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Hohn. Am Mittwoch dieser Woche (15. Dezember) endete nach 53 Jahren und acht Monaten endgültig die Ära der Transall C-160D. Der Inspekteur der Deutschen Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, gestand bei einem letzten Appell im schleswig-holsteinischen Hohn: „Das ist ein besonderer Moment – voller Wehmut.“ Die Geschichte der Transall sei untrennbar mit dem Lufttransportgeschwader 63, dem LTG 63, verbunden, erklärte Gerhartz. Den angetretenen Geschwaderangehörigen sagte er: „Sie waren mit Ihrem Einsatz als ,Engel der Lüfte‘ weltweit der Hoffnungsschimmer für Menschen in Not.“ Der Mittwoch war zugleich der Tag, an dem der Luftwaffenverband außer Dienst gestellt wurde. Transall C-160 und LTG 63: ein beeindruckendes Stück Luftwaffengeschichte ist vorüber …

Das auf dem Fliegerhorst Hohn stationierte LTG 63 war mit Auflösung des Kommandos „Einsatzverbände Luftwaffe“ ab dem 1. Juli 2015 dem Luftwaffentruppenkommando in Köln-Wahn unterstellt. Die Einsatzführung der Transall-Maschinen lag dabei in der Hand der multinationalen Kommandobehörde EATC (European Air Transport Command/Europäisches Lufttransportkommando), das seinen Sitz im niederländischen Eindhoven hat.

Ab Anfang 2018 war das LTG 63 der letzte Transall-Verband unserer Luftwaffe mit insgesamt 24 C-160D. Am 23. September dieses Jahres wurden bei einem offiziellen „Fly Out“ die letzten sechs Maschinen des LTG 63 feierlich verabschiedet. Am 14. Dezember um 13 Uhr setzte mit der „50+36“ zum letzten Mal eine deutsche C-160 auf dem Fliegerhorst Hohn auf. Beim Abschiedsflug saß Oberst Markus Kleinbauer, seit dem 22. Oktober 2018 der Kommodore des Verbandes, persönlich am Steuerhorn des Fliegers. Mit seiner Landung endete die Geschichte der Transall in der Bundeswehr. Blicken wir noch einmal zurück …

Humanitäre Hilfseinsätze und Einsätze über gefährlichem Gebiet

Deutschland übernahm ab April 1968 insgesamt 110 Maschinen, wovon später 20 an die Türkei abgegeben wurden. Die Transall C-160D flog bei den Lufttransportgeschwadern 61 (Landsberg), 62 (Wunstorf), 63 (Hohn) sowie bei der Wehrtechnischen Dienststelle 61 (Manching).

Seit ihrer Einführung stand die Transall wie kein anderes fliegendes System für den nationalen und internationalen Einsatz der Deutschen Luftwaffe. Die Maschine stellte maßgeblich und zuverlässig den weltweiten und flexiblen Lufttransport der Bundeswehr im erweiterten Aufgabenspektrum sowie im Rahmen humanitärer Hilfe sicher.

Ob Erdbebenhilfe in Italien oder der Türkei, Hungerkatastrophen in Äthiopien, Sudan oder Somalia, ob Kurdenhilfe im Irak oder Evakuierungsoperationen von deutschen Staatsbürgern aus Liberia und Libyen: die Transall war stets dabei, wenn es galt, in Not geratenen Menschen zu helfen. Neben weiteren Einsätzen in Ost-Timor im Jahr 2000 sind auch die Rettungseinsätze im Inland – beispielsweise bei den Hochwassereinsätzen 1997 und 2002 – in Erinnerung geblieben.

Die Einsätze der Transall bekamen mit dem Beginn der Luftbrücke nach Sarajevo während des Bosnienkrieges (1992 bis 1995) eine neue Qualität. Waren die vorherigen Missionen noch durch friedliche Rahmenbedingungen gekennzeichnet, so sahen sich die Besatzungen bei diesen Flügen erstmals einer großen und ständigen Bedrohung durch Beschuss ausgesetzt.

In Afghanistan stellte die Transall später dann im Rahmen des ISAF-Einsatzes das Rückgrat für den taktischen Lufttransport der Bundeswehr innerhalb des Landes.

