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Ulm/Wilhelmshaven. Die Fregatten der Klasse F125 der deutschen Marine werden mit einem Schiffsradar ausgerüstet, das nach Auskunft des Herstellers Cassidian eine „weltweit einzigartige Aufklärungs- und Überwachungsfähigkeit“ ermöglicht. Vor wenigen Tagen fand die Werksabnahme des neuentwickelten Schiffsradars TRS-4D durch die Kunden, das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) sowie das Unternehmen Blohm + Voss Naval, statt.

Die Auslieferung des ersten Geräts, das für die Ausrüstung einer Landanlage in Wilhelmshaven vorgesehen ist, soll im Februar erfolgen. Die Lieferung des ersten TRS-4D für das F125-Typschiff „Baden-Württemberg“ ist für den August geplant.

„Dieses neue Radar garantiert in lang andauernden Einsätzen eine hohe operationelle Verfügbarkeit und steigert zudem die Überlebensfähigkeit von Marineschiffen“, erklärte Elmar Compans. Compans ist Leiter des Bereichs „Sensors & Electronic Warfare“ bei Cassidian, der Verteidigungs- und Sicherheitsdivision des Konzerns EADS.

Wie er weiter ausführte, können Schiffe aller Größenordnungen – vom Patrouillenboot bis hin zur Fregatte – auf See und in komplexen Küstenzonen mit hoher Zieldichte mit diesem Radarsystem die unterschiedlichen Detektionsaufgaben von Schiffsradaren mittelgroßer Reichweite wahrnehmen. „Das TRS-4D ist schneller und präziser als konventionelle Radare und kann für ein breiteres Zielspektrum eingesetzt werden – beispielsweise zur Abwehr asymmetrischer Angriffe.“

Module mit außergewöhnlichen Eigenschaften

Das neue Radar basiert Cassidian zufolge auf einem „einzigartigen Systemkonzept“. Im Gegensatz zu marktüblichen Systemen nutzt das TRS-4D erstmals in vollem Umfang die Vorteile zahlreicher unabhängiger Strahler auf Grundlage der AESA-Technologie (AESA = Active Electronically Scanned Array), über die wir bereits berichteten. Kernelement der bei diesem Überwachungsradar eingesetzten AESA-Technologie ist eine Vielzahl an Sende- und Empfangsmodulen von Cassidian, die auf der neuesten Galliumnitrid-Technologie (GaN) basieren. GaN besitzt außergewöhnliche elektronische Eigenschaften, wie zum Beispiel einen hohen Leistungswirkungsgrad, und sichert effiziente Prozesse in der industriellen Fertigung. Cassidian gilt in Europa als Marktführer in dieser Technologie.

Das Systemkonzept des TRS-4D erschließt den Marinen und Küstenwachen die Vorzüge der AESA-Technologie, die bis vor kurzem noch nur für extrem teure Systeme zur Verfügung standen. Cassidian mache, so das Unternehmen, diese Technologie nun auch für mittelgroße Überwachungs- und Zielerfassungsradare wettbewerbsfähig.

Das neue System wird auf den F125-Fregatten unserer Marine in einer Variante mit vier feststehenden Antennenfeldern zum Einsatz kommen; eine Variante mit einer einzigen, mechanisch drehenden Antenne ist ebenfalls verfügbar.


Hintergrund                                                

Galliumnitrid (GaN) gilt als Halbleitermaterial der Zukunft. Doch noch ist die Herstellung sehr kostenintensiv. Bezogen auf das Gewicht ist ein GaN-Substrat – mit einem Durchmesser von fünf Zentimetern – fast zehnmal teurer als Gold. Mit Galliumnitrid steht ein Halbleiter zur Verfügung, der durch sehr gute physikalische Eigenschaften überzeugt, die sich in niedrigen Verlusten, hohem Wirkungsgrad und damit hoher Energieeffizienz widerspiegeln. Die Leistungselektronik für hocheffiziente, verlustarme Bauelemente in der Photovoltaik, im Mobilfunk oder für Elektro- und Hybridautos setzt mehr und mehr auf den neuen Werkstoff. GaN wurde im Bereich der zivilen Nutzung zu einem Schlüsselmaterial, als ein Nachfolger für die DVD-Videoscheibe gesucht wurde. Die neuen Blu-ray-Datenträger für hochaufgelöste Filme wurde erst durch GaN-beschichtete Leseköpfe möglich, die auch mit hochfrequenten Strahlen arbeiten können. Auch für Handy-Basisstationen, LED-Taschenlampen und Laser wird die Technologie bereits eingesetzt.

Die Fregatten 125 (F125) sollen ab 2016 die Schiffe der „Bremen“-Klasse im Verhältnis 1:2 ersetzen. Mit einem neuen Konzept wird die „Baden-Württemberg“-Klasse zudem einmal erweiterte Fähigkeiten zur Verfügung stellen: längere Stehzeiten im Einsatzgebiet sowie Unterstützung landseitiger Stabilisierungs- oder Kampfeinsätze durch die eingeschifften Spezialkräfte und ein größeres Geschütz. Für die Entwicklung und zum Bau der Fregatten haben sich die Werften ThyssenKrupp Marine Systems und Lürssen zusammengeschlossen. Sie bilden die Arbeitsgemeinschaft Fregatte 125 (ARGE F125). Am 20. Juni 2007 hatte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages – trotz Kritik durch den Bundesrechnungshof – den Bau von vier F125-Fregatten im Umfang von rund 2,6 Milliarden Euro genehmigt. Am 9. Mai 2011 war mit dem Bau des Typschiffs begonnen worden. Am 2. November 2011 hatte bei Blohm + Voss in Hamburg die Kiellegung der ersten neuen Fregatte stattgefunden. Das Unternehmen Lürssen baut die Bugsektionen der vier F125, Blohm + Voss die übrigen Sektionen. Blohm + Voss ist auch verantwortlich für die Endmontage, die Endausrüstung und für die Durchführung der Seeversuche.


Unsere Computergrafik ermöglicht einen Blick in die Zukunft und zeigt eine Fregatte der neuen Klasse F125. Diese Schiffe der „Baden-Württemberg“-Klasse sollen ab 2016 die Fregatten der „Bremen“-Klasse ablösen.
(Bild: Cassidian)


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