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Berlin/Stadtallendorf. Trotz einer nebulösen Zukunft – der Bund bleibt dabei, die Hessen-Kaserne in Stadtallendorf neu in Dienst stellen zu wollen. Jedoch fehlt es bis jetzt an einem glaubwürdigen Zeitplan. Vor allem steht immer noch die Entscheidung aus, welche Einheiten letztendlich in die Militäranlage einziehen sollen. Mit dem Stationierungskonzept vom Oktober 2011 waren die Dienstposten am Standort Stadtallendorf von 1400 auf 900 reduziert worden. Damit verbunden war die Planung zur Aufgabe der Hessen-Kaserne bis 2018. Im Zuge einer Evaluierung des Stationierungskonzepts der Bundeswehr soll die Hessen-Kaserne, die sich in unmittelbarer Nähe zur Herrenwald-Kaserne befindet, erhalten bleiben. Jetzt fragte der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Heck, in dessen Wahlkreis Stadtallendorf liegt, nach …

Heck wollte von der Bundesregierung beziehungsweise vom Wehrressort wissen: „Wann werden die maroden Liegenschaften der Bundeswehr am Standort der Hessen-Kaserne in Stadtallendorf abgerissen, um die Grundlage für die Neubauten am gleichen Standort zu schaffen, und wann sollen die Neubauten abgeschlossen sein?“

Thomas Hitschler, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, schrieb am 7. Oktober in seiner Antwort an den Unionspolitiker: „Gegenwärtig gibt es noch keine konkrete Planung zur Neuerrichtung der Hessen-Kaserne. Diese [Planung] setzt ein Nutzungs- und Ausbaukonzept für die Liegenschaft voraus, welches erst nach einer endgültigen Stationierungsentscheidung erarbeitet werden kann.“ Dies alles sei erforderlich, um nun beim Bundesministerium der Finanzen Haushaltsmittel für einen Rückbau und mögliche Neubauten einzuwerben, so der Staatssekretär weiter. Hitschler erläuterte: „Für die Hessen-Kaserne sind dabei vorgreiflich noch die Fragen der Munitionsverdachtsflächen und der ganzheitlichen Neuerschließung der Liegenschaft mit Grund-/Versorgungsmedien zu klären. Von daher ist eine Terminplanung zur Neuerrichtung der Hessen-Kaserne aktuell nicht möglich.“

Kasernenflächen teilweise vermietet, der Rest der Infrastruktur „liegt brach“

Seit Anfang des Jahrtausends wird die Hessen-Kaserne militärisch nicht mehr genutzt. Letzter großer Akt war die feierliche Auflösung des dort stationierten Panzerbataillons 143 zum 30. Juni 2003. Als letzte Einheit verließ dann die ZAW-Betreuungsstelle die Kaserne (ZAW = Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung der Zeitsoldaten im Rahmen der militärfachlichen Ausbildung). Damit stand dann die 1959 eingeweihte, etwa 30 Hektar große Kaserne leer.

2016 wurden einzelne Kasernengebäude mit Millionenaufwand für eine Erstaufnahmeeinrichtung hergerichtet. Diese existierte allerdings nur kurze Zeit.

Wie es innerhalb des umzäunten Geländes der Liegenschaft „Hessen-Kaserne“ heute aussieht, schildert ein Beitrag der Oberhessischen Presse (OP) vom 10. Mai dieses Jahres. Dort lesen wir unter anderem: „Seitens der Bundeswehr liegt die Hessen-Kaserne mittlerweile vollständig brach. In den vergangenen Jahren hatte die Division Schnelle Kräfte noch einzelne Unterkunftsgebäude in der Kaserne genutzt. Das war ohnehin lediglich mit massiven Einschränkungen möglich. So war es aus Brandschutzgründen nur gestattet, Räume in den unteren Etagen dieser einstigen Unterkünfte zu nutzen. Nachdem das Heizkraftwerk der Kaserne endgültig außer Betrieb gegangen war, war zudem das Heizen nur noch mit eigens bereitgestellten Heizcontainern möglich.“

Inzwischen sollen die Gebäude komplett „entmöbliert“ worden sein, erfuhr die OP. Im früheren Technikbereich seien Unterkunftscontainer für Arbeiter einer nahen Autobahn-Baustelle aufgestellt worden und würden genutzt, so die Regionalzeitung weiter. Für die Zwischenlagerung von Bodenmaterial habe eine Bau-Arbeitsgemeinschaft zudem vom Bund Flächen auf dem Kasernengelände angemietet. Dies alles werde bis etwa Herbst 2024 ganz oder teilweise so bleiben.

