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Koblenz/Eckernförde/Berne. Die Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) in Eckernförde soll bald zwei neue Messboote bekommen. Dazu hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung am heutigen Donnerstag (22. Juli) einen Vertrag mit der im niedersächsischen Berne ansässigen Firma Fassmer GmbH & Co. KG geschlossen. Als Erprobungsstelle verfügt die WTD 71 über insgesamt neun Seefahrzeuge mit speziellen Fähigkeiten. Durch das nun eingeleitete Beschaffungsvorhaben werden die Mehrzweckboote der Klasse 745 „Breitgrund“ und „Mittelgrund“ nach 32 Jahren ersetzt. Nach 55 Jahren ist auch das Dienstzeitende für das Sperrwaffenversuchsboot der Klasse 741 „Wilhelm Pullwer“ gekommen.

Bei den zwei neuen Booten – offizielle Bezeichnung „Messboote Seeversuche Küste“ – handelt es sich um baugleiche, nach zivilem Standard konstruierte und für die besonderen Anforderungen wehrtechnischer Erprobungen modifizierte Einheiten.

Thomas Wallner, zuständiger Projektleiter bei der WTD 71, sagte nach dem Vertragsschluss: „Unsere Dienststelle freut sich auf die in 2023 zulaufenden neuen Schiffe mit ihrer modernen und zeitgemäßen Ausstattung, die dann die nächsten 30 Jahre der weithin sichtbare Ausdruck wehrtechnischer Untersuchungen und Erprobungen in der Eckernförder Bucht sein werden.“

Torpedo-Erprobungen, Begleitung von Ubooten und Tauchereinsätze

Das Konzept des Mehrzweckbootes soll nach den Vorstellungen der WTD 71 die Ausstattung zur Aufgabenerfüllung „einfach, flexibel und individuell an den jeweiligen Auftrag und Erprobungszweck anpassen und somit stets eine zielgerichtete Konfiguration der Fähigkeiten des Bootes herstellen“ können.

Die neuen Messboote sollen unter anderem das Absichern und Bergen von Torpedos im Rahmen von Erprobungen, die Begleitung von Ubooten bei der Flachwassererprobung, den Einsatz autonomer Unterwasserfahrzeuge sowie die Tauchereinsätze im Rahmen von wehrtechnischen Untersuchungen von Tauchgeräten und Ausstattungen unterstützen.

Wichtigster Marine- und Wehrtechnikstandort Deutschlands

Auf die Kosten für die beiden neuen Messboote geht die Pressemitteilung des BAAINBw nicht ein. Im März vergangenen Jahres schrieb aber die Eckernförder Zeitung, dass massiv in die WTD 71 investiert werden soll. In dem Beitrag hieß es unter anderem: „In den nächsten Jahren kommen sechs neue Boote für 183 Millionen Euro, und einen neuen Torpedoschießstand für über 100 Millionen Euro gibt es auch.“

Dass Eckernförde zu einem der größten und wichtigsten Marine- und Wehrtechnikstandorte Deutschlands ausgebaut werden soll, war schon mehrfach Thema der regionalen Presse. So berichteten die Tageszeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages (shz) im Juli 2020, der Bund wolle bis zum Jahr 2035 weitere rund 400 Millionen Euro in die Preußer-Kaserne im Stadtteil Eckernförde-Grasholz investieren, die Anzahl der militärischen und zivilen Dienstposten solle von 3000 auf 4000 steigen.


Kompakt                                  

Die WTD 71 gehört zum Geschäftsbereich des Koblenzer BAAINBw. Die Dienststelle bearbeitet Aufgaben in allen Bereichen der maritimen Wehrtechnik und Wehrforschung. Sie stellt die fachliche Expertise im Bereich der maritimen Forschung und Entwicklung bereit, die zur Ausstattung der Bundeswehr mit geeigneter und sicherer maritimer Ausrüstung notwendig ist. Die WTD 71 ist zugleich als Bundeseinrichtung mit Ressortforschungsaufgaben die zentrale technisch-wissenschaftliche Kapazität im Bereich der Marinerüstung.

