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Berlin/Prizren (Kosovo). Die Kosovo-Mission der Bundeswehr, die am 12. Juni 1999 begann, ist der längste und zweitgrößte Militäreinsatz Deutschlands im Ausland. Gleichzeitig ist diese „Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo“ (KFOR: Kosovo Force/Kosovo-Truppe) ein Einsatz ohne große Schlagzeilen. Denn wie erklärte es vor Kurzem der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Generalleutnant Erich Pfeffer, so treffend: „Die mediale Aufmerksamkeit richtet sich insbesondere deswegen auf andere Krisenregionen dieser Welt, weil die bei KFOR eingesetzte Truppe so effektiv zur Stabilität dieses Landes beiträgt.“ Nun soll der Bundeswehreinsatz im Kosovo zurückgefahren werden. Das Bundeskabinett wird wohl am morgigen Mittwoch (1. Juni) ein neues Mandat für die deutsche Beteiligung an der KFOR beschließen, das nun eine Mandatsobergrenze von 1350 anstatt wie bisher 1850 Soldaten festlegt.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier informierten am Montag dieser Woche (30. Mai) die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen schriftlich darüber, dass künftig nur noch maximal 1350 deutsche Soldaten bei der NATO-Mission im Kosovo zum Einsatz kommen sollen. Bisher lag die Personalobergrenze bei 1850. Dies ermögliche weiterhin eine substanzielle deutsche Beteiligung an KFOR und biete hinreichend Flexibilität, um auf Lageänderungen angemessen reagieren zu können, heißt es in dem Schreiben der beiden Minister, das dem bundeswehr-journal vorliegt.

Demnach ist „beabsichtigt, am 1. Juni 2016 im Kabinett die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an […] KFOR zu beschließen, und am gleichen Tag einen Antrag auf Zustimmung zu der Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte in den Deutschen Bundestag einzubringen“.

Bundestag verlängerte Mandat für Kosovoeinsatz bisher schon 16 Mal

Der Einsatz der Bundeswehr im Kosovo basiert auf einem Mandat, dem das Parlament erstmalig am 11. Juni 1999 zugestimmt hat. Grundlage dafür war und ist die Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (VN) vom Tag zuvor.

Seither hat der Bundestag die Fortsetzung der deutschen Beteiligung an KFOR bereits 16 Mal abgesegnet, zuletzt am 19. Juni vergangenen Jahres. Einzig die Abgeordneten der Fraktion Die Linke stimmten in der Vergangenheit gegen diesen Bundeswehreinsatz unter NATO-Flagge.

Mit Stichtag 23. Mai 2016 umfasste das deutsche Kontingent für KFOR 784 Bundeswehrangehörige, darunter 91 Frauen, 63 Reservisten und drei freiwillig Wehrdienst Leistende.

Mit weiteren Auseinandersetzungen im Norden des Landes wird gerechnet

Von der Leyen und Steinmeier begründen die geplante Reduzierung der Personalobergrenze um 500 Kräfte folgendermaßen: „Die Lage in der Republik Kosovo ist weiterhin grundsätzlich ruhig und stabil, allerdings verbleibt ein Konflikt- und Eskalationspotenzial im kosovo-serbisch dominierten Norden. Die Ende August 2015 erzielten Vereinbarungen zwischen Kosovo und Serbien tragen zur weiteren Normalisierung der Lage bei. Auch im derzeitigen Mandatszeitraum war erfreulicherweise kein unmittelbares Eingreifen seitens EULEX oder KFOR gefordert. Hinweise auf eine kurzfristige Verschärfung der Sicherheitslage und einer daraus resultierenden erhöhten Bedrohungslage für Kräfte der KFOR liegen derzeit nicht vor.“ (Anm.: EULEX = European Union Rule of Law Mission in Kosovo/EU-Rechtsstaatlichkeitsmission.)

Gestatten Sie uns an dieser Stelle kurz noch einmal einen Rückblick auf die Lageentwicklung im Einsatzland ab dem 17. Februar 2008. An diesem Sonntag erklärte das Kosovo seine Unabhängigkeit und stimmte zu, KFOR auch weiterhin auf der Grundlage der VN-Resolution 1244 im Land zu belassen. Bereits ein Jahr später leitete die NATO den Prozess „Deterrent Presence“ ein, mit dem eine kontinuierliche Reduzierung der präsenten Kräfte bei KFOR begann.

