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Schönau am Königssee.  Georg Leber hat die Bundeswehr erneuert und modernisiert, ihr großes internationales Ansehen verschafft und sie in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Der als „Vater der Soldaten“ bekannte Verteidigungsminister blieb auch nach seinem Abschied von der Hardthöhe 1978 einer der angesehensten Ressortchefs und gilt heute als einer der Baumeister der Bundesrepublik Deutschland. Georg Leber verstarb am 21. August 2012 nach langer Krankheit im Alter von 91 Jahren.  

Mit einem großen Ehrengeleit durch das Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung und einer Totenwache, gestellt durch Generale und Admirale der Bundeswehr, wurde der ehemalige Verteidigungsminister am 4. September in seinem letzten Wohnort Schönau am Königssee beigesetzt. An der Trauerzeremonie, der ein Requiem in der örtlichen Pfarrkirche vorausgegangen war, nahmen neben Verteidigungsminister Thomas de Maizière auch der Vorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, sowie der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bau, Klaus Wiesehügel, teil. Abschied nahmen auch der frühere Verteidigungsminister Peter Struck, die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Bärbel Kofler, der Landrat des Berchtesgadener Landes, Georg Grabner, sowie Bürgermeister aus der Region.

Der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, würdigte Leber im Rahmen des Requiems in der Kirche der Pfarrei Unterstein in der Gemeinde Schönau als „Mann des Friedens“. Bei der Aussegnungsfeier am Bergfriedhof sagte der Kardinal in Anwesenheit der Söhne Lebers sowie weiterer Familienangehöriger: „Wir verabschieden heute einen großen Mann; er war ein leidenschaftlicher Mensch, auch ein streitbarer – und bei den Soldaten der Bundeswehr unglaublich beliebt.“ Das Heeresmusikkorps 10 aus Ulm ehrte den Verstorbenen mit der Nationalhymne. Rund 150 Trauernde begleiteten den Sarg, der in die Deutschlandfahne gehüllt war, zur Grabstelle am Schönauer Bergfriedhof. Sie war umgeben von zahlreichen bunten Blumenkränzen – unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Maurer, Gewerkschafter und Minister

Georg Leber wurde am 7. Oktober 1920 in Obertiefenbach bei Limburg an der Lahn als Sohn eines Maurers und christlich-katholischen Gewerkschafters geboren. Nach einer kaufmännischen Lehre und dem Besuch der Handelsschule in Limburg erreichte ihn die Einberufung zum Militär. Leber diente als Funker bei der Luftwaffe. Bei einem Infanterieeinsatz in Ostpreußen im Februar 1945 wurde der Unteroffizier verwundet.

Nach Kriegsende arbeitete Georg Leber zunächst wie sein Vater als Maurer. 1947 trat er in den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ein, wurde 1949 Sekretär der Industriegewerkschaft (IG) Bau-Steine-Erden in Limburg, 1955 zweiter IG-Vorsitzender und 1957 erstmals IG-Bundesvorsitzender. Seine parteipolitische Karriere in der SPD, der er 1951 beigetreten war, startete Leber mit einem Bundestagsmandat 1957. Bereits vier Jahre später wurde er in den Fraktions- und Parteivorstand der SPD berufen. Dort wirkte er als einer der Architekten der Großen Koalition, in der er 1966 zunächst Verkehrsminister war (später dann war in der sozial-liberalen Koalition unter SPD-Kanzler Willy Brandt führte er zusätzlich auch das Postministerium).

Die Amtszeit von Bundesverkehrsminister „Schorsch“ Leber, wie er vielfach genannt wurde, ist eng verbunden mit dem Tempolimit „100“ auf Landstraßen und der Grenze bei der Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille für Autofahrer. Unter Leber verdoppelte sich das Autobahnnetz.

Hohes Ansehen in der Truppe

Auch als Nachfolger von Helmut Schmidt im Verteidigungsministerium ab dem 10. Juli 1972 setzte der Sozialdemokrat und engagierte Katholik wegweisende Akzente (Schmidt, später Bundeskanzler, übernahm das Finanzministerium). So wurden die Streitkräfte in Lebers Amtszeit deutlich vergrößert, die ersten Frauen zu Sanitätsoffizieren ernannt und die Bundeswehr-Universitäten aufgebaut. Aufgrund seines betont herzlichen Umgangs mit den Angehörigen der Bundeswehr genoss Leber in der Truppe bald hohes Ansehen, das sich in dem Ehrennamen „Soldatenvater“ ausdrückte.

In seinem „Lieblingsjob“, wie er das Amt einmal bezeichnete, bezog der „rote“ Verteidigungsminister stets Position: im Gegensatz zu einigen Parteifreunden stand Leber weiterhin eng zu den USA, zur NATO und zur nuklearen Abschreckungsstrategie und kämpfte für einen unvermindert hohen Verteidigungsbeitrag. Er setzte durch, dass das Heer um drei zusätzliche Brigaden verstärkt wurde.

Lauschangriffe des MAD

Mit seinem Rücktritt 1978 übernahm Georg Leber die politische Verantwortung für einen ungesetzlichen Lauschangriff des Militärischen Abschirmdienstes (MAD). Gegen den Rat der übrigen Kabinettsmitglieder trat er am 1. Februar 1978 zurück. Bei der Affäre, über die er stürzte, hatte der MAD in einem Büro des maoistischen Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) Wanzen installiert – und damit das Grundgesetz gebrochen. Bekannt wurden später weitere MAD-Lauschmitteleinsätze, unter anderem gegen Lebers Sekretärin Hildegard Holz und gegen Angehörige der Bundeswehr.

Von 1979 bis 1983 hatte Leber noch das Amt des Bundestagsvizepräsidenten inne. Als ihm 1983 ein sicherer Listenplatz für die Bundestagswahl streitig gemacht wurde, schied der Hesse nach 26 Jahren aus dem Parlament aus.

Zusammen mit seiner zweiten Frau Katja (seine erste Frau Erna-Maria war 1984 gestorben) lebte Georg „Schorsch“ Leber zurückgezogen in seinem Haus in Schönau am Königssee. Der Hobby-Maler hat dort zahlreiche Landschaftsbilder vollendet.

Um Deutschland verdient gemacht

In einer bewegenden Trauerrede blickte Verteidigungsminister Thomas de Maizière auf das politische Leben und die Verdienste seines Vorgängers im Amt zurück. Er nannte Georg Leber „einen überzeugten Gewerkschafter, einen leidenschaftlichen Politiker und einen innovativen Minister“. Wörtlich sagte de Maizière: „Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, Soldaten der Bundeswehr und auch ich ganz persönlich werde ihn – den Demokraten aus tiefster Überzeugung – in diesem Sinne in bester Erinnerung behalten. Georg Leber hat sich um unser Land verdient gemacht!“

Die Trauerrede de Maizières finden Sie in unserem Bereich BIBLIOTHEK zum downloaden. 

- Hinweis

Zu unseren Bildern
  1. Zur Beisetzung des ehemaligen Verteidigungsministers Georg Leber stellte das Wachbataillon der Bundeswehr ein großes Ehrengeleit – Generale und Admirale hielten die Totenwache. (Foto: Siegfried Houben/Bundeswehr)
  2. Verteidigungsminister Leber im März 1974 mit General Johannes Steinhoff, von 1966 bis 1971 Inspekteur der Luftwaffe und anschließend bis 1974 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. (Foto: Günther Oed)
  3. Eine Premiere – die ersten weiblichen Sanitätsoffiziere am 1. Oktober 1975 mit Minister Leber auf der Bonner Hardthöhe. (Foto: Günther Oed)  

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