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Brüssel. Am 11. Januar konnte die NATO ein für sie bedeutsames Jubiläum feiern: Vor 20 Jahren, am 11. Januar 1994, war die Initiative „Partnerschaft für den Frieden“ anlässlich des Brüsseler Gipfels der Staats- und Regierungschefs der damals 16 NATO-Mitgliedsstaaten ins Leben gerufen worden. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach in einer Presseerklärung zum Jubiläum von der Vision, die die NATO damals gehabt habe. „Diese Partnerschaftsinitiative sollte über Grenzen hinweg reichen und alte ideologische Gegensätze überwinden. Es sollten Partnerschaften entstehen, die zu Frieden und Sicherheit im euro-atlantischen Raum beitragen. Durch den Dialog der Nationen, durch ihre Zusammenarbeit und durch gemeinsame Projekte – all dies auf Grundlage demokratischer Werte und auf Grundlage der Menschen- und Grundrechte.“ Diese Vision von Brüssel sei Wirklichkeit geworden, erklärte der NATO-Generalsekretär stolz.

Die „Partnerschaft für den Frieden“ („Partnership for Peace“, PfP) umfasst heute die Kooperation der NATO mit 22 europäischen sowie asiatischen Staaten, die keine NATO-Mitglieder sind. Die PfP ist ausdrücklich kein Verteidigungsbündnis; die Beistandspflicht beschränkt sich auf Mitgliedsstaaten der Allianz. Allerdings ist vorgesehen, dass ein PfP-Unterzeichnerstaat die NATO konsultieren kann, sollte er von außen bedroht werden. Auch ist über die PfP die Teilnahme an friedenserhaltenden und friedensschaffenden Missionen der Allianz möglich.

Zu den Staaten, die das PfP-Rahmendokument unterzeichnet haben, gehören die ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Russland, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan und Weißrussland. PfP-Unterzeichner sind außerdem die ehemaligen jugoslawischen Republiken Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Serbien. Hinzu kommen die EU-Staaten Finnland, Irland, Malta, Österreich, Schweden und die Schweiz. Zwölf frühere Unterzeichnerstaaten sind mittlerweile der NATO beigetreten: Albanien, Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn.

Von der kollektiven Verteidigung zum Sicherheitsmanagement

Die Gründung der „Partnerschaft für den Frieden“ vor 20 Jahren präsentiert sich in der Rückschau als ein entscheidender Wendepunkt im Rahmen des NATO-Anpassungsprozesses an die damals veränderten Bedingungen der internationalen Politik. Das Ende des Kalten Krieges und die Auflösung des kommunistischen Militärbündnisses Warschauer Pakt bedeuteten zugleich für die NATO den Beginn eines einschneidenden Entwicklungsprozesses. Die Allianz wandelte sich von einer Institution der kollektiven Verteidigung zu einer Institution des Sicherheitsmanagements.

In einer 1998 erschienenen Studie der Forschungsstelle für Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich befasste sich ein Team um Professor Dr. Andreas Wenger ausführlich mit dem Thema „Die NATO-Partnerschaft für den Frieden im Wandel“. Ihre Arbeit ist heute – angesichts des 20-jährigen PfP-Jubiläums – erst recht lesens- und empfehlenswert.

In der Bewertung der Autoren hatte die PfP-Initiative zum Zeitpunkt ihrer Gründung „angesichts NATO-interner Meinungsverschiedenheiten in der Frage der Osterweiterung … in erster Linie die Funktion eines Warteraumes für die beitrittswilligen osteuropäischen Staaten“. Vor dem Hintergrund des damaligen Bosnien-Engagements der NATO habe sich die PfP dann jedoch „überraschend schnell zu einem Kerngeschäft der NATO“ entwickelt. Mit der Vertiefung der „Partnerschaft für den Frieden“ zur „enhanced PfP“ (eine qualitative Verbesserung in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit) sowie der Gründung des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrates (Euro-Atlantic Partnership Council, EAPC) im Laufe des ersten Halbjahres 1997 sei die Friedensinitiative schließlich „in kürzester Zeit zum zentralen Pfeiler der kooperativen Sicherheitsstrukturen Europas weiterentwickelt“ worden.

