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Le Bourget (Frankreich)/Berlin. Das Rüstungsprojekt „Meteor“ ist und bleibt wohl noch für längere Zeit das technologisch anspruchsvollste und industriepolitisch wichtigste Vorhaben der europäischen Raketenbranche. Der Luft-Luft-Lenkflugkörper gehört zur nächsten Generation der sogenannten BVRAAM-Systeme (Beyond Visual Range Air-to-Air Missiles) und soll Kampfflugzeuge mit revolutionär neuen Fähigkeiten für den Luftkampf ausstatten. Zudem ist Meteor ein Stück Emanzipation von den USA: denn gelingt der große wehrtechnische Wurf, dann löst diese europäische Entwicklung wohl die amerikanische AIM-120 AMRAAM (Advanced Medium Range Air-to-Air Missile) ab. Darüber hinaus sichert das Programm Kernkompetenzen für Lenkflugkörpersysteme in Europa und Deutschland.

Die Luft-Luft-Rakete für große Entfernungen Meteor ist ein Gemeinschaftsprodukt von Inmize Sistemas S.L. (Spanien), MBDA (Großbritannien/Frankreich/Italien) und Saab Bofors Dynamics (Schweden). Folgende Schlüsselkomponenten werden von der deutschen Industrie geliefert: Bayern-Chemie (MBDA Deutschland) zeichnet verantwortlich für das Triebwerk, die TDW Gesellschaft für verteidigungstechnische Wirksysteme mbH (MBDA Deutschland) liefert das Gefechtskopfsystem, von Northrop Grumman LITEF kommt die inertiale Messeinheit für Meteor (Inertial Measurement Unit; IMU).

Kunden des Meteor-Konsortiums sind Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Schweden und Spanien. Mit dem radargelenkten Raketensystem sollen der Eurofighter, der französische Dassault-Rafale sowie Schwedens Saab Gripen ausgerüstet werden.

Treffen der Staatssekretäre in Le Bourget

Am 18. Juni nun einigten sich vertraglich die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH und die zuständige NATO-Managementagentur NETMA über einen Vertrag zur Integration der Lenkwaffe in die Eurofighter-Maschinen. Das Dokument unterzeichneten im Rahmen der internationalen Pariser Luftfahrtmesse in Le Bourget NETMA-Generalmanager Jesus Pinillos Prieto und Alberto Gutierrez, Vorstandsvorsitzender der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH.

Die jeweiligen Verteidigungsministerien der vier Eurofighter-Nationen Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien hatten zur Vertragsunterzeichnung hochrangige Vertreter entsandt. Nach Le Bourget gekommen waren Staatssekretär Stéphane Beemelmans und dessen Amtskollegen Philip Dunne (Großbritannien) und Pedro Argüelles Salaverría (Spanien) sowie Roberta Pinotti, Staatssekretärin im italienischen Verteidigungsministerium.

Vorstandschef Gutierrez sagte an diesem Dienstag: „Der Flugkörper Meteor verleiht dem Eurofighter Typhoon zusätzliche Schlagkraft. Gekoppelt an weitere Maßnahmen zur Kampfwertsteigerung des Systems wird Meteor die Marktposition des Eurofighters nachhaltig stärken können. Das Kampfflugzeug, das sich schon jetzt als ,Klassenbester‘ präsentiert, wird so die Kunden durch seine unübertroffenen Qualitäten und Vorzüge in den Bereichen Leistung, Zuverlässigkeit und auch Unterstützung erst recht überzeugen.“ NETMA-Generalmanager Prieto sprach in Le Bourget von einem weiteren außergewöhnlichen Kapitel in der Eurofighter-Erfolgsstory. Man sei erfreut darüber, mit der Meteor-Vertragsunterzeichnung dem Kampfjet nun neue, zusätzliche Fähigkeiten zur Verfügung stellen zu können.

Alle sechs Meteor-Partnerländer jetzt an Bord

Knapp drei Wochen vor der Pariser Air Show, am 31. Mai, wurde das Unternehmen MBDA auch offiziell von deutscher Seite mit der Lieferung der Luft-Luft-Rakete Meteor betraut. Endgültig grünes Licht gegeben hatte dafür der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages am 15. Mai in seiner 141. Sitzung. Beraten worden war dabei über den Abschluss eines Vertrages zur Integration des Lenkflugkörpers in das Waffensystem Eurofighter, den Abschluss einer Durchführungsvereinbarung zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und dem britischen Verteidigungsministerium über die Beteiligung Deutschlands an der Fertigungsphase des Meteor-Programms sowie über einen Vertrag zur Beschaffung von 150 Exemplaren dieser Luft-Luft-Rakete. Zuvor hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages (ohne Debatte, wie zu erfahren war) dem Vorhaben zugestimmt.

Damit haben nun alle sechs Meteor-Partnernationen – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Schweden und Spanien – die entsprechenden Dokumente ratifiziert. Mit der Unterzeichnung der Integrationsvereinbarung in Le Bourget können jetzt die Meteor-Lenkflugkörper nach und nach für die Gripen, Rafale und nun auch Eurofighter beschafft werden. Lediglich Spanien wird sich aus Haushaltsgründen im Augenblick nicht an der Integration beteiligen.

