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Berlin. Kehrtwende in der Trendwende – die Bundeswehr wächst wieder und muss ihr Personal unterbringen. Deshalb wurden jetzt erneut Standortschließungen oder Teilabgaben, die eigentlich als Folge des Stationierungskonzepts von 2011 vorgesehen waren, revidiert. Insgesamt sollen elf Militärstandorte – Kasernen, Fliegerhorste und innerstädtische Dienstliegenschaften – nun weiter genutzt werden. Dies teilte das Bundesministerium der Verteidigung am heutigen Donnerstag (1. August) mit.

Nach dem Stationierungskonzept, das der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière am 26. Oktober 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, sollte die Bundeswehr künftig nach kompletten Schließungen und drastischen Reduzierungen nur noch an 264 Standorten präsent sein. Bis dahin hatte die Truppe noch 394 Standorte genutzt (das Stationierungskonzept 2011 ging aus konzeptionellen Überlegungen von 328 Bundeswehrstandorten aus). Hauptstadtkorrespondent Peter Carstens beschrieb heute in seinem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung die einstigen Rahmenbedingungen für die „Neuausrichtung der Bundeswehr“ so: „Die damalige Konzeption der schrumpfenden Bundeswehr sah das Schwergewicht künftiger Ausrichtung in Auslandseinsätzen und weniger in der Territorial- und Heimatverteidigung.“

Diese Rahmenbedingungen haben sich geändert. In der Pressemitteilung des Ministeriums zum Erhalt der elf militärischen Liegenschaften heißt es: „Landes- und Bündnisverteidigung steht [jetzt] als gleichberechtigte Aufgabe neben den Einsätzen der Bundeswehr im Rahmen des internationalen Krisenmanagements. Darauf haben wir mit den Trendwenden Personal, Material und Finanzen reagiert. Mehr Personal und Material bedeuten auch mehr Bedarf an weiterer Infrastruktur.“

Schließung oder Teilabgabe war bereits terminiert

Die Mehrzahl der Entscheidungen betrifft Standorte in den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Jeweils drei Liegenschaften sollen hier auch weiterhin den Streitkräften zur Verfügung stehen.

Es handelt sich dabei in Niedersachsen um die Jägerkaserne in Bückeburg (ursprüngliche Entscheidung: „Schließung voraussichtlich IV/2025“), die Theodor-Körner-Kaserne in Lüneburg (ursprüngliche Entscheidung: „Teilabgabe ausgesetzt, Prüfung bis voraussichtlich Ende 2019“) und um den Flugplatz in Diepholz (ursprüngliche Entscheidung: „Teilabgabe voraussichtlich 2024“).

Die geretteten Liegenschaften in Nordrhein-Westfalen sind die Boelcke-Kaserne in Kerpen (ursprüngliche Entscheidung: „Schließung voraussichtlich 2021“) sowie zwei Dienstliegenschaften – eine in Münster (das vormalige Lufttransportkommando/ursprüngliche Entscheidung: „Schließung voraussichtlich II/2021“), die andere in Köln (das vormalige Kreiswehrersatzamt Köln und das Heeresamt/ursprüngliche Entscheidung: „Schließung voraussichtlich 2025“).

In fünf weiteren Bundesländern kann jeweils eine Liegenschaft erhalten werden. In Brandenburg betrifft dies die Barnim-Kaserne in Strausberg (ursprüngliche Entscheidung: „Schließung voraussichtlich IV/2024“), in Bayern den Fliegerhorst Kaufbeuren am gleichnamigen Standort (ursprüngliche Entscheidung: „Schließung voraussichtlich 2024“) und in Mecklenburg-Vorpommern die Fliegerhorst-Kaserne in Trollenhagen (ursprüngliche Entscheidung: „Schließung voraussichtlich 2024“). In Rheinland-Pfalz kann die Bundeswehr die Klotzbergkaserne in Idar-Oberstein behalten (ursprüngliche Entscheidung: „Schließung voraussichtlich 2027“) und in Schleswig-Holstein die Hugo-Junkers-Kaserne in Alt Duvenstedt (ursprüngliche Entscheidung: „Schließung voraussichtlich 2022“).