Friedenspartnerschaft mit universalem Anspruch

Die Zürcher Studie erläutert in einem Kapitel auch das spezifische Profil der „Partnerschaft für den Frieden“-Initiative. Folgende Grundelemente bestimmen bis heute ihren Charakter: Die PfP erlaubt eine bilaterale Zusammenarbeit mit der NATO, jeder Partnerstaat hat die Möglichkeit der direkten Beziehung zur NATO, die PfP orientiert sich an den individuellen Kooperationsbedürfnissen und politischen Zielsetzungen der Teilnehmerstaaten.

Wenger und seine Co-Autoren haben weitere entscheidende Merkmale herausgearbeitet. So basiert die PfP auf einem „Konzept der offenen, variablen Geometrie“. Die Studie erläutert: „Die Friedenspartnerschaft reflektiert damit eine Strömung in der europäischen Sicherheitspolitik, nämlich weg von Sicherheitsorganisationen, die nach dem Einstimmigkeitsprinzip funktionieren und Lösungen nach dem Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners produzieren, hin zu Gremien mit variabler Zusammensetzung, welche die ,Handlungswilligen und Handlungsfähigen‘ einschließen.“ Die „variable Geometrie“ sei die Voraussetzung für eine dynamische Reform und weitergehende Vertiefung des Partnerschaftsprogramms.

Die PfP erlaubt darüber hinaus eine rasche und praxisorientierte Zusammenarbeit zwischen den Staaten und ihren Streitkräften. Das Autorenteam der ETH Zürich: „Mangels strikter Vorgaben und fester Strukturen erweist sich die PfP als äußerst flexibel bei der Planung und Durchführung praktischer multinationaler Übungen. Sie bringt materielle Fortschritte, indem gemeinsame Manöver durchgeführt werden können und eine verbesserte Interoperabilität der Streitkräfte erreicht werden kann.“ Die erste Stabsrahmenübung des NATO-Programms „Partnerschaft für den Frieden“ auf deutschem Boden fand im Zeitraum 8. bis 13. September 1996 auf dem Truppenübungsplatz Munster statt. An „Cooperative Lantern 96“ nahmen damals Soldaten aus 18 Nationen teil.

Die PfP steht schließlich allen Staaten des transatlantischen Raumes offen. Mit diesem Anspruch vermied und vermeidet die NATO jede geografische Trennung. Der universale Anspruch erlaubt es auch neutralen Staaten, sich am Partnerschaftsprogramm zu beteiligen.

Kooperative Sicherheit bleibt eine NATO-Kernaufgabe

In seiner Erklärung zum 20-jährigen Bestehen der Initiative „Partnership for Peace“ sagte NATO-Chef Rasmussen abschließend: „Unser Programm wird auch in Zukunft für Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum sorgen und das wachsende Netz der NATO-Sicherheitspartnerschaften weiterentwickeln. Das Strategische Konzept des Bündnisses schreibt fest, dass die kooperative Sicherheit eine unserer Kernaufgaben ist. Beim NATO-Gipfel in Wales im September 2014 können und werden wir uns als Allianz präsentieren, deren Partnerschaften breiter, tiefer und reicher angelegt sind, als je zuvor.“



Zu unserem Bildangebot:
1. 22. Juni 1994 – gut ein halbes Jahr nach Gründung der Initiative „Friedenspartnerschaft“ unterzeichnete Russland ein entsprechendes Abkommen mit der NATO. Das Bild zeigt den damaligen russischen Außenminister Andrei Kozyrev in Brüssel.
(Foto: NATO)

2. Übung „Cooperative Bridge 94“ bei Poznan in Polen. Es war die erste NATO-Übung im Geiste der „Partnerschaft für den Frieden“ überhaupt.
(Foto: NATO)

3. Deutsche und rumänische Soldaten in einer Manöverpause bei „Cooperative Bridge 94“.
(Foto: NATO)


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