Das Projekt „Meteor-Beschaffung und Meteor-Integration in den Eurofighter“ macht für Deutschland folgenden Finanzbedarf erforderlich: für den Anteil „Integration“ rund 132,34 Millionen Euro, für den Anteil „Beschaffung“ rund 260,65 Millionen Euro. Alles in allem soll Meteor demnach ein Gesamtvolumen von 392,99 Millionen Euro haben.

Weltweit einmaliges Antriebssystem

Seine Leistungsfähigkeit verdankt Meteor einem modernen Antriebssystem, dem regelbaren Feststoff-Staustrahltriebwerk. Dieses Triebwerk treibt den Flugkörper bis zum Erreichen seines Gefechtsziels an und verleiht Meteor somit die größte „No Escape-Zone“ aller momentan am Markt verfügbaren Luft-Luft-Lenkflugkörper (als „No Escape-Zone“ wird der Bereich um das gegnerische Flugzeug bezeichnet, aus dem dieses – selbst bei sofortigem Fluchtkurs und unter größtmöglichen g-Manövern – der angreifenden Raketen nicht mehr entkommen kann).

Durch den Einsatz des Staustrahlantriebs verdreifacht sich die angetriebene Reichweite des Meteor im Vergleich zu Flugkörpern gleicher Dimension mit konventionellen Feststoffantrieben. Entwickelt wurde und produziert wird dieses weltweit einmalige Antriebssystem von der Bayern-Chemie (MBDA Deutschland) in Aschau am Inn.

Die Hauptkomponente des Motors besteht aus einem Gasgenerator, der einen Sauerstoff-unterbillanzierten Komposittreibstoff enthält. Nach dessen Zündung erzeugt dieser ein Verbrennungsgas, das anschließend in der Brennkammer mit zugeführter Umgebungsluft vermischt und verbrannt wird. Während des Fluges im Überschallbereich wird die Luft im Lufteinlass komprimiert und ermöglicht so eine hocheffiziente Schuberzeugung. Der Verbrennungsprozess im Gasgenerator ist abhängig vom Druck. Durch ein eingebautes Regelventil kann der Gasstrom aus dem Gasgenerator variiert und somit der Schub des Antriebs an die Anforderungen der Mission auf sehr flexible Art und Weise angepasst werden. Die Brennkammer des Staustrahlantriebs enthält zudem einen düsenlosen Booster. Dieser beschleunigt den Flugkörper nach dem Start vom Trägerflugzeug auf eine Geschwindigkeit von etwa Mach 2, bei welcher dann der Staustrahlantrieb aktiviert wird.

Laut MBDA erreicht die Lenkwaffe Meteor drei bis sechs Mal höhere Flugleistungen als existierende BVRAAM-Systeme. Die Geschwindigkeit und Reichweite werden dabei nur grob mit „bis zu Mach 4“ (in Flughöhen über 20.000 Metern) und „über 100 Kilometer“ angegeben.

Mit dem Flugkörper in ständiger Verbindung

Ein weiterer wichtiger Meteor-Faktor für die Leistungssteigerung des Eurofighters ist neben dem Staustrahlantrieb der Einsatz des Zweiwege-Datenlinks. Mit diesem Link können alle wichtigen Subsysteme des Kampfjets mit der Rakete kommunizieren. Der Pilot kann so alle relevanten Informationen bündeln und den Flugkörper-Flugweg anhand des aktuellen Luftlagebildes bestätigen oder korrigieren.

Ende Juni erst wurden zwei Serien-Luft-Luft-Raketen von einer schwedischen Saab Gripen erfolgreich im Flug abgefeuert. Am 4. Dezember 2012 war erstmals auch ein Meteor-Lenkflugkörper über einem Erprobungsgelände bei Aberporth in Wales von einem Eurofighter verschossen worden.


Kompakt                                           

Die seit 1995 bestehende Managementagentur des Bündnisses NETMA (NATO EF 2000 and Tornado Development, Production & Logistics Management Agency/NATO-Agentur für Entwicklung, Produktion und logistische Betreuung der Waffensysteme EF 2000 und Tornado) hat ein klar definiertes Aufgabengebiet. Sie ist aufseiten der Kunden und Betreiber für die Betreuung der Entwicklung, Produktion und Beschaffung sowie für die technisch-logistische Unterstützung während des Betriebs der Waffensysteme Eurofighter und Tornado zuständig.
In NETMA sind die Nutzerländer Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien vertreten. Seit 2012 hat auch Eurofighter-Kunde Saudi-Arabien einen Sitz in diesem Gremium.
Gegenstück auf industrieller Seite ist für den Kampfjet Eurofighter die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH mit Sitz in Hallbergmoos. Das Konsortium wird aus den Unternehmen EADS/Division Cassidian (33 Prozent), spanische EADS CASA (13 Prozent), italienische Alenia Aermacchi (21 Prozent) und BAE Systems aus Großbritannien (33 Prozent) gebildet.


Die beiden Aufnahmen zeigen:
1. Vertragsunterzeichnung zwischen NETMA und der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH am 18. Juni 2013 in Le Bourget. Hintere Reihe, von links: Pedro Argüelles Salaverría, Roberta Pinotti, Philip Dunne und Stéphane Beemelmans. Vorne links Jesus Pinillos Prieto (NETMA), daneben Alberto Gutierrez (Eurofighter Jagdflugzeug GmbH).
(Foto: Eurofighter Jagdflugzeug GmbH)

2. Ein Luft-Luft-Lenkflugkörper Meteor an der französische Dassault-Rafale.
(Foto: Thierry Wurtz/MBDA)


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