menu +

Nachrichten



Eindhoven (Niederlande). Das Europäische Lufttransportkommando (European Air Transport Command, EATC) im niederländischen Eindhoven freut sich über Zuwachs. Italien wird siebtes Mitglied der europäischen Lufttransportflotte und dem Pool dafür voraussichtlich ab 2016 den Großteil seiner Transportmaschinen zur Verfügung stellen. Inspekteure und Vertreter der am EATC beteiligten Luftwaffen übergaben am 12. November dem Repräsentanten Italiens, Generalmajor Roberto Comelli, einen sogenannten „Letter of Invitation“. Eine Einladung!

Der „Letter of Invitation“ ist die gemeinsame Willenserklärung der EATC-Partnernationen, Italien demnächst als neues Mitgliedsland im Kommando begrüßen zu wollen. Nun muss nur noch die italienische Seite den Beitritt offiziell bestätigen. Diese „Note of Participation“ – die Beitrittserklärung – soll am 4. Dezember in Rom an die EATC-Länder übergeben werden.

Nach diesem formalen Schritt wäre Italien dann das siebte Mitglied des am 1. September 2010 aufgestellten European Air Transport Command. Mitglieder sind bislang Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande und seit dem 1. Juli dieses Jahres Spanien. Derzeit verfügen die EATC-Mitgliedsländer über eine gemeinsame Lufttransportflotte von etwa 160 Flugzeugen, verteilt auf knapp 20 verschiedene Flugzeugtypen.

Italienische Luftwaffensoldaten bereits zum Jahreswechsel in Eindhoven

Sollte Italien am 4. Dezember die förmliche Einladung der EATC-Nationen mit einer „Note of Participation“ beantworten, dann würde die italienische Luftwaffe bereits zum Jahreswechsel Personal ins Kommando nach Eindhoven entsenden. Danach sollen in den italienischen Verbänden erste Infrastruktur- und Ausbildungsmaßnahmen folgen, damit das neue Personal auf das Lufttransportmanagement des EATC vorbereitet werden kann.

Als Vertreter der deutschen Luftwaffe nahm Generalmajor Helmut Schütz, Kommandeur Fliegende Verbände im Kommando Einsatzverbände Luftwaffe, am 12. November an dem Treffen in Eindhoven teil. Schütz unterzeichnete für die deutsche Seite den „Letter of Invitation“.

EATC-Erweiterung bringt handfeste Vorteile für die deutsche Luftwaffe

Für die Bundeswehr beziehungsweise für unsere Luftwaffe wird der Beitritt Italiens zum EATC schon mittelfristig etliche Vorteile bringen. Lassen Sie uns dies anhand zweier Beispiele verdeutlichen.

Wenn deutsche Eurofighter künftig wieder einmal für kurze Zeit auf den italienischen Militärstützpunkt Decimomannu verlegen, um über der Insel Sardinien und dem angrenzenden Mittelmeer den Luftkampf zu trainieren, dann muss die deutsche Luftwaffe möglicherweise nicht so viele Luftbetankungseinsätze fliegen. Denn die italienischen Tankflugzeuge Boeing KC-767A sind technisch in der Lage, auch deutsche Eurofighter- und Tornado-Kampfflugzeuge zu versorgen. Allerdings ist zuvor ein gegenseitiges Zertifizierungsverfahren erforderlich.

Bei Übungen deutscher Fallschirmjäger im Süden Europas – so ein weiteres denkbares Szenario – könnte in Zukunft auch aus einer italienischen Alenia C-27 Spartan oder aus einer Lockheed C-130J Hercules gesprungen werden. Beide Transportflugzeuge stehen für den taktischen Einsatz zur Verfügung.

Ein multinationaler Pool mit rund 200 Luftfahrzeugen

Solche oder ähnliche Einsätze werden übrigens bald auch von der spanischen Lufttransportflotte erwartet, denn Spanien ist seit gut vier Wochen Mitglied des EATC. Der Großteil der Lufttransportflotte dieses Landes wird voraussichtlich ab April 2015 für das Eindhovener Kommando – und damit auch für die deutsche Luftwaffe – nutzbar sein.

