weitestgehende Nutzung bereits vorhandener Schnittstellen vorgesehen.

Kompakt                                            

Die Diehl-Unternehmensgruppe besteht aus den fünf Teilkonzernen Diehl Aerosystems, Diehl Controls, Diehl Defence, Diehl Metall und Diehl Metering. Die Produktpalette umfasst Wehrtechnik, Luftfahrtausrüstung, elektronische Steuerungssysteme und Messgeräte.

Der Teilkonzern Diehl Defence bündelt die Geschäftsaktivitäten der Diehl-Gruppe in den Bereichen „Sicherheit“ und „Verteidigung“. Als Führungsgesellschaft steuert Diehl Defence zahlreiche Tochterunternehmen, Programm- und Beteiligungsgesellschaften. Hergestellt werden beispielsweise hochpräzise Lenkflugkörper für Heer, Luftwaffe und Marine, intelligente Munitionslösungen oder innovativen Aufklärungs- und Schutzsysteme. Auch bei der Ausrüstung, Instandsetzung und Modernisierung militärischer Fahrzeuge zählt Diehl Defence zu den weltweit führenden Anbietern. Zum Teilkonzern Diehl Defence gehören eine ganze Reihe von Gesellschaften – unter anderem Diehl BGT Defence, Defence Land Systems, Diehl Raytheon Missile System, AIM Infrarot-Module, EuroSpike oder Junghans Microtec.

Unter dem Dach des Teilkonzerns Diehl Aerosystems sind alle Luftfahrtaktivitäten der Diehl-Gruppe gebündelt. Aerosystems vereint die vier Unternehmenseinheiten Diehl Aerospace, Diehl Aircabin, Diehl Comfort Modules und Diehl Service Modules. Der Teilkonzern ist ein Zulieferer der ersten Ebene – als „First Tier Supplier“ für Avionik und Kabinenintegration ein wichtiger Partner der internationalen Luftfahrtindustrie. Zu den Kunden zählen große Flugzeughersteller wie Airbus und Boeing sowie Hersteller von Militärprogrammen wie dem Tornado, Eurofighter und A400M.



Zu Unseren Bildern

1. Am ILA-Messestand von Diehl – im Vordergrund der Kurzstrecken-Lenkflugkörper IRIS-T.
(Foto: Hans Scherhaufer/Messe Berlin)

2. Pressekonferenz von Diehl Aerospace und Diehl Defence.
(Foto: Dewitz)

3. Computerdarstellung der aktuellen LaGS-Entwicklung.
(Bild: Diehl Defence)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN