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Orlando (USA). Sieben Jahre nach dem Programmstart ist jetzt dem trinationalen Gemeinschaftsprojekt MEADS (Medium Extended Air Defense System) der erste Praxistest gelungen. Auf der Testrange in White Sands im US-Bundesstaat New Mexico schoss ein PAC-3-MSE-Flugkörper des Luftverteidigungssystems eine mit gut 1000 Stundenkilometern anfliegende Drohne ab. Die Drohne – am blauen Himmel über dem Testgelände die berühmte Stecknadel im Heuhaufen – war knapp fünf Meter lang und wurde vom MEADS-Geschoss völlig zerstört.

Sogar der Financial Times Deutschland (FTD), die am 7. Dezember nach zwölf Jahren zum letzten Mal erschien, war dieser Treffer noch eine größere Geschichte wert. In seinem Beitrag „Und MEADS trifft doch“ schrieb FTD-Redakteur Gerhard Hegmann am 2. Dezember: „Für die MEADS-Verantwortlichen ist der erste Treffer im ersten Abschussversuch extrem wichtig und ein kleiner Hoffnungsschimmer für den Fortbestand der Technologie. Nach Verzögerungen und Kostensteigerungen hatte die US-Regierung im Februar 2011 beschlossen, keine weiteren Gelder in das 3,4 Milliarden Dollar teure Projekt zu investieren und spätestens nach der Entwicklungsphase auszusteigen. Für die MEADS-Manager eine bittere Entscheidung. Ende 2013 soll noch der Abschuss einer aus großer Höhe und Entfernung anfliegenden Rakete in der Praxis getestet werden. 2014 soll dann Schluss sein.“

Zielverfolgung „über die Schulter“

Mit dem Test am 29. November wurden die spezifizierten Funktionalitäten von MEADS, dem mobilen bodengestützten Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsystem der nächsten Generation, erfolgreich demonstriert. Die Testkonfiguration des von Deutschland, Italien und den USA initiierten und getragenen Projekts umfasste an diesem Tag einen Gefechtsstand, einen in Leichtbauweise gefertigten Launcher und ein Multifunktions-/Feuerleitradar (MFCR) mit 360-Grad-Abdeckung.

Das MFCR (Multifunction Fire Control Radar) erfasste und verfolgte die MQM-107-Drohne und leitete den PAC-3-MSE-Flugkörper (MSE: Missile Segment Enhancement) erfolgreich ins Ziel. Bei dem Test wurde die MEADS-Fähigkeit zur 360-Grad-Rundumverteidigung genutzt; so konnte der Flugkörper quasi ein „Über-die-Schulter-Manöver“ durchführen, um die „von hinten angreifende“ Drohne abzufangen.

Weniger Ressourcen und trotzdem wirkungsvoller

MEADS umfasst 360-Grad-Radare, Gefechtsstände mit offener Systemarchitektur und Plug&Fight-Fähigkeit und leicht verlegbare Launcher mit Verschussfähigkeit für den neuen Flugkörper PAC-3 MSE. Verantwortlicher Generalunternehmer für das System ist MEADS International, ein multinationales Joint Venture mit Sitz in Orlando, Florida. Die wichtigsten Unterauftragnehmer und Joint-Venture-Partner sind die MBDA in Deutschland und Italien sowie Lockheed Martin in den Vereinigten Staaten.

MEADS, so argumentieren die beteiligten Unternehmen, vereine auf dem Gefechtsfeld hohe Flexibilität mit überlegenem Schutz von Truppen und Einrichtungen gegen taktische ballistische Flugkörper, Marschflugkörper, Flugzeuge und unbemannte Luftfahrzeuge (Drohnen). Dank dieser besonderen Eigenschaften decke MEADS mit deutlich weniger Systemressourcen einen bis zu achtmal größeren Abwehrbereich als eingeführte Systeme ab. Für den Betrieb werde wesentlich weniger Personal, Ausrüstung und Lufttransportkapazität benötigt.

