menu +

Nachrichten



Faßberg/Niederstetten/Fritzlar/Vidsel (Schweden). Es ist eine „nutzerseitige Qualitätskontrolle“ – was sich so harmlos und bürokratisch anhört, bringt Mensch und Material an die Leistungsgrenzen. Bei zweistelligen Minustemperaturen unterzieht die Division Schnelle Kräfte (DSK) derzeit auf dem nordschwedischen Testgelände bei Vidsel zwei Kampfhubschrauber Tiger und zwei Transporthubschrauber NH90 einer „Einsatzprüfung in großer Kälte und unter extremen Wetterbedingungen“. An diesem Härtetest, der vielsagend „Arctic Trial“ heißt, nehmen rund 100 Bundeswehrangehörige teil. Etwa 200 Tonnen Material wurden für „Arctic Trial“ nach Nordschweden geschafft.

Die Maschinen für die Einsatzprüfung werden von drei Regimentern der DSK gestellt: vom Transporthubschrauberregiment 10 „Lüneburger Heide“ (Faßberg), vom Transporthubschrauberregiment 30 (Niederstetten) und vom Kampfhubschrauberregiment 36 „Kurhessen“ (Fritzlar). Soldaten und zivile Mitarbeiter aus zwölf verschiedenen Dienststellen beteiligen sich an der Extrem-Prüfung.

Die knapp zweitausend Flugkilometer von Deutschland bis zum Testgelände in Schweden haben die Crews mit ihren Hubschraubern zurückgelegt. Insgesamt sechs Wochen wird die Kälteerprobung dauern. Die fliegenden Anteile konzentrieren sich dabei auf drei Wochen.

Eine Premiere für die deutschen Heeresflieger

Der Kommandoführer des Unternehmens „Arctic Trial Vidsel 2020“, ein Oberstleutnant der DSK der anonym bleiben will, erklärte auf dem Versuchsgelände: „Für uns gilt der Grundsatz, dass am besten geeignete Material für unsere Soldaten sowie deren Auftrag zur Verfügung zu stellen.“ Hier in arktischer Umgebung könnten Hubschrauber, Bodendienstgeräte, Waffenanlagen und dazu grundsätzlich das gesamte technische Equipment der Bodencrews auf Herz und Nieren überprüft werden. Der Dezernatsleiter für den Bereich „Einsatzprüfung“, der selbst rund zehn Jahre Erfahrung als Hubschrauberpilot aufzuweisen hat, betonte die Besonderheit dieses arktischen Tests. „Es ist eine Premiere für die Heeresflieger“, so der Offizier.

Das Testgelände in Nordschweden an der Grenze zu Finnland bietet ideale Bedingungen. Zu der eisigen Witterung kommen große Schießplätze und eine gute Infrastruktur. Daher können verschiedene Erprobungen, etwa an der Sensorik der Waffen, unter realistischen Bedingungen einsatznah durchgeführt werden.

Die Heeresflieger werden bei „Arctic Trial“ die beiden Tiger und die beiden NH90 sowohl im Flugbetrieb als auch im Bereich der technischen Wartung und Instandsetzung in eisiger Umgebung austesten. Dabei wird die grundsätzliche Einsetzbarkeit der Waffensysteme bei den derzeit herrschenden extremen Witterungsbedingungen untersucht und die Leistungsfähigkeit der Waffensysteme insgesamt einer strengen Prüfung unterzogen.

Auftragserfüllung „auch in arktischer Umgebung“

Das Programm der kommenden Tage lässt allen Beteiligten nicht viel Zeit zum Ausruhen: Landungen im Tiefschnee, Fliegen mit Außenlasten, Einsatz der Rettungswinde, das Schießen mit verschieden konfigurierten Waffenanlagen am Kampfhubschrauber und weitere Aufgabenstellungen wechseln sich in rascher Folge ab.

Zu Beginn der Prüfung reiste auch Oberst Andreas Pfeifer, Stellvertreter des Divisionskommandeurs der DSK und General Flugbetrieb Heer, nach Schweden. Der Stellenwert dieser Einsatzprüfung sei für die Heeresflieger von enormer Bedeutung, erklärte Pfeifer. Denn es gelte: „Mit den Erkenntnissen aus dieser Prüfung künftig Einsatzverfahren und Weiterentwicklungen für den Einsatz der Hubschrauber wie auch unserer Soldaten in solchen Klimazonen abzustimmen und voranzutreiben.“

Der General Flugbetrieb Heer brachte es schließlich auf den Punkt: „Wir wollen sicherstellen, dass unsere Soldaten Erfahrungen in Eis und Schnee machen und auf sie zurückgreifen.“ Fliegen, Schießen und Funken zeichne die Heeresflieger aus. „Mit dieser Einsatzprüfung sollen sie zukünftig auch in arktischer Umgebung professionell ihren Auftrag erfüllen.“


Hintergrund                           

Im Sommer 24 Stunden Tageslicht, im Winter nur vier Stunden Helligkeit, Schnee von April bis November, Temperaturen von 30 Grad plus bis 35 Grad minus, stets trockene Luft und fast immer mehr als 100 Kilometer Sicht – das Versuchsgelände Vidsel in Nordschweden ist bekannt für seine extremen Witterungs- und Umweltbedingungen. Das Gebiet – auch bekannt als Vidsel Test Range – umfasst unter anderem das Raketenversuchsgelände Vidsel und die European Space and Sounding Rocket Range (Esrange). Bei Bedarf kann der dazwischen liegende Luftraum gesperrt werden, wodurch ein riesiges zusammenhängendes Testgebiet mit einer maximalen Ausdehnung von mehr als 350 Kilometern entsteht.
Alle militärischen Flugzeuge des schwedischen Militärs wurden auf dieser Basis getestet, auch ausländische Hersteller nutzen die Einrichtungen. Beispielsweise fanden hier die Kältetests für den Militärtransporter Transall C-160 und für das Kampfflugzeug Eurofighter statt.


Zu unserer Bildfolge:
1. Kälteerprobung „Arctic Trial“ – ein Transporthubschrauber NH90 landet am 23. Januar 2020 nach dem Transferflug von Deutschland nach Nordschweden auf der Vidsel Test Range.
(Foto: Marco Dorow/Bundeswehr)

2. Kampfhubschrauber Tiger und Mehrzweckhubschrauber NH90 parken nach ersten Erkundungsflügen auf dem Vidsel-Versuchsgelände. Die Aufnahme stammt vom 24. Januar 2020.
(Foto: Marco Dorow/Bundeswehr)

3. Unsere Infografik zeigt die Lage des Versuchsgeländes im Norden Schwedens an der Grenze zu Finnland. Das Hintergrundbild entstand am 29. Januar 2020. Das Heben einer Außenlast mit dem NH90 gehört mit zum Prüfprogramm der deutschen Heeresflieger auf der Vidsel Test Range.
(Foto: Marco Dorow/Bundeswehr; Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 02.20)

Kleines Beitragsbild: 23. Januar 2020 – NH90 der deutschen Heeresflieger landet auf dem schwedischen Testgelände, die Einsatzprüfung „Arctic Trial“ beginnt.
(Foto: Marco Dorow/Bundeswehr)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN