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Stadtallendorf. Auch wenn das Ziel der einen Europäischen Armee noch fern ist – ein weiteres kleines Stück des Weges dorthin ist zurückgelegt. Am 12. Juni wurde mit der 11 Luchtmobiele Brigade (11. Luftbewegliche Brigade) erstmals ein niederländischer Kampfverband der Bundeswehr unterstellt. Die vollständige Eingliederung der rund 2100 Mann starken Brigade aus dem Nachbarland in die deutsche Division Schnelle Kräfte (DSK) wurde im hessischen Stadtallendorf von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihrer niederländischen Amtskollegin Jeanine Hennis-Plasschaert begleitet. Diese Integration sei ein äußerst starkes Zeichen für die Tiefe der Kooperation beider Länder, sagte von der Leyen beim Appell im Stadtallendorfer Herrenwaldstadion vor rund 3000 Zuschauern.

Deutsches Heer und Königliches Heer der Niederlanden (Koninklijke Landmacht) marschieren buchstäblich mit ihrer neuen Kooperation an der Spitze einer europapolitischen Entwicklung, an deren Ende eine gemeinsame Streitmacht stehen könnte. Nie zuvor war ein militärischer Verband eines europäischen Landes in den Großverband eines anderen europäischen Landes eingebunden worden. Mit der vollzogenen Unterstellung der 11. Luftmobilen Brigade der Niederländer in die DSK werden nun die speziellen Fähigkeiten beider Landstreitkräfte gebündelt. Die niederländischen Soldaten bleiben zwar in ihrem Heimatland stationiert, sie werden jedoch von der Ausbildung bis zu Übungen eng mit ihren deutschen Kameraden kooperieren.

Ministerin Ursula von der Leyen bezeichnete in Stadtallendorf die künftige enge Zusammenarbeit als „symbolträchtig für Europa“. Dies sei bei den Streitkräften erst der Anfang einer Entwicklung auf europäischer Ebene. Jeanine Hennis-Plasschaert sieht zu einer noch engeren Zusammenarbeit der NATO-Partner keine Alternative. „Es ist nur eine Frage des Wie“, sagte die Verteidigungsministerin der Niederlande beim Appell am Standort der DSK.

Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung in Schaarsbergen

Vor dem gemeinsamen Auftritt der Ministerinnen in Hessen hatte es an diesem Donnerstag bereits einen offiziellen Termin in den Niederlanden gegeben. In Schaarsbergen, Stationierungsort der 11 Luchtmobiele Brigade (Air Assault) „7 December“, hatten der niederländische Chief of Army, Generalleutnant Mart de Kruif, und der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Bruno Kasdorf, die Kooperationsvereinbarung in Anwesenheit der beiden Politikerinnen unterzeichnet.

Bei der anschließenden Präsentation in Schaarsbergen hatten die niederländischen Soldaten einen Ausschnitt ihrer Fähigkeiten, die sie jetzt in die deutsche Division einbringen werden, gezeigt. Dazu Verteidigungsministerin Hennis-Plasschaert: „Die rund 2100 Brigadesoldaten sind für ihre Aufgaben sehr gut ausgebildet, ausgerüstet und hoch motiviert.“

Umgliederungsphase der Division mit dem Appell abgeschlossen

Der Appell am Nachmittag in Stadtallendorf begann mit dem Einmarsch einer Abordnung der niederländischen Brigade ins Herrenwaldstadion. Bei künftigen Divisionsappellen werden nun immer Soldaten der „Elften“ gemeinsam mit ihren deutschen Kameraden antreten. Mit dem Appell endete auch die Umgliederung der Division Spezielle Operationen in die Division Schnelle Kräfte. Als sichtbares Zeichen dafür verlieh Generalleutnant Reinhard Kammerer, Stellvertretender Inspekteur des Heeres und Kommandeur Einsatz, das Fahnenband für die DSK-Truppenfahne. Zuvor hatte er das Kommando über die Division von Generalmajor Jörg Vollmer an Brigadegeneral Eberhard Zorn übergeben.

Die zahlreichen Ehrengäste (unter ihnen Parlamentarier aus den Niederlanden und aus Deutschland), vielen Stadtallendorfer Bürger, ehemaligen Angehörige des Großverbandes und Reservisten konnten sich im Stadion an diesem Tag ein Bild über das Leistungsvermögen der DSK machen. Neben einer Fallschirmsprung- und Nahkampf-Vorführung wurden deutsche und niederländische Hubschrauber, Gefechtsfahrzeuge und Ausrüstung präsentiert.

