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Kabul (Afghanistan). Die vergangenen sechs Monate waren die bislang verlustreichsten in der noch jungen Geschichte der afghanischen Sicherheitskräfte. Dies erklärten am vergangenen Dienstag (16. September) bei einer Senatsanhörung in Kabul Verteidigungsminister Bismillah Khan Mohammadi, Innenminister Mohammad Umer Daudzai und der Stellvertretende Direktor des afghanischen Inlandsgeheimdienstes, Hasamuddin Hassam. Die Taliban hätten, so die Informationen der Behörden, in diesem Zeitraum „in Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Unterstützern“ rund 700 Angriffe in verschiedenen Teilen Afghanistans gestartet.

Verteidigungsminister Mohammadi erinnerte daran, dass die afghanischen Sicherheitskräfte (Afghan National Security Forces, ANSF) in der Vergangenheit stets Seite an Seite mit den NATO-Truppen in Afghanistan gekämpft hätten. „Dieses Jahr haben wir die Gefechte alleine bestritten“, betonte er. Detaillierte Angaben über Verluste des Militärs (Afghan National Army, ANA) sind aus der Senatsanhörung nicht bekannt.

Offenbar viele Talibankämpfer aus dem Nachbarland Pakistan

Konkrete Angaben machte dafür Innenminister Daudzai. In den vergangenen sechs Monaten seien 955 Zivilisten und 1523 Polizisten bei Kämpfen mit Aufständischen umgekommen. 2394 Zivilisten und 2506 Polizisten hätten Verletzungen erlitten.

Auch die Taliban hätten schwere Verluste hinnehmen müssen, sagte Daudzai vor dem Senat. Im letzten halben Jahr seien 5503 Talibankämpfer getötet und 2370 verwundet worden.

Der Innenminister gab zudem zu Protokoll, dass man „in diesem Jahr auch auf viele fremde Taliban“ gestoßen sei. „Diese Kämpfer sprachen nicht wie in Afghanistan üblich Dari oder Paschtu, sondern die pakistanische Nationalsprache Urdu“, berichtete Daudzai.

Übernahme der gesamten Sicherheitsverantwortung durch Kabul

Die Verluste der afghanischen Sicherheitskräfte sind seit Übernahme der Sicherheitsverantwortung und dem schrittweisen Rückzug der ISAF von den Gefechtsfeldern in Afghanistan rasant angestiegen. Noch im Jahr 2009 beispielsweise waren doppelt so viele Soldaten der Koalitionstruppen getötet worden, wie afghanische Sicherheitskräfte. Im September vergangenen Jahres berichtete jedoch bereits der damalige ISAF-Kommandeur Joseph F. Dunford in einem Interview mit der britischen Tageszeitung The Guardian von „mehr als 100 getöteten afghanischen Sicherheitskräften pro Woche“.

Nach Informationen des afghanischen Verteidigungsministeriums vom Frühjahr wurden im Zeitraum 21. März 2013 bis 20. März 2014 insgesamt 1387 afghanische Soldaten getötet, 85 Prozent davon verloren ihr Leben durch Sprengfallen (Anm.: der afghanische Staatskalender beginnt das neue Jahr jeweils am 21. März). In diesem Zeitraum habe die ANA „mehr als 1500 militärische Operationen und 500 Spezialoperationen gegen die Taliban“ durchgeführt, so ein Ministeriumssprecher.

Ein hoher Blutzoll in 13 Jahren Afghanistankrieg

Nach Recherchen der New York Times starben in den 13 Jahren des Afghanistankrieges bis März 2014 rund 13.700 afghanische Sicherheitskräfte. Rund 16.500 afghanische Soldaten und Polizisten wurden verwundet. Der Online-Initiative iCasualties.org zufolge, die seit 2003 von dem Amerikaner Michael White betrieben wird, verloren seit 2001 bis jetzt 3473 Angehörige der NATO-geführten Truppen in Afghanistan ihr Leben (im Zeitraum Januar bis September 2014 sind es bereits wieder 63 Koalitionssoldaten).

Beim Einsatz in Afghanistan sind bisher 55 deutsche Soldaten zu Tode gekommen. Durch Fremdeinwirkung fielen nach Informationen des Bundesverteidigungsministeriums 35 Kameraden, 20 starben durch sonstige Umstände.


Zu unserer Bildauswahl:
1. Zwei Soldaten der afghanischen Nationalarmee suchen Schutz vor feindlichem Feuer. Das Foto entstand am 16. Januar 2013 während der Operation „New Hope“ gegen Talibankräfte in der Provinz Helmand.
(Foto: Mark Garcia/Regional Command Southwest/ISAF)

2. Kräfte der ANA bei der Übergabe der Sicherheitsverantwortung im Camp Zafar, Provinz Herat, im Januar 2012.
(Foto: PIO/Regional Command West/ISAF)

3. Kräfte der afghanischen Polizei im Juli 2011 in der Provinz Helmand kurz vor Beginn einer größeren Operation gegen Aufständische.
(Foto: Adam Leyendecker/Regional Command Southwest/ISAF)


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