Die Transall C-160 war ein in deutsch-französischer Kooperation entwickeltes und gebautes taktisches Transportflugzeug mittlerer Größe. Aufgrund der Bauweise war es ausgezeichnet auch für den Einsatz auf Behelfsflugplätzen geeignet. Während der Nutzungsdauer wurde die deutsche Transall-Flotte den Erfordernissen eines sich ständig wandelnden Einsatzspektrums durch fortlaufende Modernisierungsprogramme – beispielsweise im Bereich der Avionik oder durch Maßnahmen zum aktiven und passiven Schutz der Maschinen – angepasst.

Abschiedstour der „50+40“ über Nord- und Süddeutschland

Ursprünglich war der große Abschied von der C-160 Transall im Rahmen des „Tages der Bundeswehr 2021“ geplant. Wegen der Coronavirus-Pandemie wurde diese Veranstaltung jedoch bundesweit abgesagt.

Stattdessen schickte die Luftwaffe eine sonderlackierte Maschine – die „Retrobrummel“ mit der Kennung „50+40“ – auf eine große Abschiedstour (Tour Nord und Tour Süd), um den zahlreichen Freunden der Transall die Gelegenheit zu geben, sich von dem „Oldie“ zu verabschieden (wir berichteten).

Oberst Kleinbauer ist stolz auf die Geschichte seines Lufttransportgeschwaders. Er sagte dem NDR: „Die Piloten haben unzählige Menschen auf der Welt geholfen und unzählige Bundeswehrangehörige sicher nach Hause gebracht. Der große Zusammenhalt hat mich immer beeindruckt.“ Es sei ihm eine große Ehre gewesen, der letzte Kommodore des LTG 63 gewesen zu sein.

Eine schreckliche Tragödie in den Weißen Bergen Kretas

Erinnert werden muss an dieser Stelle aber auch an eine der dunkelsten Stunden des Hohner Verbandes: Am 9. Februar 1975 zerschellte im Anflug auf den Flughafen Chania auf der griechischen Insel Kreta eine Transall (Kennung „50+63“, Rufzeichen DCN 8259) in den Weißen Bergen, die Lefka Ori. In dichtem Schneetreiben verloren an diesem Sonntag insgesamt 42 Soldaten ihr Leben. Unter den Flugzeuginsassen waren 35 Angehörige der 1. Staffel des Flugabwehrraketenbataillons 39 aus Süderbrarup (Kreis Schleswig-Flensburg in Schleswig-Holstein). Sie sollten auf der NATO Missile Firing Installation (NAMFI) nahe der Stadt Chania mit Hawk-Raketen den „scharfen Schuss“ üben.

An der Suchaktion nach der vermissten Maschine und den 42 Männern beteiligten sich griechische und deutsche Suchtrupps sowie Flugzeuge der 6. US-Flotte. Am Morgen des 10. Februar entdeckte schließlich ein griechischer SAR-Hubschrauber die Trümmer der Transall in fast 2000 Metern Höhe zwischen den Gebirgszügen Laki und Imalos.

Der damalige Verteidigungsminister Georg Leber sprach bei der Trauerfeier am 14. Februar auf dem Fliegerhorst Hohn vor rund 3000 Menschen vom „härtesten Schlag“, den die Bundeswehr in ihrer Geschichte bis dahin erfahren musste. Wie das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL und andere Medien später berichteten, deuteten „Indizien darauf hin, dass die 42 Toten von Kreta Opfer eines Navigations-Irrtums der Crew“ geworden waren.

Bei dem tragischen Unfall starben: Obergefreiter Helmut Andresen, Hauptgefreiter Axel Baumert, Hauptgefreiter Hans-Willi Brix, Unteroffizier Klaus Carstensen, Feldwebel Otto Dix, Feldwebel Georg Fochs, Obergefreiter Bernd Grafe, Hauptfeldwebel Klaus Hallbauer, Unteroffizier Bernd Hawen, Unteroffizier Jörg Herzog, Hauptmann Harm Hölzer, Oberstabsfeldwebel Helmut Hornig, Feldwebel Norbert Jäger, Unteroffizier Friedhelm Jensen, Oberfeldwebel Gerhard von Jentzkowski, Stabsunteroffizier Hans-Hermann Julke, Stabsunteroffizier Lutz Kaminski, Oberbrandmeister Willy Körner, Gefreiter Wilfried Kopczynski, Stabsunteroffizier Eduard Kracht, Oberfeldwebel Manfred Lück, Stabsunteroffizier Ernst Manthe, Feldwebel Erich Manthey, Gefreiter Gerd Meyer, Oberleutnant Berthold Mittler, Feldwebel Lothar Muth, Feldwebel Christian Rerup, Obergefreiter Jürgen Rollwagen, Feldwebel Wolf-Dieter Rüsch, Hauptmann Karl-Heinz Schacht, Oberst i.G. Elmar Schlottmann, Hauptgefreiter Eckhardt Schmidt, Stabsunteroffizier Hans-Peter Schmidt, Leutnant Peter Schriver, Stabsunteroffizier Hans-Niko Simonsen, Major Horst Strecke, Obergefreiter Bodo Trülsen, Oberleutnant Eberhard Weiß, Stabsunteroffizier Werner Wiesner, Feldwebel Manfred Wöhler, Hauptfeldwebel Peter Woike und Hauptfeldwebel Hans-Peter Zilligers.

