Berlin. Es war ein Hochwasser, das seinen Namen „Jahrhundertflut“ zu Recht trug. Nach starken Regenfällen traten Ende Mai 2013 in ganz Deutschland Flüsse über die Ufer. Zahlreiche Orte standen unter Wasser. Zehntausende mussten evakuiert werden. Mehrere Menschen starben in den Fluten. Der Gesamtschaden belief sich auf acht Milliarden Euro. Die Bundeswehr half mit bis zu 15.000 Kräften. Jetzt wollen sich die Streitkräfte mit einer neuen Katastrophenschutzübung für künftige, ähnliche Szenarien noch besser wappnen. Ihre geplante Übungsserie wird den Namen „Standhafter Bär“ tragen und erstmals im November dieses Jahres stattfinden. Die Truppe wird dabei nicht im Gelände trainieren. Bei „Standhafter Bär“ handelt es sich lediglich um eine computergestützte Simulationsübung.
Bei der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr unterstützte die Bundeswehr im Zeitraum 3. bis 18. Juni auf Bitten der Bundesländer Bayern, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt die zivilen Kräfte mit starken Kontingenten und Reservisten. Auch die Verbündeten standen Deutschland zur Seite. Auf dem Höhepunkt des Hochwassers waren etwa 15.200 Soldaten im Einsatz – auch in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Die Einsätze des Militärs in den Hochwasserregionen wurden zentral durch das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr genehmigt und geleitet. Das Kommando, das seinen Sitz in der Berliner Julius-Leber-Kaserne hat, ist unter anderem für die zivil-militärische Zusammenarbeit und den Katastrophenschutz verantwortlich.
Die neue Übung „Standhafter Bär“ soll alle zwei Jahre im Wechsel mit der LÜKEX-Übung stattfinden, an der die Bundeswehr ebenfalls beteiligt ist (LÜKEX: Länderübergreifende Krisenmanagementübung). LÜKEX ist eine seit 2004 vom Bund und von den Ländern gemeinsam durchgeführte Übung im Bereich des nationalen Krisenmanagements. Auch sie findet mit wechselnden Krisenszenarien in zweijährigen Intervallen statt.
In einer Antwort auf eine Anfrage der Linken erklärte die Bundesregierung am 23. Mai dieses Jahres, dass „Standhafter Bär“ der „Verbesserung der internen Verfahren der Bundeswehr zur Unterstützung von zivilen, mit Aufgaben des Katastrophenschutzes befassten Behörden auf Ebene der Länder und Kommunen mit dem Szenario einer angenommenen Hochwasserkatastrophe“ dienen soll. Die Simulationsübung wird im Zeitraum 9. bis 11. November 2014 stattfinden. Ihr vorgeschaltet ist eine Vorbereitungsphase von Januar bis September 2014.
Die computergestützte Übung spielt szenisch in den Bundesländern Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Praktische Anteile sind nicht vorgesehen. Simuliert werden Personen- und Materialtransporte sowie für die Katastrophenhilfe geeignetes Gerät – beispielsweise Pioniergerät oder Transporthubschrauber der Bundeswehr. „Richtige“ Transportfahrzeuge sollen, so die Bundesregierung, „lediglich im Rahmen der Realversorgung des an der Übung beteiligten Personals“ eingesetzt werden.
An „Standhafter Bär“ werden voraussichtlich real bis zu 500 Soldaten teilnehmen, im simulierten Szenario soll von einer Größenordnung von rund 15.000 Soldaten ausgegangen werden. Nach Regierungsangaben sind in den Lagezentren der übenden Landeskommandos auch Reservisten als Personalverstärkung und im Rahmen der Übungssteuerung zur Unterstützung vorgesehen.
Im Rahmen der Übungsvorbereitung und -steuerung sind derzeit auch die Kreis- und Bezirksverbindungskommandos der Bundeswehr an dem Projekt beteiligt. Die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSU-Kompanien) werden innerhalb der Computersimulation – wie alle anderen Kräfte der Bundeswehr auch – für angefragte Hilfeleistungen verfügbar sein. Auch Kräfte der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) und kommunaler Feuerwehren und Rettungsdienste werden in der Übungssimulation abgebildet sein.
Gegenwärtig ist auch die Teilnahme von Vertretern der Innenministerien der Länder Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz sowie des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und des THW an „Standhafter Bär“ geplant.
In ihrer parlamentarischen Antwort legte die Bundesregierung abschließend auch noch einmal dar, was die neue Übungsserie generell bewirken soll. So heißt es unter anderem: „Die Übung soll die Handlungssicherheit in den bundeswehrinternen Entscheidungs- und Verfahrensabläufen im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit stärken.“ Erfahrungen aus Hilfe- und Unterstützungsleistungen der Bundeswehr bei vergangenen Naturkatastrophen – wie etwa beim Hochwasser an Donau und Elbe im Jahr 2013 – hätten gezeigt, dass die Zusammenarbeit von zivilen Behörden und der Truppe im Rahmen des Katastrophenschutzes stets weiter verbessert werden könne (und müsse). Eine solche Verbesserung werde aufseiten der Bundeswehr unter anderem durch eine verstärkte Ausbildung und Übung der Landeskommandos sowie der Bezirks- und Kreisverbindungskommandos angestrebt.
Bei der Übung LÜKEX handelt es sich um eine länder- und ressortübergreifende Übung auf politisch-strategischer Ebene. „Standhafter Bär“ ist eine bundeswehrinterne Übung zur Verbesserung der Entscheidungs- und Verfahrensprozesse. Beide Übungen sind – beispielsweise im Hinblick auf die Auswahl der teilnehmenden Landeskommandos – aufeinander abgestimmt.
Das Jahrhunderthochwasser vom Mai und Juni vergangenen Jahres hatte bereits eine zentrale Rolle beim Gesprächskreis „Zivil-militärische Zusammenarbeit“ gespielt, der am 16. Oktober 2013 gemeinsam mit Vertretern des BBK beim Kommando Territoriale Aufgaben in Berlin getagt hatte. Eingeladen hatten dazu Generalmajor Hans-Werner Wiermann, Kommandeur des Kommandos, und BBK-Präsident Christoph Unger.
Die Bilanz zum Hochwassereinsatz war bei diesem Treffen einhellig ausgefallen. „80 Prozent gelten als optimal, 20 Prozent sind optimierungsbedürftig“, so damals ein Vertreter des BBK. Insgesamt war in der Julius-Leber-Kaserne der Hochwassereinsatz 2013 als Erfolg gewertet worden – sowohl in der länderübergreifenden Koordination und der Ressourcensteuerung durch das gemeinsame Lagezentrum von Bund und Ländern im BBK als auch in der zivil-militärischen Zusammenarbeit. „Konkreter Optimierungsbedarf besteht in den Bereichen Kommunikation und Ausbildung,“ lautet ein Ergebnis der Oktober-Evaluierung.
Die beiden Aufnahmen entstanden im vorigen Jahr während des Hochwassereinsatzes der Bundeswehr:
1. Soldaten am 4. Juni 2013 im bedrohten Dresden.
(Foto: Oliver Bender/Bundeswehr)
2. Helfer der Bundeswehr am 8. Juni 2013 im bayerischen Passau.
(Foto: Kevin Schrief/Bundeswehr)