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Kabul (Afghanistan). Es drängt sich der Verdacht auf, als habe die Taliban-Führung ihren Anschlag auf einen US-afghanischen Militärstützpunkt in der Provinz Paktiya am 17. Oktober nicht von ungefähr an diesem Tag ausgeführt. Mehr als 50 Menschen wurden an diesem Mittwoch durch eine Autobombe vor dem Kasernentor verletzt, darunter 45 einheimische Soldaten. Noch in der Nacht zuvor hatte die ISAF eine Statistik zu den bisherigen Verlusten der afghanischen Sicherheitskräfte veröffentlicht.

Nach Angaben der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe wurden seit Jahresbeginn durch die landesweiten Auseinandersetzungen mit den Aufständischen pro Monat durchschnittlich 243 Angehörige der Afghanischen Nationalarmee (Afghan National Army, ANA) – inklusive der jungen Luftwaffe – getötet und verwundet. Die durchschnittlichen Monatsverluste 2012 der Afghanischen Nationalpolizei (Afghan National Police, ANP) betrugen laut ISAF bislang 292 Tote und Verwundete.

Autobombe und Sprengstoffwesten

Mit dem Selbstmordattentat im Distrikt Zurmat der Provinz Paktiya wenige Stunden nach Veröffentlichung der ISAF-Statistik „Factsheet on Current ANSF Status“ (ANSF: Afghan National Security Forces) erhöhte sich die Opferzahl beträchtlich. Der Vize-Gouverneur der Provinz, Gul Rahman Mangal, sprach gegenüber den Medien von einem Attentäter, der seine Autobombe direkt vor der Kaserneneinfahrt gezündet habe. NATO-Soldaten seien nicht unter den Opfern, allerdings habe es – neben den Armeeangehörigen – auch verletzte Zivilisten gegeben. Eine NATO-Sprecherin erklärte, nach der Bombenexplosion hätten Aufständische die Militärbasis beschossen.

Die Taliban übernahmen nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters die Verantwortung für diesen Anschlag. Es soll zudem nach Taliban-Angaben eine weitere Gruppe von Selbstmordattentätern mit Sprengstoffwesten bereit gewesen sein, das Gelände zu stürmen. Dazu kam es jedoch offensichtlich nicht.

Quantität statt Qualität

Neben bisherigen Verlusten weist die aktuelle Statistik der ISAF auch die neuesten Personalstärken von ANA und ANP aus. Demnach verfügen Armee und Polizei zum jetzigen Zeitpunkt über insgesamt 337.187 Angehörige. Damit seien 96 Prozent des Zieles von 352.000 Sicherheitskräften erreicht. Polizei (Zielgröße 157.000 Beamte) und Armee (Zielgröße 187.000 Soldaten) seien Ende 2013 voll einsatzbereit. Die Luftwaffe Afghanistans mit dann 8000 Soldaten soll Ende 2017 folgen, so die ISAF-Informationen.

Weiter besagt die Statistik: 85 Prozent der Ausbildung der Sicherheitskräfte erfolgt mittlerweile durch die Afghanen selber. Bei der Armee sollen 100 Prozent der 2709 Ausbilder im Dienst sein, bei der Polizei 74 Prozent der 1497 Ausbilder. Bis Ende 2014 sollen die afghanischen Sicherheitskräfte im ganzen Land die Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung von der NATO-geführten ISAF übernommen haben. Schon jetzt sei die ANA die am meisten respektierte nationale Institution Afghanistans, versichert die ISAF in ihrer Statistik. Die Polizeikräfte stünden im Ansehen ebenfalls „an hoher Stelle“.

Allerdings bereitet ein Bildungsproblem Personalplanern und Ausbildern Kopfschmerzen. Wie die Statistik verrät, können bis zu 85 Prozent der afghanischen Rekruten zu Beginn ihrer Ausbildung weder lesen noch schreiben. Nach vier Wochen Unterricht hätten bis zu 90 Prozent der Rekruten erst das Leseniveau von Erst- bis Drittklässlern erreicht.


Unsere Aufnahme vom April 2012 entstand
in der Provinz Helmand und zeigt einen Angehörigen der örtlichen Polizeikräfte.
(Foto: Reece Lodder/U.S. Marines)

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