Stolz ist man in Orlando auch über das Multifunktions-/Feuerleitradar. Das MFCR arbeitet im X-Band. Es ermöglicht hochgenaue Zielvermessung, Zielverfolgung sowie Diskriminierung und Klassifizierung von Zielen. Wo immer ein schneller Einsatz erforderlich ist, kann das MFCR sowohl Überwachungs- als auch Feuerleitfunktionen übernehmen, bis ein Überwachungsradar im Netzwerk ist. Durch ein hochmodernes Subsystem zur Freund-Feind-Erkennung soll sich die Identifizierung und Typisierung von Bedrohungen entscheidend verbessern.

Geforderte Systemfähigkeiten sind nun Realität

„MEADS bietet modernste Fähigkeiten. Das System hat keine toten Winkel und kann Luftziele mit großer Reichweite erfassen, verfolgen und treffen”, erklärte Dave Berganini, Präsident von MEADS International, nach dem erfolgreichen Test in White Sands. „Das erfolgreiche Abfangmanöver beweist, dass die geforderten Fähigkeiten von MEADS Realität sind. Das digitale Design sowie die moderne Hardware und Software gewährleisten hohe Zuverlässigkeit. Zudem bietet das System vergleichsweise deutlich geringere Betriebs- und Instandhaltungskosten.“

Gregory Kee, General Manager der NATO-Agentur NAMEADSMA (die Agentur mit Sitz in Huntsville, Alabama, leitet das MEADS-Programm), urteilte am 29. November: „Der erfolgreiche Flugtest zeigt, dass MEADS Ziele aus allen Richtungen erkennen, verfolgen, bekämpfen und mit einem einzigen mobilen Startgerät zerstören kann. MEADS ist in der Lage, wichtige Einrichtungen und unsere Soldaten im Einsatz gegen die wachsenden Bedrohungen durch Flugkörper zu verteidigen.“

Starkes Argument für die MEADS-Technologie

Erleichtert und stolz zeigte sich auch Thomas Homberg, Geschäftsführer der MBDA Deutschland, nach dem geglückten Abfangtest in New Mexico. „Dieser Erfolg belegt die Leistungsfähigkeit des Systems und zeigt erneut, dass die transatlantische Kooperation zuverlässig ist. Wir haben mit diesem Fortschritt ein starkes Argument für die weitere Nutzung der MEADS-Technologie für zukünftige Luftverteidigungsarchitekturen unserer Kunden geliefert.“

Bereits am 17. November 2011 war ein Flugtest gegen ein von hinten angreifendes simuliertes Ziel erfolgreich verlaufen. Für diesen Test hatte man einen PAC-3-MSE-Flugkörper zusammen mit dem leichten MEADS-Startgerät und dem Gefechtsstand eingesetzt.

Zugriff auf Technologien und Know-how

2014 endet das MEADS-Entwicklungsprogramm der drei Partnernationen USA, Italien und Deutschland. Mit einem Finanzierungsanteil von 25 Prozent (946 Millionen Euro) erhält Deutschland Zugriff auf 100 Prozent der entstandenen Ergebnisse. Die dann zur Verfügung stehenden MEADS-Technologien und das Know-how sollen für eine zukünftige nationale und (beziehungsweise oder) europäische Luftverteidigung und Raketenabwehr genutzt werden. Die heute bei unserer Luftwaffe verfügbaren Systeme können nur schwer verlegt und nur bedingt mit anderen Systemen vernetzt werden. Zudem bieten sie keinen 360-Grad Rundumschutz und können auch mit Kampfwertsteigerungen dem künftigen Bedrohungsspektrum nicht mehr gerecht werden.

Text: dew üpm


Den erfolgreichen Abfangtest mit dem Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsystem dokumentiert auch unser Video, das von MEADS International zur Verfügung gestellt wurde.

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Zu unseren Bildern:
1. Erfolgreicher MEADS-Test in White Sands, New Mexico.

2. Ankunft des MEADS-Radars (MFCR) auf dem Flughafen von El Paso, Texas.

3. Testreihen mit MEADS auf dem italienischen Stützpunkt Pratica di Mare (zu sehen ist das MFCR im Betrieb).
(Fotos: MEADS International, Inc.)


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