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Berlin/Düsseldorf. „Grünzeug ist auch gesund für deine Karriere“ oder „Bei uns geht es ums Weiterkommen. Nicht nur ums Stillstehen“ – mit solch provokanten Botschaften will die aktuelle Arbeitgeberkampagne der Bundeswehr potenziellen Nachwuchskräften Entscheidungsimpulse geben. Die Kampagne, die am 2. November unter dem Motto „Mach, was wirklich zählt“ gestartet worden ist, fokussiert auf zwei Bereiche. Zum einen auf den sinnstiftenden Dienst an der Gesellschaft, zum anderen auf die vielen qualifizierenden Ausbildungsmöglichkeiten in der Truppe. Der Potsdamer Bundestagsabgeordnete Norbert Müller (Die Linke) wollte jetzt von der Bundesregierung Einzelheiten zu der militärischen Nachwuchswerbung erfahren.

Regierungsdirektor Dirk Feldhaus ist Beauftragter des Verteidigungsministeriums für die Kommunikation der Arbeitgebermarke „Bundeswehr“ und hauptverantwortlich für die neue Kampagne. Er sagte vor Kurzem in einem Onlinebeitrag des Ministeriums zu „Mach, was wirklich zählt“: „Junge Menschen fragen heute immer mehr nach dem Sinn ihrer Arbeit und was ihnen diese neben einem Einkommen eigentlich bringt. Darauf haben wir in der Bundeswehr starke Antworten. Die Bundeswehr bietet als Arbeitgeber vielfältige und attraktive Möglichkeiten.“

Dass kaum ein anderer Arbeitgeber ein so breites Aufgabenspektrum abbildet wie die Bundeswehr, soll seit gut vier Wochen durch mehr als 30.000 Plakate, fünf Millionen Postkarten sowie Riesenpostern in elf ausgewählten deutschen Städten sichtbar gemacht werden. In einer zweiten Phase werden inzwischen seit Mitte November in Videos und auf Plakaten auch einzelne Berufsbilder der Öffentlichkeit präsentiert: vom freiwillig Wehrdienstleistenden bis hin zur „Eurofighter“-Pilotin. Die Männer und Frauen in Bundeswehruniform oder auch zivile Mitarbeiter der Streitkräfte stellen exemplarisch die Besonderheiten ihres Berufs dar und sprechen in den Kurzfilmen über die Chancen und Herausforderungen ihrer Tätigkeit.

Strategische Positionierung der Bundeswehr als Arbeitgeber

Markus Grübel, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, äußerte sich in seinem Antwortschreiben vom 24. November detailliert zur Werbekampagne „Mach, was wirklich zählt“ der Bundeswehr. Norbert Müller, Bundestagsabgeordneter der Linken, hatte unter anderem mehr über die Zielgruppe und die Kosten dieser Werbemaßnahme wissen wollen.

Die Grundlage für die Konzeption dieser Arbeitgeberkampagne sei durch die Arbeitsgemeinschaft „Arbeitgebermarke Bundeswehr“ des Verteidigungsministeriums gelegt worden, so Grübel. Dabei habe man unter Berücksichtigung einer Studie des Zentrums Informationsarbeit Bundeswehr – kurz ZinfoABw – eine strategische Positionierung der Bundeswehr als Arbeitgeber entwickelt. Der Staatssekretär zu der Studie: Sie „wurde im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung vergeben, die eine aus den Agenturen Castenow und Burson-Marsteller bestehende Bietergemeinschaft für sich entscheiden konnte“.

Erreicht werden sollen vor allem 17 bis 35 Jahre alte Kandidaten

Die Arbeitgeberpositionierung werde nun im Rahmen der Arbeitgeberkampagne „Mach, was wirklich zählt“ umgesetzt, erklärte Grübel weiter. Die Kampagne selber sei in Zusammenarbeit zwischen der Agentur Castenow, die im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung zur Arbeitgeberkommunikation und Personalwerbung der Bundeswehr den Zuschlag erhalten habe, und dem Büro des Beauftragten für die Kommunikation der Arbeitgebermarke „Bundeswehr“ entwickelt worden.

Kernzielgruppe der Kampagne seien 17- bis 35-jährige Männer und Frauen. Erreicht werden sollen aber auch die allgemeine Öffentlichkeit sowie alle Angehörigen der Bundeswehr.

Für die Arbeitgeberkampagne, die am 2. November gestartet worden ist und jetzt bis in den Februar 2016 wirken soll, sind nach Auskunft Grübels im Haushaltsjahr 2015 Mittel in Höhe von 10,6 Millionen Euro vorgesehen. Verbucht werden die Kosten für die Nachwuchswerbung bei Kapitel 1403 des Verteidigungsetats, Titel 538 01.

