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Berlin. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will Medienberichten zufolge am kommenden Dienstag (10. Mai) den wehr- und sicherheitspolitischen Experten der Koalitionsfraktionen ein neues Personalkonzept für die Bundeswehr vorstellen. Nach einem Bericht des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) vom heutigen Samstag (7. Mai) will von der Leyen die bisherige starre Personalobergrenze für die deutschen Streitkräfte – 185.000 Planstellen für Soldaten – abschaffen. Stattdessen sei nach dem Prinzip des „atmenden Personalkörpers“ nun zunächst ein Stellenzuwachs um rund 7000 Kräfte geplant und haushälterisch kalkuliert. „Zeitnah“ werde außerdem ein Ausbau der Berufssoldaten zulasten der Soldaten auf Zeit angestrebt.

Wie das RND weiter berichtet, sei auch daran gedacht, die Rolle der örtlichen Vorgesetzten gegenüber der zentralen Personalsteuerung zu stärken, um so Qualifikationen zu sichern. Flexibler gehandhabt werden sollen künftig auch die körperlichen Leistungsanforderungen. Hier werden wohl bald – je nach dem es sich um gesuchte IT-Experten oder um Angehörige der kämpfenden Truppe handelt – die Messlatten unterschiedlich hoch aufgelegt.

Von der Leyen will mit der Aufweichung der bislang festgeschriebenen Bundeswehr-Personalobergrenze (maximal 170.000 Zeit- und Berufssoldaten plus 15.000 freiwilligen Wehrdienst Leistende) die Truppe in die Lage versetzen, flexibel in Einsätzen und auf neue Bedrohungslagen zu reagieren. Wir hatten bereits am 16. März die Personalpläne der Verteidigungsministerin thematisiert.

Immer mehr Aufgaben für die Bundeswehr und immer weniger Personal

André Wüstner, der Bundesvorsitzende des Deutschen Bundeswehr-Verbandes (DBwV), warnte in einem Gespräch mit Gregor Mayntz von der Rheinischen Post in diesen Tagen einmal mehr vor der trügerischen Strahlkraft der Zahlen. Formal gibt es zwar 185.000 militärische und etwa 55.000 zivile Planstellen für die Bundeswehr. All diese Zahlen seien jedoch irreführend, meint Wüstner.

Laut Verteidigungsministerium umfasst die Bundeswehr momentan 167.310 Berufs- und Zeitsoldaten sowie 9767 freiwilligen Wehrdienst Leistende (Stand: 31. März 2016). Von diesen 177.077 Aktiven müssen laut Wüstner rund 10.000 Kameraden, die sich im Berufsförderungsdienst auf die Zeit nach der Bundeswehr vorbereiten, abgerechnet werden. Der Verbandschef in der Rheinischen Post am heutigen Samstag: „Und wenn wir dann noch die fast 25.000 Soldaten in Studium und Ausbildung berücksichtigen, kommen wir auf eine Schockzahl – statt 185.000 stehen nur rund 135.000 Zeit- und Berufssoldaten als tatsächliches Wirkpersonal zur Verfügung. Ziehe ich diejenigen ab, die in Stäben oder in der notwendigen Ausbildungsorganisation für eine Freiwilligenarmee gebunden sind, wird es dramatisch eng.“

Vor diesem Hintergrund fordert der DBwV vehement einen Zuwachs von 15.000 Planstellen plus rund 4000 Planstellen für zivile Beschäftigte, die alle bis 2020 besetzt werden müssten. „Aufgrund zunehmender Aufträge sind wir seit Ende 2014 im roten Bereich“, klagt Wüstner. „Immer mehr Aufgaben mit immer weniger Personal, dies ist einfach unmöglich.“

Bislang noch „null politische Verbindlichkeit“ für die versprochene Trendwende

Die mittlerweile in Umrissen publik gewordenen Pläne der Ministerin zum Personalkörper „Bundeswehr“ werden von Verteidigungsexperten der Koalition als Schritt in die richtige Richtung gewertet.

Henning Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, bezeichnete das Konzept von der Leyens gegenüber dem RND als „richtig Antwort, um flexibel auf veränderte Sicherheitslagen reagieren zu können“. Auch könne das Vorhaben, künftig im Verhältnis zu den Zeitsoldaten mehr Berufssoldaten unter Vertrag zu haben, „die Expertise in der Truppe verlängern“. Otte begrüßte außerdem den geplanten Stellenzuwachs um etwa 7000 Soldatinnen und Soldaten.

Rainer Arnold von der SPD äußerte sich ebenfalls auf Nachfrage des RND. Grundsätzlich sei er für den Wegfall eines starren Personaldeckels, erklärte der Parlamentarier. Zugleich gab er aber zu bedenken, dass es „null politische Verbindlichkeit“ für die versprochene Trendwende gebe, solange „die Ministerin nicht das für Personal und Gerät zusätzliche Geld hinterlegt“ habe. „Eine zeitnahe Erhöhung des Personalkörpers“ nannte der Verteidigungsexperte der Sozialdemokraten jedoch „unabdingbar“.

Umfangreiche Recherche zur Ermittlung vakanter soldatischer Planstellen?

Das Thema „Personalsituation der Bundeswehr“ spielte übrigens auch am gestrigen Freitag (6. Mai) bei der Regierungspressekonferenz in Berlin eine – wenn auch untergeordnete – Rolle. Ein Medienvertreter wollte wissen, wie viele soldatische Planstellen bei der Bundeswehr derzeit nicht besetzt sind. Er wandte sich dazu an Jens Flosdorff, den Leiter des Presse- und Informationsstabes und Sprecher des Verteidigungsministeriums. „Sie haben ja die Personalplanung fertig – insofern wissen Sie die Zahl doch bestimmt aus dem Kopf“, so der Fragesteller.

Die Antwort dürfte einigermaßen überraschen, soll doch kommende Woche die Initiative der Verteidigungsministerin beziehungsweise ihr Konzept „dem Parlament und der Öffentlichkeit“ (so der RND) vorgestellt werden. Flosdorff erklärte: „Nein, das kann ich Ihnen nicht aus dem Kopf beantworten. Ich müsste das Bundesamt für Personalwesen in Köln beauftragen, das zu recherchieren. Ich würde mich aber nicht trauen, Ihnen dafür schon für heute Nachmittag eine Nachlieferung anzuliefern; denn das ist sicherlich eine umfangreichere Recherche.“


Unser Symbolbild zeigt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 4. Juni 2014 in der Bundespressekonferenz in Berlin.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Ministerin Ursula von der Leyen am 23. März 2016. An diesem Mittwoch besuchte sie die Gebirgsjägerbrigade 23 in der Hohenstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall.
(Foto: Marco Dorow/Bundeswehr)


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