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Koblenz/Greifswald. Anscheinend unaufhaltsam bewegt sich eine gefährliche Tierseuche von Osten auf die Europäische Union zu. Es handelt sich um die Afrikanische Schweinepest (ASP). Sie grassiert seit 2007 in Russland und ist nun auch über die deutsch-polnische Grenze weiter nach Westen vorgedrungen. Neben Hausschweinen sind auch Wildschweine von der Virusinfektion betroffen. Im September dieses Jahres wurde das erste infizierte Wildschwein in Deutschland entdeckt. Mit zwei Funden vom 31. Oktober in Sachsen und in Brandenburg sind mittlerweile zwei Übungsplätze der Bundeswehr direkt betroffen.

Der Erstbefund der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen, das seinen Sitz in Dresden hat, ist inzwischen vom nationalen Referenzlabor für die Afrikanische Schweinepest bestätigt worden. Dieses Labor befindet sich am Friedrich-Loeffler-Institut Greifswald/Insel Riems, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.

Das im Landkreis Görlitz erlegte Tier trug den ASP-Erreger in sich. Auch außerhalb des brandenburgischen Gebietes, in dem die Tierseuche zuerst auftrat, wurden nun weitere Funde bestätigt.

Schwere Allgemeinerkrankungen bei Haus- und Wildschweinen

Die Afrikanische Schweinepest stellt nach Auskunft des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) für Menschen oder für andere Haus- und Wildtiere keine Gefahr dar. Das Virus wird direkt über Tierkontakte, die Aufnahme infizierten Materials oder indirekt – beispielsweise über kontaminierte Werkzeuge oder Transportfahrzeuge – übertragen. Die Übertragung durch Lederzecken, die vor allem in Afrika eine Rolle spielt, ist in unseren Breiten bedeutungslos.

Der Virusstamm, der in Russland nachgewiesen wurde, verursacht bei Haus- und Wildschweinen schwere Allgemeinerkrankung, an der in der Regel 100 Prozent der betroffenen Tiere binnen zehn Tagen zugrunde gehen. Dr. Sandra Blome und Dr. Martin Beer, Mitarbeiter am FLI, über die klinischen Anzeichen nach einer Übertragung: „Die klinischen Anzeichen sind häufig unspezifisch und umfassen hohes Fieber, Futterverweigerung, Atemprobleme, Diarrhoe, Blaufärbung der Haut, Festliegen und plötzliche Todesfälle. Trächtige Sauen können verferkeln. In wenigen Fällen wurden auch schwere Blutungen beobachtet.“ Blome und Beer erklären außerdem: „Das Virus der ASP ist äußerst stabil und wird insbesondere effizient über Blut übertragen. Ohne Blut ist die Ansteckungsfähigkeit moderat, so dass es nicht zu einer explosionsartigen Ausbreitung in einem Bestand kommen muss.“

Ausgehend von einem einzelnen Tier, das sich eventuell über Speisereste infiziert hat, könne es 14 Tage dauern, bis der gesamte Schweinebestand auffällig werde, so die beiden Wissenschaftler. Die unspezifischen Symptome und das Auftreten zum Teil schwerer Sekundärinfektionen seien hauptsächlich dafür verantwortlich, dass die ASP-Erkrankung unter Umständen erst spät diagnostiziert werde. Bislang gibt es für die Schweine keinen Impfstoff gegen die ASP.

Im FLI-Internetauftritt wird auch erklärt, was im Ernstfall zu tun ist: „Sollte die Seuche nach Deutschland eingeschleppt werden, erfolgt die Bekämpfung nach Maßgabe der Verordnung zum Schutz gegen Schweinepest und ASP. Zu den Maßnahmen gehören die Errichtung von Sperrbezirken, die Keulung betroffener Bestände und strenge Transport- und Handelsbeschränkungen. Eine Einschleppung der Seuche hätte verheerende Auswirkungen auf die deutsche Schweineindustrie.“

Truppenübungsplatz Oberlausitz – östlicher Bereich geschlossen

Nach Mitteilung des Presse- und Informationszentrums des Sanitätsdienstes befindet sich der Ort, an dem vor wenigen Tagen das mit dem ASP-Erreger infizierte Wildschwein erlegt wurde, im sächsischen Landkreis Görlitz nahe der Ortschaft Pechern und damit in unmittelbarer Nähe zum Truppenübungsplatz Oberlausitz.