Ein „besonders sinnstiftender und qualifizierender Arbeitgeber“

Der Bund der Steuerzahler Deutschland kritisiert die Ausgaben für diese Arbeitgeberkampagne heftig. „Die Bundeswehr sucht händeringend Nachwuchskräfte. Dafür geht sie seit Anfang November in eine neue Offensive – und braucht dazu 10,6 Millionen Euro Steuergeld. Deutschlandweit sollen locker formulierte Slogans auf die Bundeswehr aufmerksam machen. 30.000 Plakate für 4,3 Millionen Euro, fünf Millionen Postkarten für 590.000 Euro, 550.000 Euro für Radiospots, mehr als zwei Millionen Euro für Onlineaktivitäten und mehr: Bis in den Februar 2016 hinein will sich die Bundeswehr auf diese Weise als ,besonders sinnstiftender und qualifizierender Arbeitgeber‘ vermarkten.“

Mit Blick auf hausgemachte Probleme falle diese Mammut-Kampagne besonders ins Gewicht, meint der Bund der Steuerzahler kopfschüttelnd. Schließlich habe die Bundeswehr derzeit bereits mit massiven Mängeln bei Rüstungsprojekten zu kämpfen. „Ob beim Lufttransporter A400M, beim Kampfhubschrauber Tiger oder beim Eurofighter – hier kann weder der Kostenrahmen gehalten werden, noch Lieferfristen oder technische Anforderungen. Auch bei dem aktuellen Werbeprojekt zeigt sich wieder einmal, dass die Bundeswehr die Kosten aus dem Auge verliert.“

Merkwürdige Hetzkampagne mit registrierter Domain in den USA

Erstaunlich ist, dass der eigentliche Dienst der Soldaten – ihr Dienst an und mit der Waffe – bei Vergabe dieser teuren Employer Branding-Auftragsarbeit offenbar kein Thema war. Dafür haben sich Ministerium und Agentur aber auf einen neuen Begriff einigen können: Die Männer und Frauen in Bundeswehruniform heißen nun „militärische Fachkraft“.

Mittlerweile sehen sich die Kampagnemacher auch mit einer fatalen Nachahmung konfrontiert. Seit einigen Tagen hetzt ein Netzwerk „von Aktionskünstlern und Aktivisten“ – das Berliner „Peng-Kollektiv“ – mit einer zum Verwechseln ähnlichen Onlineaufmachung gegen die Bundeswehr. Dass die dort aufgestellten Behauptungen über unsere Streitkräfte „mit trübseliger Dummheit“ (so Eckhard Fuhr, Welt-Korrespondent für Kultur und Gesellschaft in seinem Kommentar zur „Peng“-Aktion) entschuldigt werden können, ist eine Sache. Fast schon unentschuldbar ist es angesichts einer millionenschweren Kampagne, die nun verhohnepipelt und dadurch möglicherweise entwertet wird, dass man sich im Vorfeld nicht die entscheidenden Domains in allen (!) nur denkbaren Spielarten gesichert hat.

Denn die Kampagne der Hetzer und Humoristen ist auch deswegen nur schwer vom Original zu unterscheiden, weil ähnlich klingende Internetadressen benutzt werden. So berichtete bereits Martin Kaul in der taz, dass die Urheber des Bundeswehr-Werbeauftritts vorsorglich zahlreiche Webadressen, die einen „alternativen“ Internetauftritt mit Kampagnenbezug ermöglicht hätten, hatten registrieren lassen. Leider nicht alle.

Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr hatte beispielsweise die Domain „machwaszählt.de“ blockiert. Gefunden hatten die Aktivisten danach aber die noch freie Adresse „machwaszaehlt.de“ (die Website der Bundeswehr lautet „machwaswirklichzaehlt.de“). Dass der eingetragene Inhaber der Domain, die jetzt von „Peng! e.V.“ für die Anti-Bundeswehr-Kampagne genutzt wird, in den USA beheimatet ist – und zwar am Ayn Rand Institute im kalifornischen Irvine – verleiht der Angelegenheit noch zusätzlich eine mystische Note.


Video-Hinweis: Das Video des YouTube-Kanals der Bundeswehr, veröffentlicht am 6. November 2015, ist ein Beispiel für die neue Arbeitgeberkampagne der Streitkräfte. Unter dem Motto „Mach, was wirklich zählt“ zeigt der neue Werbeauftritt in mehreren Phasen, dass die Bundeswehr „ein sinnstiftender und qualifizierender Arbeitgeber“ (so die Agentur) ist.
(Karrierevideo: Bundeswehr)

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Zum verwendeten Bildmaterial:
1. und 3. Slogans der aktuellen Bundeswehr-Arbeitgeberkampagne „Mach, was wirklich zählt“.
(Bilder: Bundeswehr)

2. Der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller (Die Linke) bat die Bundesregierung vor Kurzem um Informationen zur derzeitigen Kampagne der Nachwuchswerbung. Die Aufnahme zeigt ihn am 5. Dezember 2014 bei einer Rede im Plenarsaal des Bundestages zum Thema „25 Jahre Vereinte Nationen – Kinderrechtskonvention“.
(Foto: Achim Melde/Deutscher Bundestag)


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