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Osnabrück/Köln-Wahn. Einst war die Zauneidechse in Deutschland überall anzutreffen. Doch der schwindende Lebensraum und ein sinkendes Nahrungsangebot brachten sie auf die regionale Rote Liste der bedrohten Tierarten. Schutz genießt die Zauneidechse inzwischen auch auf der Naturerbefläche Wahner Heide der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Die Wahner Heide wurde von 1817 bis 2004 militärisch genutzt, der Bundeswehr dienten Großteile als Standortübungsplatz Wahn. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) hat nun die Zauneidechse zum Reptil des Jahres 2020 erklärt.

„Wir freuen uns, dass die Zauneidechse auch auf der DBU-Naturerbefläche Wahner Heide vorkommt und hier einen langfristig geschützten Lebensraum vorfindet“, erklärt Susanne Belting. Sie ist Fachliche Leiterin in der DBU Naturerbe GmbH, einer gemeinnützigen Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (siehe auch hier).

Wer in der Wahner Heide aufmerksam spazieren geht, kann die seltene Zauneidechse mit etwas Glück beobachten. Bei der Entdeckungstour ist unbedingt das Wegegebot zu beachten. Denn auch der nördliche Teil des Areals, das heute die DBU-Naturerbefläche umfasst, ist als ehemaliges Militärgebiet munitionsbelastet.

Das Militär hinterlässt auf Übungsplätzen strukturreiches Offenland

Die Zauneidechse lebt heute als sogenannter „Kulturfolger“ oft dort, wo Menschen strukturreiche Landschaften mit Säumen und kleinen Elementen wie Steinmauern und Hecken schufen. „Geeignete Lebensräume finden sich beispielsweise auf ehemaligen Militärübungsplätzen wie der Wahner Heide“, weiß Sabrina Jerrentrup, Offenland-Managerin bei der DBU-Tochter. „Denn wo Soldaten einst übten, entstand oft strukturreiches Offenland.“

Die Fläche im Nationalen Naturerbe diente von 1817 bis 2004 militärischen Übungszwecken. Den südlichen Teil der Wahner Heide nutzen immer noch Bundeswehr und Bundespolizei als Standortübungsplatz. Die rund 2000 Hektar große DBU-Naturerbefläche direkt angrenzend an den Flughafen Köln/Bonn ist dagegen als Teil des Nationalen Naturerbes ausschließlich dem Naturschutz gewidmet.

In der Wahner Heide findet die kleinste Vertreterin der Smaragdeidechsen auf Sandtrockenrasen, Magerweiden und Heiden geeigneten Lebensraum. Hier führt der Flughafen Köln/Bonn Kompensationsmaßnahmen durch, um Baumaßnahmen ökologisch auszugleichen: Verschiedene Weidetierarten wie Glanrinder, Esel, Wasserbüffel und Ziegen erhalten das Offenland mit schonender Beweidung und verhindern, dass die Lebensräume der Zauneidechsen zuwachsen. „Die Weidetiere leisten so einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz“, erläutert Jerrentrup das Konzept.

Zur Tarnung passen sich die scheuen Tiere an die Umgebungsfarben an

Die Zauneidechse – Lacerta agilis (die flinke Eidechse) – benötigt laut der DBU-Managerin „ein Mosaik aus Sonnenplätzen mit Totholz, lückiger Vegetation und zudem Bäumen und Sträuchern als Versteckmöglichkeiten; ihre Eier vergräbt sie an offenen besonnten Stellen im lockeren Boden.“

Als wechselwarmes Tier nutzt die Zauneidechse die Sonne, um die eigene Körpertemperatur zu regulieren. Sind die Echsen aufgewärmt, werden sie beweglicher und schneller. Zur Tarnung sind die scheuen Tiere an die Farben in ihrer Umgebung angepasst: Mit ihrer bräunlichen Schuppenfärbung und teilweise nur angedeuteten hellen Streifen sowie dunklen Flecken auf dem Rücken schützen sie sich vor zahlreichen Fressfeinden wie etwa Turmfalken. Nur in der Paarungszeit ab Ende April färben sich die Körperseiten der Männchen nach der ersten Häutung leuchtend Grün.

Lage der Zauneidechsen könnte sich in den nächsten Jahren verschlechtern

Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT), die die Zauneidechse im Dezember vergangenen Jahres zum „Reptil des Jahres 2020“ ernannt hat, warnt ebenfalls vor dem langsamen Aussterben der Tiere, die zur Gattung der Smaragdeidechsen gehören. Dazu DGHT-Geschäftsführer Axel Kwet: „In der Roten Liste für ganz Deutschland, die sich derzeit in Überarbeitung befindet, steht die Zauneidechse noch auf der sogenannten Vorwarnliste. Das bedeutet, dass sich ihre Lage in den nächsten Jahren verschlechtern könnte.“ Auf den oft aktuelleren Roten Listen der meisten deutschen Bundesländer wird die Zauneidechse tatsächlich inzwischen bereits als gefährdet oder sogar stark gefährdet eingestuft.

Doch nicht nur die Art selbst ist streng geschützt. Da die Zauneidechse im Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union aufgelistet wird, ist es außerdem verboten, ihre Lebensräume zu beschädigen oder zu zerstören. Dennoch sind Zauneidechsen bei großen Bauvorhaben oft die Leidtragenden und geraten durch teure Abfang- und Umsiedlungsaktionen in den Blick einer kritischen Öffentlichkeit. „Anstatt solcher, nur selten erfolgversprechender Maßnahmen ist die Eingriffsvermeidung sowie Sicherung, Vergrößerung und Vernetzung vorhandener Lebensräume stets die bessere Lösung“, rät Kwet mit Nachdruck.


Zu unserem Bildmaterial: Die streng geschützte Zauneidechse – Lacerta agilis – wurde von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde zum „Reptil des Jahres 2020“ gewählt. In der Paarungszeit ab Ende April färben sich die Körperseiten der männlichen Zauneidechsen leuchtend Grün.
(Foto: Tom Kirschey/DBU – Deutsche Bundesstiftung Umwelt)

Kleines Beitragsbild: Die Wahner Heide im Mai 2008. Die DBU-Naturerbefläche diente von 1817 bis 2004 militärischen Übungszwecken. Den südlichen Teil des Geländes nutzen heute immer noch Bundeswehr und Bundespolizei zu Übungszwecken
(Foto: A. Savin/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 3.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)


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