Mit Billigung der NATO zur weiteren Reduzierung der KFOR-Einsatzstärke vom 29. Oktober 2010 wurde schließlich die Gesamtpersonalstärke der Sicherheitstruppen auf jetzt rund 4600 Soldaten reduziert. Eine Übersicht von KFOR, die allerdings vom August vergangenen Jahres stammt, verzeichnet 31 beteiligte Nationen.

Operational Reserve Force kam letztmalig im Jahr 2012 im Kosovo zum Einsatz

Nachdem ab Juli 2011 Spannungen an der Nordgrenze und bald auch in weiten Teilen der Nordregion des Landes zwischen Serben und Kosovaren eskalierten, verlegte das damals von Deutschland und Österreich gestellte operative Reservebataillon (Operational Reserve Force, ORF) in einer Stärke von bis zu 700 Soldaten im August 2011 in das Einsatzgebiet. Heute halten sich die ORF-Kräfte auf Abruf in ihren Staaten (Deutschland, Österreich und Italien) verfügbar. Sie wurden letztmalig im Jahr 2012 eingesetzt.

In ihrem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden weisen Verteidigungsministerin von der Leyen und Außenminister Steinmeier auch darauf hin: „Der Nordatlantikrat hat […] am 7. Januar 2016 der Anwendung eines neuen Truppenanpassungskonzepts zugestimmt, das eine flexiblere schrittweise Anpassung der Truppenstärke in Abhängigkeit der Sicherheitslage vorsieht. Die jüngste Lageeinschätzung durch den NATO-Oberbefehlshaber (SACEUR) im Rahmen des militärischen Ratschlags zur periodischen Missionsüberprüfung vom 20. April 2016 bestätigt die fortschreitende Stabilisierung der Sicherheitslage.“

Auch weiterhin mit größter Aufmerksamkeit die Lage beobachten

Generalleutnant Pfeffer, der am 25. Mai im Feldlager Prizren am Kommandowechsel von Oberst Hans-Jürgen Freiherr von Keyserlingk (43. Deutsches Einsatzkontingent) an Oberst Siegfried Zeyer (44. Kontingent) teilnahm, formulierte bei der feierlichen Übergabe noch einmal den Auftrag des Verbandes: „Es wird auch zukünftig darauf ankommen, dass wir mit größter Aufmerksamkeit die Lage insbesondere im Norden des Kosovo beobachten. Wir müssen immer darauf vorbereitet sein, steuernd und unterstützend einzugreifen, wenn es um die Aufrechterhaltung der Sicherheit allgemein und im Besonderen um die Bewegungsfreiheit der internationalen Organisationen geht.“

Im Ministerschreiben liest sich die Auftragsbeschreibung für die deutschen Kräfte bei KFOR so: „Die internationale Truppenpräsenz durch KFOR bleibt zur Aufrechterhaltung eines sicheren und stabilen Umfelds und der Sicherstellung der Bewegungsfreiheit insbesondere im Norden erforderlich. Sie sichert damit auch das umfangreiche EU-Engagement zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in Kosovo ab, das über EULEX Kosovo hinaus auch andere EU-Instrumente […] umfasst. Deutsche Soldatinnen und Soldaten leisten durch die Fortsetzung ihres Einsatzes im Rahmen von KFOR weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der gesamten Region.“


Zu unserem Bildangebot:
1. Ein Feldwebeldienstgrad (rechts) im Gespräch mit dem Feldlagerkommandanten des 43. Deutschen Einsatzkontingents KFOR im Kosovo. Die Aufnahme stammt vom 9. März 2016.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

2. Soldaten des 43. Deutschen Einsatzkontingents KFOR am 13. März 2016 bei einer Crowd and Riot Control-Übung („Eindämmen und Kontrollieren einer gewaltbereiten Ansammlung von Menschen“) im Lager „Nothing Hill“.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

3. Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Generalleutnant Erich Pfeffer, am 26. Mai 2016 in Pristina mit dem italienischen KFOR-Commander, Generalmajor Guglielmo Luigi Miglietta. Pfeffer hatte am Tag zuvor im Feldlager Prizren am deutschen Kontingentwechsel teilgenommen.
(Foto: KFOR)


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