Keine Rückgabe der Kaserne an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

Rückblick: Mit dem Koalitionsvertrag der Koalition aus CDU/CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages war vereinbart worden, dass vor einer endgültigen Abgabe von Bundeswehr-Liegenschaften jeweils noch einmal der zukünftige Bedarf geprüft werden solle. Zudem wurde durch die Bundesregierung festgestellt, dass die sicherheitspolitische Entwicklung der letzten Jahre eine neue Schwerpunktbildung im Bereich der Landes- und Bündnisverteidigung notwendig mache. Dies hatte zugleich ein neues Fähigkeitsprofil für die deutschen Streitkräfte zur Folge.

In diesem Zusammenhang wurde auch die ursprünglich geplante Schließung der Hessen-Kaserne hinterfragt.

Am 30. August 2019 gab der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, dann in einem Tagesbefehl bekannt, dass die Kaserne erhalten bleiben und auch künftig durch die Truppe genutzt werden solle. In dem Tagesbefehl heißt es unter anderem: „Die Liegenschaft ,Hessen-Kaserne‘ in Stadtallendorf wird auch künftig für die Zwecke der Bundeswehr benötigt und demzufolge nicht an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zurückgegeben. Mit momentanem Planungstand ist die ,Hessen-Kaserne‘ zur Aufnahme von Kräften der Organisationsbereiche Heer und Zentraler Sanitätsdienst der Bundeswehr vorgesehen. Darüber hinaus werden aber auch mögliche Bedarfe weiterer Organisationsbereiche geprüft.“

Zeitgleich verkündete der damalige Parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber in Stadtallendorf, dass die Hessen-Kaserne wieder gebraucht und demnach reaktiviert werde. Rund 100 Millionen Euro, so seine damalige Aussage, sollten dafür fließen. Nur kurze Zeit später hatten sich die Zahlen bereits erhöht – es war jetzt von einem Bedarf von rund 160 Millionen Euro die Rede.

Scheidender Divisionskommandeur beantwortete zahlreiche Pressefragen

Die OP schrieb in ihrem Mai-Beitrag über die möglichen Größenordnungen der Investitionen: „Klar ist, dass alle alten Kasernengebäude abgerissen werden müssen. Außerdem muss der Bund in die Kanäle investieren, die Versorgungsleitungen sind komplett zu erneuern. Doch im Augenblick geschieht nach außen wenig bis nichts in Sachen ,Zukunft der Hessen-Kaserne‘.

Zuletzt hatte der scheidende Divisionskommandeur Generalmajor Andreas Hannemann erläutert, dass Fortschritte in der Sache an einer Entscheidung hängen. Es geht um die Gretchenfrage, welche Verbände beziehungsweise Einheiten in der Zukunft genau in der Hessen-Kaserne stationiert werden sollen. Denn danach richtet sich die komplette weitere Planung für das Areal. Auch die Frage, ob das gesamte Gelände der einstigen ,Panzerkaserne‘ gebraucht wird, ist erst dann zu beantworten.“

(Anm.: Hannemann übergab das Kommando über die Division Schnelle Kräfte, die ihren Hauptsitz in Stadtallendorf hat, am 25. März 2022 an seinen Nachfolger Brigadegeneral Dirk Faust. Am 22. April 2022 übernahm er dann die Aufgabe des Stellvertretenden Kommandeurs des I. Deutsch-Niederländische Korps in Münster.)


Kompakt                           

Die Hessen-Kaserne in Stadtallendorf nahe Marburg hat eine Gesamtfläche von rund 30 Hektar. Sie entstand auf dem Gelände des ehemaligen Sprengstoffwerks der Westfälisch-Anhaltischen Sprengstoff-Actien-Gesellschaft (WASAG). Die WASAG produzierte während des Zweiten Weltkriegs im Auftrag des Oberkommandos der Marine Hexyl für die Munitionsherstellung.

Die Kaserne wurde 1959 an die Bundeswehr übergeben und beherbergte bis 2003 hauptsächlich Panzereinheiten. Sie befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Herrenwald-Kaserne, dem Standort des Stabes der Division Schnelle Kräfte, kurz DSK.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Luftbildaufnahme von der Hessen-Kaserne in Stadtallendorf, die von der Bevölkerung nur „Panzerkaserne“ genannt wird.
(Bild: nr)

2. Rund 100 Millionen Euro (die Rede ist sogar von etwa 160 Millionen Euro) will der Bund in den kommenden Jahren aufwenden, um die zum überwiegenden Teil im Dornröschenschlaf liegende Hessen-Kaserne wieder in Betrieb nehmen zu können.
(Bild: nr)

3. Die historische Aufnahme aus dem Jahr 1961 entstand bei einen feierlichen Kommandeurwechsel beim Panzerbataillon 63 (aufgelöst am 31. Dezember 2002). Zu sehen ist der Vorbeimarsch des Bataillons mit seinen Kampfpanzern M48A2 auf der damals neuen Panzerstraße zwischen Herrenwald-Kaserne und Hessen-Kaserne.
(Bild: Pressestelle 2. PzGrenDiv/Bundeswehr).


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