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Berlin. Das Bundeskabinett hat am 5. Februar letztmalig das Bundeswehrmandat für ISAF (International Security Assistance Force) beschlossen. Der Afghanistan-Kampfeinsatz unserer Streitkräfte läuft am 31. Dezember 2014 endgültig aus. Danach soll die NATO-Mission „Resolute Support“ mit Schwerpunkt auf Beratung und Unterstützung folgen. Das letzte Mandat für die ISAF-Beteiligung bedarf noch der Zustimmung des Deutschen Bundestages.

Bis Ende des Jahres wird jedoch weniger Personal eingesetzt: Die Zahl der Soldaten soll sich von bislang maximal 4400 auf bis zu 3300 verringern. Für die Folgemission „Resolute Support“ will Deutschland 600 bis 800 Soldaten stellen, die in Kabul und Nordafghanistan stationiert werden sollen. Die Reduzierung des deutschen Personals bei ISAF wird so erfolgen, dass der Schutz der eigenen Kräfte sichergestellt ist. Die Personalobergrenze umfasst auch die zusätzlich benötigten Spezialisten für die Rückführung des Materials und die Rückverlegung der Bundeswehrangehörigen nach Deutschland.

Warten auf das bilaterale Sicherheitsabkommen

Das letzte ISAF-Mandat endet am 31. Dezember 2014 zeitgleich mit der Resolution 2120 (2013) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und dem von der NATO beschlossenen Operationsplan.

Zum Auslaufen der derzeitigen Mission am Hindukusch erklärte die Bundesregierung: „Die Beendigung erfolgt in dem gemeinsamen Verständnis von Afghanistan und der Internationalen Gemeinschaft. Danach soll mit einer von der NATO geführten Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission militärisch weiter … (geholfen) werden. Diese neue Mission ,Resolute Support‘ ist nicht als Kampfeinsatz geplant. Sie hängt insbesondere vom Abschluss eines neuen Sicherheitsabkommens zwischen den USA und Afghanistan ab.“

„Grundsätzlich positive Entwicklung“ in Afghanistan

In ihrer Presseerklärung zur letztmaligen Mandatsverlängerung spricht die Bundesregierung auch von einer „grundsätzlich positiven Entwicklung in Afghanistan“. Den meisten Afghanen gehe es heute deutlich besser. Mehr Menschen als jemals zuvor hätten Zugang zu Wasser und Strom, zu ärztlicher Versorgung und zu Bildung. Die Lebenserwartung sei deutlich gestiegen, Mütter- und Kindersterblichkeit seien entscheidend zurückgegangen. Viele Straßen, Brücken, Bewässerungskanäle und andere zerstörte Infrastruktur seien wieder aufgebaut worden.
Allerdings, so die Bundesregierung weiter, hat „Afghanistan im Vergleich zu seinen Nachbarstaaten noch deutlich aufzuholen“. Der Fortschrittsbericht Afghanistan für 2013, der ebenfalls am 5. Februar im Bundeskabinett verabschiedet wurde, benennt hierzu ausführlich die Defizite.

Amtsmissbrauch, Vorteilsnahme und Korruption

So ist und bleibt nach Aussage des aktuellen Fortschrittsberichts die Sicherheitslage in Afghanistan angespannt. In dem Regierungsdokument heißt es: „Die regierungsfeindlichen Kräfte (RFK) sind weiterhin in der Lage, in allen Landesteilen Anschläge zu verüben. Die weit überwiegende Zahl der zivilen Opfer des Konflikts in Afghanistan geht auf ihr Konto … Die ANSF (Afghan National Security Forces/Afghanische Landstreitkräfte) haben … im Kampf gegen die RFK weiterhin hohe Verluste zu beklagen. So fielen in den ersten elf Monaten des Jahres 2013 bereits rund 4600 afghanische Polizisten und Soldaten der Gewalt der RFK zum Opfer.“

Deutliche Worte wählen die Autoren des Fortschrittsberichts auch beim Thema „Rechtsstaatlichkeit und Korruption“. Ihr Urteil ist ein „Ungenügend“: „Die Internationale Staatengemeinschaft hat ihre Hilfszusagen unter anderem auch an Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung und bei der Regierungsführung geknüpft. Gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit sind jedoch Ziele, deren flächendeckende Umsetzung noch aussteht. Das liegt sowohl an der Schwäche der afghanischen Institutionen als auch an mangelndem politischem Willen. Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme hemmen den Aufbau und die Entwicklung Afghanistans. Korruption stellt dabei das größte Hindernis dar. Die afghanische Regierung hat sich wiederholt zur Korruptionsbekämpfung verpflichtet. In einer Rede vor dem afghanischen Parlament sagte Präsident Hamid Karsai am 21. Juni 2012 der Korruption den Kampf an und unterstrich seine Entschlussbereitschaft mit einem Präsidialdekret, das detaillierte Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption und Anordnungen an alle wichtigen Regierungsstellen enthält. Allerdings gibt es anderthalb Jahre nach dem Präsidialdekret kaum Fortschritte zu verzeichnen: Laut des Korruptionsindexes von Transparency International gehört Afghanistan mit Somalia und Nordkorea auch 2013 zu den korruptesten Ländern der Welt.“

Zur Unterrichtung des Deutschen Bundestages

Die Fortschrittsberichte der Bundesregierung zur Lage in Afghanistan dienen der Unterrichtung des Parlaments. Die in Afghanistan engagierten Ressorts – vor allem Auswärtiges Amt, Bundesministerium der Verteidigung, Bundesministerium des Innern und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – erstellen die Berichte gemeinsam unter Leitung des Sonderbeauftragten der Regierung für Afghanistan und Pakistan, Botschafter Michael Koch.

In ihrem ersten Fortschrittsbericht hatte die Bundesregierung im Dezember 2010 eine Bestandsaufnahme und Kursbestimmung des deutschen Engagements in Afghanistan vorgenommen. Seitdem hat sie jährlich im Sommer einen Zwischenbericht sowie im Winter einen umfassenden Fortschrittsbericht vorgelegt.

Der vorliegende Bericht enthält das aktuelle Lagebild zu Jahresanfang 2014 und einen Ausblick auf bevorstehende Ereignisse. Wir werden uns noch ausführlicher mit den Inhalten befassen und sie für unser Onlineangebot aufbereiten.



Zum Bildangebot unseres Beitrages:
1. Afghanistans Hauptstadt Kabul in den frühen Morgenstunden; die Aufnahme entstand am 30. Oktober 2008.
(Foto: Rob Bakker)

2. Der Kampfeinsatz der NATO-geführten Truppen in Afghanistan endet am 31. Dezember 2014. Das Bild zeigt Angehörige des Sicherungszuges des Gebirgsjägerbataillons 231 aus Bad Reichenhall.
(Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr)

3. Die afghanischen Sicherheitskräfte tragen bereits jetzt schon die Hauptlast der Kämpfe gegen regierungsfeindliche Kräfte. Die Aufnahme entstand am 17. Mai 2012 in Camp Ghazi nahe Kabul – an diesem Tag feierten dort afghanische Offiziere ihren Ausbildungsabschluss.
(Foto: Frantisek Stein/Streitkräfte der Tschechischen Republik)


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