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Berlin/Koblenz. In Deutschland sind jedes Jahr etwa 27,8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen. Das entspricht rund 17,8 Millionen Menschen, von denen pro Jahr lediglich 18,9 Prozent professionelle Hilfe suchen. Diese Basisdaten der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde – kurz DGPPN – stammen vom Oktober 2020 und sind demnach hochaktuell. Zu den häufigsten Erkrankungen zählen laut DGPPN Angststörungen (15,4 Prozent), gefolgt von affektiven Störungen (9,8 Prozent, unipolare Depression allein 8,2 Prozent) und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentenkonsum (5,7 Prozent). Die Bundeswehr – ein Querschnitt unserer Gesellschaft – dürfte im Verhältnis zu ihrem Personalumfang ähnliche Prozentzahlen aufweisen.

Eine Initiative der Katholischen Familienstiftung für Soldaten (KFS) und der Deutschen Härtefallstiftung (DHS) will künftig der Betreuung von Kindern psychisch kranker Bundeswehrangehöriger eine erhöhte Aufmerksam zu schenken. Dazu wurde das Projekt „Mutmacher – stark für Bundeswehrfamilien“ ins Leben gerufen.

Als ersten Schritt erhalten Behandlungseinrichtungen des Sanitätsdienstes jetzt 18 Pakete mit jeweils 15 Fachbüchern zur Arbeit mit Betroffenen und Angehörigen in den Krankheitsbildern „Angst“ und „Depression“. Die Buchübergabe fand am heutigen Freitag (16. April) statt. Der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt Dr. Ulrich Baumgärtner, nahm die Literatur stellvertretend für die Bundeswehr in Empfang.

Enges soziales Umfeld leidet unter der Erkrankung und ihren Folgen mit

In einer Erklärung des Presse- und Informationszentrums des Sanitätsdienstes heißt es: „Das Projekt soll in den nächsten Jahren ein ergänzendes Angebot darstellen, das die Arbeit mit Angehörigen in den Mittelpunkt stellt. Eine Besonderheit psychischer Erkrankungen ist, dass gerade das nähere soziale Umfeld in ausgeprägtem Maße mit unter der Erkrankung und ihren Folgen leidet, so dass eine enge Wechselbeziehung zwischen den Betroffenen und ihrem Umfeld besteht. Ohne diese Interaktion zu berücksichtigen, ist eine Heilung nicht möglich.“

Die Schirmherrschaft über das Vorhaben ist von den beiden Bundestagsabgeordneten Gisela Manderla (CDU) und Karl-Heinz Brunner (SPD) übernommen worden. Manderla und Brunner sind Mitglieder des Verteidigungsausschusses.

Betroffene und ihre Familien „gut auffangen und betreuen“

Die CDU-Politikerin sagte bei der Buchübergabe: „Das Projekt ,Mutmacher‘ soll in der Zukunft einen Beitrag dazu leisten, dass Angehörige der Streitkräfte, die in Ausübung ihres Dienstes oder auch in allgemeinen Lebenslagen besondere psychische Belastungen durchleben mussten, gut aufgefangen und betreut werden, wobei in diese Fürsorge auch ihre Partner und Kinder mit eingebunden werden.“

Brunner ergänzte: „Ich hoffe, dass die Krankheitsbilder, um die es bei ,Mutmacher‘ geht, mehr zu einer Selbstverständlichkeit in der Gesellschaft werden.“ Menschen oder Familien, die mit psychosozialen Probleme zu kämpfen hätten, müssten als Teil der gesellschaftlichen Realität wahrgenommen werden – ihnen müsse man Hilfe zukommen lassen, so der Sozialdemokrat.

Zusammenarbeit von Sanitätsdienst, Psychotraumazentrum und Stiftungen

Generaloberstabsarzt Baumgärtner würdigte das Engagement der KFS und der DHS bei dem Projekt: „Die Zusammenarbeit der zwei Stiftungen mit dem Sanitätsdienst der Bundewehr und dem Psychotraumazentrum am Bundeswehrkrankenhaus Berlin zeigt, welch hohen Stellenwert gerade die psychische Betreuung unserer Soldaten und Soldatenfamilien hat.“

Im nächsten Schritt wollen die Stiftungen ein eigenes Buch herausgeben, das speziell auf die Bedürfnisse von Angehörigen von Soldaten zugeschnitten sein soll.

Die DGPPN weist mit Nachdruck darauf hin, dass psychische Erkrankungen in Deutschland nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bösartigen Neubildungen und muskuloskelettalen Erkrankungen zu den vier wichtigsten Ursachen für den Verlust gesunder Lebensjahre zählen. Menschen mit psychischen Erkrankungen hätten zudem im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung eine um zehn Jahre verringerte Lebenserwartung, so der Verein. Und noch eine erschreckende Zahl der DGPPN: 2018 haben sich in Deutschland etwa 9300 Menschen das Leben genommen – zwischen 50 Prozent und 90 Prozent der Suizide lassen sich auf eine psychische Erkrankung zurückführen.


Kompakt                           

Die Katholische Familienstiftung für Soldaten (KFS) wurde 2012 durch den Katholischen Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck „als sichtbares Zeichen für die hohe Bedeutung der Familienarbeit in der katholischen Militärseelsorge“ gegründet. Die gemeinnützige Stiftung, die ihren Sitz in Berlin hat, unterstützt durch ihre Förderung vor allem folgende drei Bereiche:
die Arbeit der Militärseelsorger in den Familien,
die lebenspraktische Familienhilfe der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (KAS) sowie
die wissenschaftliche Bearbeitung der Lebenssituation der Soldatenfamilien durch das „Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft“ an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Die Deutsche Härtefallstiftung (DHS) unterstützt Menschen, die durch den Dienst für die Bundeswehr, die ehemalige Nationale Volksarmee (NVA) oder in der Bundeswehrverwaltung eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben und dadurch in eine wirtschaftliche Notlage geraten sein könnten. Andere, besonders gelagerte Einzelfälle, kommen ebenfalls in Betracht. Gründungsdatum der in Bonn ansässigen Stiftung ist der 22. Mai 2012. An diesem Tag wurde zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V. als Träger ein entsprechender Treuhandvertrag unterzeichnet. Am 31. Juli 2015 erlangte die Deutsche Härtefallstiftung mit der Übergabe der Stiftungsurkunde durch die Bezirksregierung Köln die Rechtsfähigkeit als Stiftung des bürgerlichen Rechts.


Zu unserem Bild: Startschuss für das Projekt „Mutmacher – stark für Bundeswehrfamilien“. Als ersten Schritt erhalten Behandlungseinrichtungen des Sanitätsdienstes jetzt Fachbüchern für die Arbeit mit Betroffenen und Angehörigen in den Krankheitsbildern „Angst“ und „Depression“.


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