Ausweichflugplatz für das Taktische Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“

Am 31. März dieses Jahres meldete der NDR, dass die künftige Nutzung des Bundeswehrflugplatzes Hohn endlich geklärt sei: Nach Angaben der Luftwaffe soll künftig eine Flugplatzstaffel dafür sorgen, dass Hohn als Ausweichflugplatz genutzt werden kann.

Die neu gegründete Flugplatzstaffel in Hohn soll nach Informationen des NDR insgesamt 60 Dienstposten umfassen und dem Taktischen Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“ in Jagel unterstellt werden. Der künftigen Betrieb als Ausweichflugplatz soll für rund 40 Stunden in der Woche sichergestellt werden – ab Januar 2022. In früheren Zeiten waren beim LTG 63 rund 1400 Menschen beschäftigt.

Die Aufgaben der Transall-Flotte übernehmen jetzt die Transportmaschinen des Typs Airbus A400M. Sie haben sich bereits bei der Evakuierungsaktion der Bundeswehr in der afghanischen Hauptstadt Kabul bewährt.

„Last Call“ – wenn ausgemusterte Transall im Museum landen

Wie die deutschsprachige Website Aerobuzz.de vor Kurzem berichtete, soll „eine überraschend große Zahl“ von Transall-Exemplaren der Bundeswehr auch in Zukunft noch zu sehen sein – nicht nur in Kasernen, sondern auch an öffentlich zugänglichen Plätzen.

Aerobuzz schreibt: „Einige Exemplare wurden von der Bundeswehr an Museen abgegeben, so beispielsweise die ,51+01‘ im Luftfahrtmuseum Wernigerode, die ,50+99‘ im Technik-Museum in Speyer, die ,50+56‘ im Militärhistorischen Museum in Berlin-Gatow und die ,50+64‘ bei der Historischen Flugwerft des Deutschen Museums in Schleißheim. Andere stehen an Flugplätzen wie die ,50+66‘ in Rotenburg (Wümme) oder die ,50+79‘, die in Zweibrücken zu einem ,Trallotel‘ umgebaut und ab 2023 als Ferienwohnung dienen wird.“

Auch der Autor dieses Beitrages verbindet mit der guten alten „Trall“ so seine Erinnerungen. Sie brachte ihn sicher zu zahlreichen Presseterminen der Bundeswehr und auch sicher in seinen Auslandseinsatz nach Skopje, Mazedonien. Dass drei Monate später auf dem Rückflug in die Heimat in großer Höhe plötzlich ein Riss in der Cockpitscheibe die Besatzung zur Notlandung in Venedig zwang, war und blieb nach überstandenem Schreck und Weiterflug nach Penzing mit einer anderen Transall nur noch eine Randnotiz. Jeder Flug mit der C-160 war stets ein besonderes Erlebnis …


Zu unserem Bildmaterial:
1. Der Inspekteur der Deutschen Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, bei der Außerdienststellung des Lufttransportgeschwaders 63 (LTG 63) am 15. Dezember 20021 in Hohn.
(Foto: Deutsche Luftwaffe via Twitter)

2. Die Truppenfahne des LTG 63 wird für immer eingerollt.
(Foto: Deutsche Luftwaffe via Twitter)

Kleines Beitragsbild: Nach einem rund zweistündigen Flug über Norddeutschland endete am 14. Dezember 2021 mit der Landung der „50+36“ um 13 Uhr auf dem Fliegerhorst Hohn die Ära des Transportflugzeugs C-160D Transall bei der Bundeswehr. Beim Abschiedsflug steuerte Oberst Markus Kleinbauer, Kommodore des LTG 63, persönlich die Maschine.
(Foto: Bundeswehr)


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