Ab dem Moment, an dem Spanien und Italien ihre nationalen Lufttransportflotten dem EATC operationell übertragen, werden sich im Pool des Kommandos mehr als 200 Luftfahrzeuge befinden. Der EATC-Beitrag Spaniens besteht aus dem Mehrzwecktransportflugzeug Boeing B707 (wird langfristig ersetzt durch den Airbus A330 MRTT), den taktischen Transportflugzeugen C-130H Hercules und Casa C-295 sowie dem Tankflugzeug KC-130 Hercules (beide Hercules-Varianten werden ab 2016 nach und nach durch den Airbus A400M ersetzt).

Deutschland stellt Airbus-Maschinen und vorläufig noch die Transall

Seit der Aufstellung des European Air Transport Command im September 2010 tauschen die Mitgliedsnationen nicht nur Fähigkeiten und Kapazitäten im Lufttransport aus, sie erweitern so zugleich auch den operativen Spielraum aller an diesem Austausch („Pooling and Sharing“) beteiligten Luftwaffen.

Die deutsche Luftwaffe hat heute Zugriff auf rund 15 verschiedene Luftfahrzeugmuster der anderen EATC-Nationen. Mit dem Beitritt Italiens kommen mittelfristig drei weitere Luftfahrzeugmuster hinzu.

Deutschland selbst steuert zum Flottenpool den Airbus A310 PAX (für Passagiere oder den Truppentransport) sowie alle Airbus A310 MRTT bei (umrüstbares Mehrzweckflugzeug mit der Bezeichnung „Multi-Role-Transport“, kurz MRT; seit der Fähigkeitserweiterung zur Luftbetankung gilt die Bezeichnung „Multi-Role-Transport Tanker“, MRTT). Hinzu kommen die Transall C-160 D und die Transall C-160 ESS (Konfiguration mit Täuschkörperwerfern und Radarwarnern für den erweiterten Selbstschutz). Die „Trall“ C-160 D wird noch in dieser Dekade durch den Airbus A400M ersetzt werden.

Mitgliedsländer verrechnen Flugstunden gegenseitig mit Hilfe von ATARES

Ähnlich den Codeshare-Flügen ziviler Luftfahrtunternehmen bündelt das EATC wo immer möglich einzelne Missionen, um eine wirtschaftlich optimale Auslastung der anvertrauten Maschinen zu erreichen. Der Lastenausgleich der eingesetzten Luftfahrzeuge geschieht dabei nicht monetär, sondern mithilfe des Wechselsystems ATARES, über das die Nationen einfach ihre Flugstunden austauschen (Anm.: bei dem zivilen Codesharing handelt es sich um einen gemeinsamen Flug in ein- und derselben Maschine, den sich zwei Airlines teilen).

Das multinationale EATC wird vom deutschen Generalmajor Christian Badia geführt. Er übernahm den Chefsessel am 3. Juli von Generalmajor Pascal Valentin (Frankreich). Knapp 60 Bundeswehrangehörige sind derzeit in Eindhoven stationiert, planen und führen aus der niederländischen Kaserne heraus in weiten Teilen den Flugbetrieb der deutschen Lufttransportverbände in Landsberg-Penzing (Lufttransportgeschwader 61), Wunstorf (Lufttransportgeschwader 62), Hohn (Lufttransportgeschwader 63) sowie die fünf Maschinen Airbus A310 der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung in Köln-Wahn.

Das EATC ist zugleich Nachfolgeorganisation des früheren Lufttransportkommandos in Münster und damit in die Struktur unserer Luftwaffe eingebunden.


Das Bildangebot zum Thema „European Air Transport Command“:
1. Flaggen der EATC-Mitgliedsländer in Eindhoven. Auch die Flagge Italiens weht bereits vor dem Kommandogebäude.
(Foto: Norbert Thomas/European Air Transport Command)

2. Deutsches und italienisches Tankerflugzeug im Formationsflug.
(Foto: Norbert Thomas/European Air Transport Command)

3. Generalmajor Helmut Schütz unterzeichnet für die deutsche Luftwaffe das Dokument „Letter of Invitation“.
(Foto: Pascal Ballinger/European Air Transport Command)

4. Die beiden Tanker mit ausgefahrenen Betankungsschläuchen.
(Foto: Norbert Thomas/European Air Transport Command)

5. Generalmajor Roberto Comelli (Italien; links) und Generalleutnant Alexander Schnitger (Niederlande), Vorsitzender des Multinational Air Transport Committee. Im MATraC sind alle Luftwaffeninspekteure der EATC-Nationen vertreten.
(Foto: Pascal Ballinger/European Air Transport Command)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN