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Bonn. Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg, vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg, vor 25 Jahren fiel die Mauer – 2014 ist ein ganz besonderes Jahr mit historisch denkwürdigen Momenten. Anlass für den Sender phoenix, sich in der Vorwoche des Jahrestages des deutschen Überfalls auf Polen mit dem Themenkreis „Krieg & Frieden“ zu befassen. Dabei werden im Programmzeitraum 25. August (Montag) bis 31. August (Sonntag) vergangene und aktuelle Waffengänge aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet – in einem Werkstattgespräch, in der phoenix-Runde und mit preisgekrönten Dokumentationen.

Der 27. August (Mittwoch) der phoenix-Themenwoche steht ganz im Zeichen der Außenpolitik, der Auslandseinsätze und der Problematik des Kleinwaffenexports. Der Abend beginnt um 20.15 Uhr mit dem Film „Eine mörderische Entscheidung“, der in diesem Jahr den Grimme-Preis erhalten hat.

Das Dokudrama von Raymond Ley und Hannah Ley (NDR/2013) handelt von Oberst Georg Klein, der im April 2009 seinen Posten als Kommandeur des PRT Kunduz in Nordafghanistan antritt. Zeitgleich bezieht dort eine Gruppe junger Soldaten Quartier, die den Einsatz in einem fremden Land bisher nur als Übung kennen. Von Beginn an sieht sich Klein einer kaum zu bewältigenden Aufgabe ausgesetzt, in einem Krieg, der kein offizieller Krieg sein soll. Der Film rekonstruiert minutiös den folgenschwersten deutschen Militäreinsatz seit dem Zweiten Weltkrieg.

Genau recherchiertes Protokoll einer wahren Geschichte

Die Frühjahrsoffensive der Taliban bricht über Klein und seine Soldaten herein. Es gibt vermehrt Verletzte und auch Tote. Als zwei von den Taliban entführte Tanklastwagen auf einer Sandbank im Fluss stecken bleiben, fordert der Offizier Luftunterstützung an. In der Nacht zum 4. September 2009 befiehlt er mit der Begründung „Gefahren für seine Soldaten frühzeitig abwehren“ zu wollen den zögernden US-amerikanischen Piloten die Bombardierung der Tanklastzüge. Dabei sterben bis zu 140 Menschen, darunter zahlreiche Zivilisten und Kinder.

Das Dokudrama „Eine mörderische Entscheidung“ meistert eine Herkulesaufgabe. Es zeigt ein genau recherchiertes Protokoll einer wahren Geschichte, lässt Angehörige, Beteiligte und Experten zu Wort kommen und inszeniert gleichzeitig ein weites Tableau an Figuren und Perspektiven, das sich schließlich auf die entscheidenden Stunden in der Kommandozentrale der Spezialkräfte verdichtet. In dem Film wirken unter anderem mit: Matthias Brandt, Axel Milberg, Ludwig Trepte, Vladimir Burlakov, Matthias Koeberlin, Franz Dinda, Stephan Schad, Yung Ngo, Navid Akhavan.

Afghanistan – der größte Drogenlieferant weltweit

Das letzte Jahr des NATO-Kampfeinsatzes in Afghanistan ist angebrochen. Für viele scheint das Ergebnis des fast 13-jährigen Engagements ernüchternd. Mit viel Unsicherheit und Angst geht der Blick in die Zukunft des Landes. Wohin wird sich Afghanistan entwickeln im Schicksalsjahr 2014? Wie geht es weiter in einem Land, das nach wie vor zu den ärmsten und korruptesten Ländern der Welt gehört? Wie gehen die Menschen in Afghanistan mit dem Rückzug der internationalen Truppen um? Kann die afghanische Armee in einem Land voller ethnischer Konflikte wirklich für Sicherheit sorgen?

Afghanistan hat sich im vergangenen Jahr zum größten Drogenlieferanten weltweit entwickelt – 80 Prozent des weltweiten Opiumbedarfs werden in Afghanistan produziert. Bisher waren die Mohnerzeugnisse hauptsächlich für den Export bestimmt, machen sie doch vier Prozent der gesamten afghanischen Wirtschaft aus. Doch immer häufiger verlassen Opium und Heroin nicht mehr die Landesgrenzen. Immer mehr Menschen flüchten vor einer ungewissen Zukunft in die Sucht.

