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Garching. Die „Weiße Rose“ ist heute wohl die bekannteste Widerstandsgruppe während der Zeit des NS-Regimes. Kern der Gruppe waren die Geschwister Sophie und Hans Scholl, Christoph Probst, Willi Graf, Alexander Schmorell und Professor Kurt Huber. Zwischen 1942 und 1943 verbreitete die Gruppe sechs Flugblätter, in denen sie zum Widerstand gegen die Diktatur aufrief. Ihren Mut und ihre Entschlossenheit, sich gegen die braune Tyrannei zur Wehr zu setzen, bezahlten die sechs Menschen mit dem Leben. In der oberbayerischen Gemeinde Garching soll nun am 6. November kommenden Jahres die Bundeswehrliegenschaft im Stadtteil Garching-Hochbrück nach einem Mitglied der „Weißen Rose“, nach Christoph Probst, benannt werden.

Der 6. November 2019 markiert den 100. Geburtstag von Probst, der gemeinsam mit den Geschwistern Scholl am 22. Februar 1943 von den Nazis im Todestrakt des Gefängnisses Stadelheim in München ermordet wurde. Probst, dem man damals sogar den Abschied von seiner Frau und seinen drei Kindern verwehrt hatte, wurde nur 23 Jahre alt.

Wie die Süddeutsche Zeitung am 23. September berichtete, war dem Antrag der Bundeswehr an den Garchinger Stadtrat zur Benennung der momentan noch namenlosen militärischen Liegenschaft in Hochbrück eine Abstimmung unter den Soldaten und Zivilbediensteten vorausgegangen. Zur Wahl hatten zwei mögliche Namensgeber gestanden: Christoph Probst und Wilhelm Buisson.

Ein mutiger Apotheker und engagierter Sozialdemokrat

Der viele Jahre in München lebende Wilhelm Buisson gehört zu den wenigen deutschen Apothekern, die sich in den Jahren der Nazi-Herrschaft unbeirrt für die Beseitigung des Regimes eingesetzt haben. Seit 1918 war Buisson aktives Mitglied der SPD. Am 9. März 1933 – es war der Tag der NS-„Machtergreifung“ in Bayern – stand der Sozialdemokrat an der Spitze der Verteidiger des Gewerkschaftshauses in München; die Gegenwehr wurde von NSDAP-Sturmabteilung und regulären Polizeikräften niedergeknüppelt.

Buisson floh nach Tschechien, wo er seinen Widerstand gegen das Regime in Deutschland fortsetzte. Als der Apotheker im Frühjahr 1938 nach Österreich reiste, wurde er in der Nähe von Linz von der Gestapo verhaftet. Nach einem Gerichtsverfahren vor dem 1. Senat des „Volksgerichtshofes“ in München wurde Buisson wegen „Landesverrats“ und seiner „feindlichen Einstellung zum nationalsozialistischen Staat“ zum Tode verurteilt. Am 6. September 1940 starb der Widerstandskämpfer in Berlin durch das Fallbeil.

Namensgebung auf Wunsch der Familie ohne den Dienstgrad

Die Abstimmung unter den rund 180 Bundeswehrangehörigen in der „militärischen Liegenschaft Garching-Hochbrück“, wo sich unter anderem das Zentrale Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr München befindet, ergab schließlich ein klares Votum für Christoph Probst. Probst war im Krieg Sanitätsfeldwebel, Ausbildung und Wehrdienst hatte er in Oberschleißheim am nördlichen Stadtrand Münchens absolviert.

Der Garchinger Stadtrat stimmte mittlerweile der Benennung des Bundeswehrareals nach Christoph Probst zu. Allerdings folgten die Kommunalpolitiker dabei dem Vorschlag von Bürgermeister Dietmar Gruchmann, eine Benennung ganz allgemein zu befürworten. Ursprünglich sollte der Name für die Liegenschaft „Feldwebel-Christoph-Probst-Kaserne“ beziehungsweise „Sanitätsfeldwebel-Christoph-Probst-Kaserne“ lauten. Das letzte noch lebende Kind des „Weiße Rose“-Mitglieds, Vincent Probst, äußerte jedoch wegen des militärischen Dienstgrads Bedenken. Zwar gebe die Familie für die Namensgebung „grundsätzlich ihre Zustimmung“, der Begriff „Feldwebel“ klinge jedoch „martialisch“. Vincent Probst erinnerte daran, dass sein Vater „das Militär als enorme Bedrohung empfunden“ habe.

Bundeswehr „für etwaige Änderungswünsche offen“

Bürgermeister Gruchmann sagte der Süddeutschen Zeitung, dass er nach einem Telefonat mit der zuständigen Stelle bei der Bundeswehr große Gesprächsbereitschaft erfahren habe. Dort sei man für etwaige Änderungswünsche offen, so das Stadtoberhaupt. „Mir wurde mitgeteilt, dass sich die Bundeswehr den Namen ,Sanitätsfeldwebel-Christoph-Probst-Kaserne‘ vorstellen könnte, oder auch nur ,Christoph-Probst-Kaserne‘.“

Wenn es am 6. November 2019 tatsächlich zu einer Namensgebung „Christoph Probst“ kommen sollte (wovon nach derzeitigem Stand auszugehen ist), würde erstmals eine Bundeswehrkaserne nach einem Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ benannt werden. Andere Widerstandskämpfer der NS-Zeit wurden zwar bereits durch die Truppe als Namensgeber geehrt, jedoch entstammen diese zumeist der Wehrmacht. So etwa der Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg (Graf-Stauffenberg-Kaserne in Dresden) oder Major Karl Plagge (Major-Karl-Plagge-Kaserne in Pfungstadt), der zahlreiche jüdische Zwangsarbeiter vor der Ermordung durch die SS bewahrte.


Zu unseren zwei historischen Aufnahmen:
1. Christoph Probst mit seiner Frau Hertha.
(Bild: Gedenkstätte Deutscher Widerstand)

2. Die Geschwister Hans und Sophie Scholl mit ihrem Freund Christoph Probst (rechts) am Münchner Ostbahnhof, kurz bevor Hans an die Ostfront fahren muss.
(Bild: Gedenkstätte Deutscher Widerstand)

Kleines Beitragsbild: Büste von Christoph Probst, der am 22. Februar 1943 in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim in München von einem verbrecherischen Regime ermordet wurde. Mit ihm starben an diesem Tag seine Freunde Hans und Sophie Scholl.
(Bild: amk)


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