Wie das Verteidigungsministerium weiter mitteilte, habe die Überprüfung auch ergeben, dass ein Teil der im bayerischen Feldafing beheimateten „Schule für Informationstechnik der Bundeswehr“ für die ursprünglichen Zwecke nicht mehr benötigt wird. Für diesen Teil werde die Rückgabe wie geplant für das Jahr 2020 eingeleitet. Die Restliegenschaft benötige man allerdings „für einen temporär erhöhten Ausbildungsbedarf“ voraussichtlich noch bis Ende 2027, so die offizielle Information.

Reaktivierung von acht Munitions- und Materiallagereinrichtungen

Bereits Anfang dieses Jahres war deutlich geworden, dass die mit dem Stationierungskonzept von 2011 verbundenen Stationierungsentscheidungen keinesfalls in Stein gemeißelt sind. Zu Flexibilität verpflichtet hier bereits der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode. Dort, auf Seite 158, haben die Regierungspartner vereinbart: „Vor einer endgültigen Abgabe von Liegenschaften der Bundeswehr werden wir vor dem Hintergrund der Trendwenden jeweils noch einmal den zukünftigen Bedarf prüfen. Unseren Bedarf werden wir auch in Hinblick auf Liegenschaften prüfen, deren Abgabe bereits vollzogen ist.“

Erste Untersuchungsergebnisse wurden bereits Anfang dieses Jahres mit der Entscheidung zum Erhalt von acht Munitions- und Materiallagereinrichtungen umgesetzt. Im Einzelnen wurde festgelegt, dass die geplanten Schließungen des Materiallagers Hardheim (Baden-Württemberg), des Munitionsdepots Altheim (Baden-Württemberg), des Munitionslagers Lorup (Niedersachsen), des Materiallagers Königswinter (Nordrhein-Westfalen) und des Materiallagers Ladelund (Schleswig-Holstein) aufgehoben werden.

Wir zitieren dazu aus dem Tagesbefehl des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 15. Januar 2019: „Diese Liegenschaften werden unter den aktuellen und absehbaren sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen dauerhaft für die Zwecke der Bundeswehr benötigt. Aus dem gleichen Grund wird auch die schon seit längerem vorgesehene Abgabe des Materiallagers Huchenfeld (Baden-Württemberg) aufgehoben. Zusätzlich werden mit dem Munitionsdepot Kriegsfeld (Rheinland-Pfalz) und dem Materiallager Bargum (Schleswig-Holstein) zwei Liegenschaften wieder in Betrieb genommen, die bereits an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zurückgegeben worden waren.“

General Eberhard Zorn nannte in seinem Tagesbefehl abschließend folgende Zahlen: „Zum Betrieb dieser acht reaktivierten Lagereinrichtungen werden nach heutigen Berechnungen zusätzlich rund 600 überwiegend zivile Dienstposten eingerichtet und geschätzt 200 Millionen Euro investiert.“ Die Umsetzung der Entscheidung erfolge, so der GI, schrittweise im Zeitraum 2020 bis 2031. Details hingen davon ab, wie viel Material oder Munition künftig in den jeweiligen Einrichtungen gelagert würden.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Fliegerhorst Kaufbeuren.
(Luftbild: Harald Langer/www.xl-foto.de für Stadtmarketing Kaufbeuren/Wikipedia/
unter Lizenz CC BY 3.0 de – vollständiger Lizenztext:
https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/deed.en)

2. Unsere Infografik nennt die elf Liegenschaften, die nach einer Entscheidung des Verteidigungsministeriums nun doch erhalten bleiben sollen. Aufgelistet sind auch die Organisationsbereiche der Bundeswehr, die künftig dort als Hauptnutzer vorgesehen sind. Das Hintergrundbild entstand am 29. Januar 2013 während eines feierlichen Appells der Streitkräftebasis in Bonn und zeigt einen Soldaten des Heeresmusikkorps.
(Foto: Alexander Linden/Bundeswehr; Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 08.19)

Kleines Beitragsbild: Eingangsbereich der Theodor-Körner-Kaserne im niedersächsischen Lüneburg. Die Liegenschaft soll den Planungen zufolge dem Heer und dem Zentralen Sanitätsdienst zur Verfügung stehen.
(Bild: nr)


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