Jürgen Osterhage und Thomas Kasper haben sie besucht. Die Mohnbauern in Badakshan, die ihre gesamte Produktion auf Schlafmohn umstellen – dem einzigen Agrarprodukt, welches noch ein gutes Einkommen verspricht. Aber auch die Süchtigen, deren Existenz die Regierung gerne verleugnen würde. Und sie haben sich die erste Drogenberatungsstelle in Kabul angesehen. Sie haben mit den Menschen gesprochen, deren Heimat Afghanistan ist. Mit Taxifahrern in Kabul, einer Bowlingbahnbesitzerin und afghanischen Ortskräften der Bundeswehr. Die Erstausstrahlung des Dokumentarfilms „Schicksalsjahr am Hindukusch“ (phoenix/ARD-Studio Neu-Delhi 2014) fand vor gut sechs Monaten statt.

Die erstaunliche Neudefinition der deutschen Außenpolitik

„Mehr Verantwortung, mehr Risiko – der Preis der neuen Außenpolitik“ heißt das Thema der phoenix-Runde, die sich um 22.15 Uhr an die ersten beiden Filme über Afghanistan anschließt. Hintergrund der Fragestellung sind, wie es die Programmverantwortlichen formulieren, die „neuen Töne aus Deutschland“. Im Januar 2014 überraschte Bundespräsident Joachim Gauck mit einer erstaunlichen Neudefinition der deutschen Außenpolitik. Dieser Linie folgten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die Deutschen, so der Tenor, müssten weltweit mehr Verantwortung übernehmen.

Aber was bedeutet dies konkret? Warum gerade jetzt diese Debatte über „neue Verantwortung“? Welche Lasten und Pflichten ergeben sich daraus? Ist die deutsche Öffentlichkeit ausreichend einbezogen worden? Und wie wird diese neue Linie international aufgenommen?

Moderator Alexander Kähler diskutiert in der phoenix-Runde mit Constanze Stelzenmüller (Senior Transatlantic Fellow der Stiftung German Marshall Fund of the United States, Berlin), Stephan-Andreas Casdorff (Chefredakteur des Tagesspiegel, Berlin), Professor Wolfgang Huber (von 2003 bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland) und Harald Kujat (Generalinspekteur a.D. und ehemaliger Vorsitzender des NATO-Militärausschusses). Dies Runde wird um 23.45 Uhr wiederholt.

Illegale deutsche Kleinwaffen in den Händen von Verbrechern

Um 23.00 Uhr zeigt phoenix dann die Arbeit von Daniel Harrich „Waffen für die Welt“ (RBB und arte/2014). Trotz strikter Ausfuhrbeschränkungen gelangen laut des Kinderhilfswerks UNICEF zahlreiche Waffen aus Deutschland in die Hände von Kindersoldaten. In den Bürgerkriegsregionen verlieren jährlich etwa eine halbe Million Menschen ihr Leben durch illegal importierte Gewehre. Wie gelangen sie dorthin? Der investigative Dokumentarfilm Harrichs beleuchtet den angeblich streng regulierten Export von Kleinwaffen, der jedoch offensichtlich außer Kontrolle geraten ist.

In Mexiko beispielsweise tobt seit vielen Jahren ein blutiger Drogenkrieg, der bis heute mehr als 70.000 Menschenleben gefordert hat. Vier mexikanische Bundesstaaten dürfen ausdrücklich nicht mit deutschen Sturmgewehren beliefert werden. Und doch findet man hier, wie in vielen anderen Krisenregionen der Welt, immer wieder auch deutsche Produkte.

Ob in Mexiko, Kolumbien, Sudan, Südsudan, auf dem Balkan und anderswo – überall werden deutsche Kleinwaffen für ihre Zuverlässigkeit geschätzt und sind im Übermaß vorhanden. Wie kommen diese Waffen, insbesondere Sturmgewehre, in die Hände von Massenmördern, Terroristen und anderen Verbrechern?