Ziel aller Aktivitäten ist es, der Deutschen Marine betriebssichere und funktionsfähige Geräte, Systeme, Boote und Schiffe zur Verfügung zu stellen. Die WTD 71 bildet mit ihrem Fähigkeitsverbund aus Fachexpertise, maritimer wissenschaftlicher Kompetenz, Methodenkenntnis sowie technischer und wissenschaftlicher Versuchs- und Vermessungsinfrastruktur das Bindeglied zwischen den Produkten (Gesamtsystem „Schiff“, den Anteilen „Plattformsystem“ und „Einsatzsystem“, Anlagen, Einzelgeräten, Ausrüstung), den militärischen Fähigkeitsanforderungen, dem Projektmanagement im BAAINBw sowie der wehrtechnischen Industrie und den externen wissenschaftlichen Einrichtungen.

Die WTD 71 unterstützt alle Projekte der maritimen Rüstung sowohl Überwasser als auch Unterwasser (Mehrzweckkampfschiff Klasse 180, Fregatte Klasse 125, Umrüstvorhaben Fregatte Klasse 124, Fähigkeitsanpassung Fregatte Klasse 123, Ergänzungsbeschaffung Korvetten der Klasse 130, Uboote der Klasse 212A CD).

Die WTD 71 arbeitet auch nach der Einführung der Wehrtechnik für die Marine. Dazu einige Beispiele:
Durchführung praktischer schiffbaulicher/schiffstechnischer Untersuchungen;
Langzeituntersuchungen, um gegebenenfalls rechtzeitig auf mögliche Schadensereignissen hinzuweisen und die Betriebserlaubnis aufrechtzuerhalten;
Durchführung und Auswertung von Messungen zur Schadensanalyse;
Unfalluntersuchungen und Erstellung von Sachverständigengutachten;
Untersuchungen zu Feldstärken im Oberdecksbereich zur Abschätzung von Gefährdungen durch elektromagnetische Strahlung;
akustische und/oder magnetische Vermessungen von Einheiten der Marine und Behandlung von Komponenten und Anlagen zur Einrüstung auf besonders gefährdeten Einheiten;
Unterstützung der Marine bei der einsatzbezogenen Ausbildung von Schiffsbesatzungen in den Bereichen „Elektronischer Kampf“ und „Anti-Ship-Missile-Defence“ (ASMD).

Die WTD 71 führt eigene experimentelle und analytische Untersuchungen an maritimem Wehrmaterial durch. Insbesondere werden auch Herstellbarkeit, Eignung und Leistungsfähigkeit von Geräten und Systemen unter maritimen Umweltbedingungen untersucht.

Die WTD 71 verfügt über eine Reihe von zum Teil einzigartigen Mess- und Prüfeinrichtungen:
Messstellen für magnetische Vermessung und Behandlung von Schiffen und Komponenten mit Großfeldsimulator für Schiffe bis etwa 1000 Tonnen Verdrängung;
Erdmagnetfeldsimulator;
Messstellen zur Bestimmung der akustischen Signatur in Flach- und Tiefwasser;
Versuchsgebiet für Unterwassersprengungen;
Torpedoschießstand und -bahn;
Schiffstechnische Prüfstände;
Erprobungsplätze für Luftziel-, Seeziel- und Geschosserprobung;
Horizontal- und Vertikalschock-Prüfanlagen (mit bis zu drei Tonnen Nennlast).

Das „Maritime Unterstützungszentrum“ (MUZ) stellt unterschiedliche Plattformen für maritime Grundlagenforschung, technische Erprobungen und Abnahmen auf See zur Verfügung, darunter das Forschungsschiff Klasse 751 „Planet“. Auch die alten Mehrzweckboote der Klasse 745 und das Sperrwaffenversuchsboot der Klasse 741 „Wilhelm Pullwer“ gehören zum MUZ-Pool. Hier werden auch die im Jahr 2023 zulaufenden beiden neuen Messboote beheimatet sein.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Grafische Darstellung des neuen Messbootes, Steuerbordseite.
(Bild: Fassmer GmbH & Co. KG)

2. Soll ersetzt werden: Mehrzweckboot der Klasse 745 „Mittelgrund“. Indienststellung der „Mittelgrund“ war am 21. September 1989.
(Foto: Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 4.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)


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