Berlin. Die Zahl der Soldaten, die mit Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) aus einem Auslandseinsatz zurückkehren, ist deutlich gestiegen. Für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2014 meldeten die Streitkräfte vor einigen Wochen insgesamt 1697 Behandlungskontakte von Patienten mit psychisch einsatzbedingter Erkrankung in Bundeswehrkrankenhäusern und medizinischen Versorgungszentren. Unter „Behandlungskontakte“ verstehen die Bundeswehrmediziner die Summe aus Neuerkrankungen und Wiedervorstellungen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums ließen sich im Jahr 2014 insgesamt 431 Einsatzsoldaten wegen einer PTBS behandeln, bei 204 wurde die Diagnose „PTBS“ erstmals gestellt. Dies waren 55 mehr PTBS-Neuerkrankungen als im Vorjahr 2013.
Neben einer Posttraumatischen Belastungsstörung können auch noch andere psychische Störungen – beispielsweise Depressionen oder Angst- und Anpassungsstörungen – auftreten. Den Informationen des Ministeriums zufolge wurden hier im Jahr 2014 zusätzlich 214 Einsatzsoldaten mit „anderen psychischen Erkrankungen“ registriert, davon 164 Fälle als Neuerkrankung (es gab 427 Behandlungskontakte). Im Vorjahreszeitraum waren es sieben Patienten weniger, die sonstige psychische Störungen aufwiesen, auch gab es 2013 hier 20 weniger Neuerkrankungen.
Insgesamt verzeichnete die Bundeswehr für das Jahr 2014 also 75 mehr neu erkrankte Einsatzsoldaten als im Vergleichszeitraum 2013. Dies entspricht einer Zunahme von 25,6 Prozent.
Es ist wie manchmal im Leben eine Frage nach dem halb leeren oder halb vollen Glas. Ist der unbestreitbare Anstieg der Gesamtzahl einsatzbedingter PTBS-Neuerkrankungen und anderer einsatzbedingter psychischer Neuerkrankungen nun auf eine höhere körperliche und seelische Belastung in Auslandseinsätzen zurückzuführen? Leicht machen es sich da Medien, die den „reißerischen Ansatz“ wählen (denn der scheint sich besser zu verkaufen). Da heißt es beispielsweise ohne vertiefende Erklärung: „Die Zahl von Bundeswehrsoldaten mit einsatzbedingten posttraumatischen Belastungsstörungen, PTBS, ist erneut gestiegen!“
Oder überzeugen uns die Argumente der Bundeswehrmedizinier, wenn diese ihre Statistik so interpretieren: „Es scheint sich durch die vermehrte Aufklärung und Prävention eine verbesserte Sensibilisierung und Entstigmatisierung entwickelt zu haben, die anteilig auch Soldatinnen und Soldaten erreicht, die bisher als ,Dunkelziffer‘ nicht in Erscheinung getreten sind.“
Betroffene Soldaten würden mittlerweile zudem von etwa 160 „Lotsen für Einsatzgeschädigte“ unterstützt. Auch die Veröffentlichung des Kompendiums „Umgang mit psychischen Einsatzschädigungen einschließlich posttraumatischer Belastungsstörung in der Bundeswehr“ im Mai 2014 durch das Verteidigungsministerium habe zu einer erhöhten Transparenz geführt. Alle Maßnahmen erleichterten offenbar den Zugang in die Versorgungssysteme der Bundeswehr, meinen die Experten des Sanitätsdienstes der Streitkräfte.
Eine Prognose erscheint fast logisch. „Es ist voraussichtlich auch weiterhin mit Neuerkrankungen zu rechnen, da eine PTBS auch noch Jahre nach einem belastenden Ereignis auftreten kann – dies entspricht dem Krankheitsbild“, so die Vorhersage der Militärmediziner.
Zu unserem Symbolbild: Im Jahr 2014 wurden nach Informationen des Verteidigungsministeriums 1697 Behandlungskontakte von psychisch einsatzbedingten PTBS-Patienten in den Bundeswehrkrankenhäusern und medizinischen Versorgungszentren verzeichnet. Diese Behandlungskontakte kamen durch 431 Soldaten zustande, 204 Soldaten nahmen dabei erstmals mit den medizinischen Einrichtungen der Bundeswehr Verbindung auf (Neuerkrankungen). Bei den übrigen möglichen psychischen einsatzbedingten Erkrankungen wurden im Jahr 2014 zudem in den Bundeswehrkrankenhäusern und medizinischen Versorgungszentren 427 Behandlungskontakte registriert. Diese hatten 214 Soldaten, 164 davon waren „Neuerkrankte“.
(Foto: amk)