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Gardelegen/Berlin. Südöstlich von Gardelegen in Sachsen-Anhalt entstehen derzeit auf einer Gesamtfläche von mehr als sechs Quadratkilometern rund 550 Gebäude, 16 Kilometer Straßennetz, 800 Meter Flusslauf und 600 Meter begehbare Kanalisation mit 20 Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten. Einwohner fehlen. Die Ortschaft ist eine Geisterstadt und liegt auf dem Truppenübungsplatz Altmark in der Colbitz-Letztlinger Heide. Die Übungsstadt der Bundeswehr – offizielle Bezeichnung „Urbaner Ballungsraum Schnöggersburg“ – wird mit ihrer Fertigstellung die größte militärische Ausbildungseinrichtung dieser Art in ganz Europa sein.

Am 24. September begrüßte der Inspekteur des deutschen Heeres, Generalleutnant Jörg Vollmer, die Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Bundestages auf dem Truppenübungsplatz Altmark. Die Parlamentarier hatten ihre 14. Ausschusssitzung als „auswärtige Sitzung“ terminiert, um sich vor Ort ein Bild vom Gefechtsübungszentrum – bekannt auch unter dem Kürzel GÜZ – und von der Übungsstadt Schnöggersburg machen zu können.

Das Gefechtsübungszentrum auf dem Truppenübungsplatz ist eine zentrale Ausbildungseinrichtung des Heeres und direkt dem Ausbildungskommando der Teilstreitkraft in Leipzig unterstellt. An der Ausbildungseinrichtung werden das Gefecht der verbundenen Waffen und die Aufgaben im erweiterten Einsatzspektrum des Heeres geübt. Derzeit ist das GÜZ die einzige zentrale Heeresausbildungseinrichtung mit der Befähigung zur Teamausbildung der Stufe E („Einsatzverband“). Hier wird mit Vorrang für das Heer ausgebildet, grundsätzlich auch streitkräftegemeinsam und bei Bedarf multinational.

Der „urbane Ballungsraum Schnöggersburg“ ist eine maßgeschneiderte Ausbildungseinrichtung des Gefechtsübungszentrums für den Orts- und Häuserkampf (siehe auch hier).

Bundeswehr trainiert in der Altmark nicht für Einsätze im Inneren

Über die Kulissenstadt in der Altmark, in der nach Fertigstellung mehr als 6000 Sensoren und Kameras im gesamten Areal jede Bewegung der übenden Truppe erfassen und für die spätere Bewertung aufbereiten sollen, gab erst vor wenigen Tagen die Bundesregierung Auskunft. Im Zusammenhang mit einer Kleinen Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten Stefan Keuter erklärte das Bundesinnenministerium am 12. Oktober namens der Regierung: „Der ,urbane Ballungsraum Schnöggersburg‘ […] bildet alle Charakteristiken eines urbanen Gebietes ab, wie Stadtzentrum, Altstadtgebiet, Wohngebiet, militärische, polizeiliche und kulturelle Einrichtungen, Industrie- und Gewerbegebiet sowie Hüttenviertel und typische Vorstadtbebauung wie Parks, Gehöfte und Stadtwaldanlagen.“ Das Übungszentrum diene dem Zweck, mit militärischen Einheiten „in allen Operationsarten und Eskalationsstufen“ den Einsatz in einem urbanen Raum – sprich den Orts- und Häuserkampf – zu trainieren.

Im Einzelnen würden in Schnöggersburg Szenarien aus Stabilisierungsoperationen und der Landes- und Bündnisverteidigung, die mit Einsätzen in bebautem Gelände und Operationen im urbanen Umfeld zu tun hätten, geübt. Auf die entsprechende Frage Keuters nach einem denkbaren Einsatzszenario im Inneren hieß es, keinesfalls würden vonseiten der Bundesregierung bürgerkriegsähnliche Zustände befürchtet, die die Erprobung von Häuserkämpfen notwendig machten.

Rund 170 Millionen Euro für Infrastruktur und Technik

Auskunft erteilt die Bundesregierung auch zu den Kosten des Projekts. So heißt es in ihrer Antwort: „Für Infrastrukturmaßnahmen und die technische Ausstattung des ,urbanen Ballungsraumes Schnöggersburg‘ im Gefechtsübungszentrum des Heeres auf dem Truppenübungsplatz Altmark wurden bisher Haushaltsmittel in Höhe von annähernd 100 Millionen Euro verausgabt.“

Die Gesamtkosten werden sich der Bundesregierung zufolge „voraussichtlich bis zum geplanten Abschluss der Baumaßnahmen im Jahr 2021 nach derzeitigem Stand auf rund 170 Millionen Euro“ belaufen. Gelder der EU fließen nicht in dieses Vorhaben.

Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Henning Otte bedankte sich am Ende des Informationstages in der Altmark bei Generalleutnant Jörg Vollmer im Namen des gesamten Verteidigungsausschusses. Der Unionspolitiker versprach der Truppe: „Wir haben hier ein neues Fähigkeitsprofil – den Kampf im urbanen Gelände, in dem behutsames Vorgehen und Durchschlagskraft zusammenwirken – gesehen. Wir wollen Ihnen alles an die Hand geben, damit Sie die modernste und damit zugleich beste Ausbildungseinrichtung bekommen.“ Für die verantwortlichen Verteidigungspolitiker sei es bei dieser auswärtigen Sitzung mehr als deutlich geworden, alles dafür tun zu müssen, um die Truppe so auszustatten, wie sie es zur Erfüllung ihres parlamentarisch legitimierten Auftrags brauche.


Hinweis: Das Video des YouTube-Kanals der Bundeswehr vom 3. Mai 2018 zeigt die erste Erprobung des „urbanen Ballungszentrums Schnöggersburg“ im Gefechtsübungszentrum des Heeres durch Panzergrenadiere und Jäger der Bundeswehr.
(Video 18E14701: Redaktion der Bundeswehr)

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Zu unserem Bildmaterial:
1. Übersicht über den „urbanen Ballungsraum Schnöggersburg“.
(Foto: BAIUDBw)

2. Blick auf einen Teilbereich der neuen Bundeswehr-Übungsstadt in der Altmark.
(Foto: amk)

3. In Schnöggersburg wurde auch ein „Sakralbau“ errichtet – architektonisch ein Mix aus Kirche, Moschee und Tempel.
(Foto: Sarah Mechenich/LKdo ST/Bundeswehr)

4. Vorführung während des Besuchs des Verteidigungsausschusses des Bundestages am 24. September 2018 in der Übungsstadt Schnöggersburg. Am Stadtrand fahren Panzergrenadiere mit ihrem Schützenpanzer Marder über eine Behelfsbrücke, die zuvor ein Brückenlegepanzer Biber errichtet hatte.
(Foto: Foto: Mario Bähr/Presse- und Informationszentrum Heer)

Kleines Beitragsbild: Besuch des Verteidigungsausschusses auf dem Truppenübungsplatz Altmark am 24. September 2018. Vom Dach eines Gebäudes haben die Abgeordneten einen guten Stadtüberblick.
(Foto: Mario Bähr/Presse- und Informationszentrum Heer)


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