Im ostwärtigen Teil des Truppenübungsplatzes gibt es deshalb seit dem 1. November keinen Übungsbetrieb mehr. Dieser Teil des Übungsareals liegt sowohl im gefährdeten Gebiet, als auch in der angrenzenden Pufferzone. Zusätzlich wird dieser Teil nun eingezäunt und nach verendeten Wildschweinen abgesucht. Bei der bis Ende Oktober im Ostteil des Geländes stationierten übenden Truppe wurden zusätzliche Maßnahmen zur Desinfektion von Material und Fahrzeugen angewiesen. ABC-Abwehrkräfte haben diese Maßnahmen unterstützt.

Standortübungsplatz Storkow – Bewegungsfreiheit bereits eingeschränkt

Beim zweiten Fundort mehrerer ASP-positiver toter Wildschweine im brandenburgischen Klein-Briesen ist der Standortübungsplatz Storkow betroffen. Nachdem sich die Tierseuche nun schon nachweislich über das Kerngebiet hinaus verbreitet hat, wurden die Schutzzonen um die Funde angepasst. Das bedeutet, dass die laut der Schweinepestverordnung auszuweisende Pufferzone nun bis in den Standortübungsplatz hineinreicht.

Momentan kommt es hier nach Auskunft des Sanitätsdienstes noch nicht zu wesentlichen Einschränkungen im Übungsbetrieb. Allerdings sind für land- und forstwirtschaftliche Flächen Betretungsverbote verfügt und die verstärkte Fallwildsuche angewiesen worden. Die Bewegungsfreiheit für Übungsvorhaben ist somit in diesen Bereichen eingeschränkt.

Krisenstäbe in allen betroffenen Landkreisen eingerichtet

Im Kampf gegen die ASP sind inzwischen zahlreiche Stellen und Ebenen beteiligt: von der Unterabteilung „Veterinärwesen“ im Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr über die Überwachungsstelle für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes Ost, die Landeskommandos Brandenburg und Sachsen, die Bundesforstverwaltung, die ABC-Abwehrtruppe bis hin zu den Landesveterinärbehörden.

In allen betroffenen Landkreisen wurden Krisenstäbe gebildet. Für die betroffenen Gebiete wurden zudem die Anweisungen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Tierseuchen angepasst. Ein Merkblatt informiert nun Bundeswehrangehörige über die einzelnen Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest.

Oberstveterinär Dr. Leander Buchner, seit Mai 2013 Leitender Veterinär der Bundeswehr, erklärte gegenüber der Presse: „Eine strikte, konsequente und professionelle Bekämpfung der ASP ist die Voraussetzung dafür, den Übungsbetrieb auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz wieder aufnehmen zu können.“ Und: „Mein Eindruck ist, dass bei der Bekämpfung der ASP alle Beteiligten hervorragend und professionell zusammenarbeiten.“

Redaktioneller NACHBRENNER

Seit dem 9. November sind mehr als einhundert Reservisten der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien (RSU) aus acht Bundesländern in Brandenburg und Sachsen im Hilfseinsatz gegen die Auswirkungen der Afrikanischen Schweinepest. Das ist der bislang umfangreichste Einsatz der RSU-Kompanien bundesweit. Die Bundeswehr unterstützt die Landkreise vor allem mit Personal in der Fallwildsuche, klassifiziert als technische Amtshilfe auf Grundlage von Amtshilfeersuchen. Der Inspekteur der Streitkräftebasis, Generalleutnant Martin Schelleis, besuchte am 25. November die RSU-Kräfte im Landkreis Märkisch-Oderland bei Eisenhüttenstadt.

Die RSU-Soldaten, die in der „Amtshilfe ASP“ eingesetzt sind, gehen in Gruppen jeweils im Abstand von vier bis acht Metern vor. Gesucht werden Wildschwein-Kadaver, Kadaverteile, Fellreste und Knochen. Relevante Funde werden markiert und per Funk an den zuständigen Vertreter des Landkreises oder unmittelbar an den verantwortlichen „Jagdausübungsberechtigten“ gemeldet.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Die Grafik zeigt die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest von Osten nach Europa, Stand 10. November 2020. Die Symbolaufnahme „Wildschwein“ im Hintergrund stammt aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: bernswaelz/unter Pixabay License = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich/Verbreitung durch Presse- und Informationszentrum Sanitätsdienst;
Übersichtskarte „ASP-Verbreitung“: Friedrich-Loeffler-Institut;
grafische Bearbeitung und Bildmontage: mediakompakt)

2. Die Soldaten der RSU-Kompanie Sachsen unterstützen gemeinsam mit zivilen Kräften die Zaun-Bauarbeiten gegen die Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest und helfen im gesamten zugeteilten Gebiet bei der Fallwildsuche.
(Foto: Anne Weinrich/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Schwarzwild im Winter.
(Foto: Willi Rolfes/Deutscher Jagdverband)


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