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Berlin. Ende März wurde bekannt, dass im Zuge einer großangelegten Durchsuchungsaktion der bayerischen Polizei mehrere Männer identifiziert werden konnten, die offenbar Anschläge auf Freileitungsmasten großer Stromtrassen geplant hatten. Im Rahmen der Durchsuchung wurde eine große Menge Schusswaffen – darunter 21 Kurz- und 54 Langwaffen – sowie Munition sichergestellt. Unter anderem berichtete der Bayerische Rundfunk. Jetzt wandten sich die Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut, Nicole Gohlke und Martina Renner (die Linke) mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung. Sie schreiben in ihrer Vorbemerkung: „Nicht erst seit den Ermittlungen zu der zeitweilig unter Rechtsterrorverdacht stehenden Gruppierung ,Nordkreuz‘ aus Mecklenburg-Vorpommern ist bekannt, dass Teile der extremen Rechten sich auf ein ,Tag-X-Szenario‘ vorbereiten“.

Sogenannte „Tag X“-Szenarien gehören nach Angaben der Bundesregierung „zu den gängigen Narrativen von Rechtsextremisten“. In der Coronavirus-Pandemie und mit den als repressiv wahrgenommenen Auflagen hätten diese Szenarien an Relevanz gewonnen, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Linke.

Die Bundesregierung führt weiter aus: „Insbesondere in Diskussionen auf Messenger-Diensten kann die Thematisierung von ,Tag X‘-Szenarien festgestellt werden. Diese umfassen Überlegungen über den Sturz der Regierung sowie der parlamentarischen Demokratie als Staatsform durch Entführungen und ,Verhaftungen‘ von politischen Entscheidungsträgern.“

Darüber hinaus würden in diesem Zusammenhang die Erstürmung des Reichstagsgebäudes in Berlin oder anderer politischer Einrichtungen sowie die Besetzung von Medienhäusern diskutiert, so die Regierung. Thematisiert werde in Einzelfällen in Chat-Gruppen auf Messenger-Diensten auch die Sabotage von Kritischer Infrastruktur (KRITIS) als „Modus Operandi“ für „Tag X“-Szenarien.

Gedankenspiele auch unter „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“

Zum Themenfeld „Tag X“-Szenarien und „Antisemitismus“ äußert sich die Bundesregierung ebenfalls. In ihrer Antwort heißt es dazu: „,Tag X‘-Szenarien spielen vor allem unter rechts-extremistischen und antisemitischen Influencern eine Rolle. So lassen sich bei diversen Akteuren Bezugnahmen auf entsprechende Szenarien in verschiedenen Ausprägungen feststellen.“

Im Phänomenbereich „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ würden ebenfalls Diskussionen zu etwaigen Szenarien geführt, die im Zusammenhang mit einem „Tag X“ stehen. Darüber hinaus seien den Verfassungsschutzbehörden vereinzelt Anhaltspunkte für Planungen von „Tag X“-Szenarien bekannt geworden.

Noch keine konkrete Gefährdung von Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur

Auf die Frage der Linken, wie die Bundesregierung derzeit die Gefahr von Anschlägen auf Kritische Infrastruktur in Deutschland durch extrem rechte Gruppierungen insgesamt einschätze, teilte diese mit: „Dem Bundeskriminalamt als der hierfür zuständigen Bundesbehörde liegen aktuell keine gefährdungsrelevanten Erkenntnisse vor, die auf eine konkrete Gefährdung von Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur durch Personen oder Gruppierungen, die dem Phänomenbereich der Politisch motivierte Kriminalität/PMK – rechts – zuzuordnen sind, hindeuten.“

Kritische Infrastrukturen würden grundsätzlich einer abstrakten Gefährdung unterliegen, da Angriffe beziehungsweise Anschläge gegen entsprechende Einrichtungen in besonderer Weise negative Auswirkungen haben dürften, so die Regierungsantwort weiter. „Nicht zuletzt im Hinblick auf Schadenshöhe, Schadensausmaß, zu erwartende Versorgungsengpässe sowie die empfindliche Störung des Sicherheitsgefühls in der Bevölkerung [dürften die Kritischen Infrastrukturen deswegen] aus Tätersicht lohnenswerte Ziele darstellen.“

Es sei daher aus kriminologischer Sicht naheliegend, dass es auch innerhalb des Personenspektrums der PMK – rechts – Überlegungen und Gedankenspiele in Bezug auf verschiedene Szenarien zur Schädigung von Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur geben könnte.


Hintergrund                           

Kritische Infrastrukturen – offizielle Abkürzung KRITIS – sind nach einer Definition des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) „Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden“.

Die Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen – KRITIS-Strategie – aus dem Jahr 2009 definiert dazu neun KRITIS-Sektoren:
Energie;
Gesundheit;
Informationstechnik und Telekommunikation;
Transport und Verkehr;
Medien und Kultur;
Wasser;
Finanz- und Versicherungswesen;
Ernährung;
Staat und Verwaltung.


Zu unserem Bildmaterial: Symbolaufnahme „Kritische Infrastruktur Energie“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: Albrecht Fietz/unter Pixabay License = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich; grafische Bearbeitung: mediakompakt)


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