Ein Leben zwischen Taliban und ausländischem Militär

In der Nacht zum Donnerstag (28. August) ab 00.30 Uhr können Sie schließlich den Beitrag „Generation Kunduz – der Krieg der Anderen“ von Martin Gerner sehen. Normalerweise war es auch zu Zeiten der Bundeswehr kaum möglich, in der umkämpften afghanischen Provinz Kunduz einen Film ohne militärische Begleitung zu drehen. Regisseur Gerner, der seit vielen Jahren als Journalist und freier ARD-Autor in Afghanistan arbeitet, gelang genau dies.

In „Generation Kunduz“ geht er jenseits der Schützengräben auf die Suche nach dem Kriegsalltag. Er zeichnet dabei das Porträt von fünf außergewöhnlichen jungen Afghanen und zeigt unausgesprochene Wahrheiten einer Zivilbevölkerung zwischen internationaler Schutztruppe ISAF und Taliban.

Martin Gerner begann mit seinen Dreharbeiten noch vor dem deutschen Luftangriff auf zwei Tanklaster im Jahr 2009. Im Mittelpunkt stehen junge Menschen, die trotz aller Schwierigkeiten für ihre Träume kämpfen. Sie erzählen ihre Geschichten stellvertretend für eine Generation, die zwischen Taliban und ausländischem Militär aufwächst und sich nach einer offenen Gesellschaft sehnt.

Der zehnjährige Mirwais redet wie ein Erwachsener über Krieg und Frieden. Nazanin, Reporterin bei einem lokalen Radiosender, kämpft trotz Burka für Gleichberechtigung. Der Student Hasib will eine neue Zivilgesellschaft aufbauen und träumt von freien Wahlen. Ghulam und Khatera drehen einen Liebesfilm, mitten im bewaffneten Konflikt.

Der Aufbruch dieser jungen Generation ist ständig in Gefahr. Zugleich machen die Geschichten Mut, auch weil sie unser eigenes Bild von Afghanistan hinterfragen. „Wenn man ausführlich den Menschen in Afghanistan zuhört, gerade in Kunduz, hat man am ehesten die Chance, diesen Konflikt zu verstehen“, so Gerner, der den Film unabhängig produziert hat. „Generation Kunduz“ ist ausgezeichnet worden mit dem DEFA-Förderpreis Leipzig 2011 und dem Grand Prix der Jury beim Shanghai TV Festival 2012.


Randnotiz                                  

Krieg & Frieden – eine phoenix-Themenwoche von Montag (25. August) bis Sonntag (31. August 2014).
Mittwoch, 27. August, Themenschwerpunkt „Neue Außenpolitik und Auslandseinsätze“:
20.15 Uhr | „Eine mörderische Entscheidung“ (Film mit Matthias Brandt)
21.45 Uhr | „Schicksalsjahr am Hindukusch – was wird aus Afghanistan?“ (Dokumentarfilm)
22.15 Uhr | phoenix-Runde zum Thema „Mehr Verantwortung, mehr Risiko – der Preis der neuen Außenpolitik“
23.00 Uhr | „Waffen für die Welt – Export außer Kontrolle“ (Dokumentarfilm)
23.45 Uhr | phoenix-Runde (Wiederholung)
Mittwoch auf Donnerstag, 28. August:
00.30 Uhr | „Generation Kunduz – der Krieg der Anderen“ (Film von Martin Gerner)
Alle Angaben ohne Gewähr.


Zu unserer Bildsequenz:
1. bis 3. Szenen aus dem preisgekrönten Dokudrama „Eine mörderische Entscheidung“.
(Fotos: phoenix/ARD)

4. Moderator Alexander Kähler im Studio der phoenix-Runde.
(Foto: phoenix/ARD)

5. Waffendepot der Armee im Südsudan – aus dem Film von Daniel Harrich „Waffen für die Welt“.
(Foto: phoenix/ARD)

6. Stammesführer in Darfur warten auf die Registrierung ihrer Waffen.
(Foto: phoenix/ARD)

7. und 8. Aus dem Film von Martin Gerner „Generation Kunduz – der Krieg der Anderen“.
(Foto: phoenix/ARD)


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