Deutsch-niederländische Kooperation auch in schwierigen Operationen bewährt

Verteidigungsministerin von der Leyen wies in Stadtallendorf in ihrer teils in Englisch, teils in Deutsch gehaltenen Rede auf das besondere Verhältnis der beiden Nationen hin. Sie sagte: „Heute beschreiten wir eine neue Ära der Integration. Dieser Appell ist einmalig, denn mit der Eingliederung der 11. Luftbeweglichen Brigade in die deutsche Division Schnelle Kräfte setzt sich unsere ausgezeichnete Zusammenarbeit mit den niederländischen Streitkräften fort. Unsere Kooperation hat in der Vergangenheit mehrfach schon ihre Stärken bewiesen. Nicht nur in Friedenszeiten, sondern auch in schwierigen Operationen wie der ISAF-Mission in Afghanistan.“

Mit Blick auf die anwesenden Parlamentarier beider Kammern des niederländischen Parlaments und auf die Abgeordneten des Deutschen Bundestages würdigte die Ministerin auch das große gegenseitige Vertrauen, ohne das „eine so weitreichende Integration nicht möglich gewesen“ wäre. An die Soldaten gerichtet erklärte sie weiter: „In Zukunft werden die deutschen und niederländischen luftbeweglichen Kräfte ihre Fähigkeiten unter anderem auch der NATO und Europäischen Union zusammen zur Verfügung stellen. Dazu wird die Divisionsführung jetzt ein entsprechendes Ausbildungskonzept für die Truppenteile entwickeln. Die niederländischen Offiziere, die im Divisionsstab eingesetzt werden, werden bei der Ausarbeitung dieses Konzeptes mitwirken. Die deutschen und niederländischen Soldaten werden anschließend Seite an Seite trainieren und so einen multinationalen Verband für Operationen unter gemeinsamer Führung formen. Das ist europäischer Geist in seiner besten Ausprägung. Wir leben militärische Zusammenarbeit und stellen dabei die notwendigen militärischen Fähigkeiten für Verteidigung und Sicherheit gemeinsam zur Verfügung. Diese Zusammenarbeit werden wir künftig sogar noch intensivieren.“

Modell für Europa und seine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Im abschließenden Teil ihrer Rede befasste sich Ursula von der Leyen auch mit übergeordneten bündnispolitischen Dimensionen der Zusammenarbeit. Sie verwies darauf, dass die Allianz erst vor Kurzem der deutschen Initiative „Framework Nations Concept“ ihre Zustimmung erteilt habe. Dieses Konzept korrespondiere mit der „Connected Forces Initiative“ der NATO und mit ihrer Initiative „Smart Defence“ („Intelligente Verteidigung“). Die Verteidigungsministerin: „Der heutige Tag mit der Eingliederung der 11. Luftmobilen Brigade in die Division Schnelle Kräfte kann als Teil dieser ,Connected Forces Initiative‘ verstanden werden.“

Das „Framework Nations Concept“ beschreibt die Aufgabenteilung im Militärbündnis. Dabei sollen sich einzelne NATO-Staaten auf bestimmte militärische Fähigkeiten – beispielsweise ABC-Abwehr, Aufklärung, Logistik oder Sanitätswesen – spezialisieren oder diese in Abstimmung mit der Rüstungsindustrie entwickeln. Später sollen sich diese Länder dann unter Führung eines größeren NATO-Partners zur Auftragserfüllung zusammentun. Das deutsche Konzept beruht auf den in Afghanistan gewonnenen Erfahrungen. Dort hat bislang jeweils eine Führungsnation die Verantwortung für eine ganze Region und wird dabei von etlichen kleineren Ländern unterstützt.

Die „Connected Forces Initiative“ war von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2012 vorgestellt worden. Mit der Initiative sollen die Vernetzung und das Zusammenwirken alliierter Streitkräfte bei militärischen Operationen verbessert werden. Darüber hinaus verbindet sie zielorientierte Ausbildung, intensives Training und umfassende Übungen unter Nutzung von Spitzentechnologien. Die Verbündeten werden ermutigt, auch bei nationalen Übungen andere Länder zur Teilnahme einzuladen. Die NATO beabsichtigt zudem im Rahmen der „Connected Forces Initiative“, die Intensität der multinationalen Manöver zu erhöhen.

Vor diesen Hintergründen erhält die Schlussbemerkung der Ministerin in Stadtallendorf zusätzliches Gewicht. Von der Leyen klang stolz, als sie sagte: „Unsere neue Kooperation kann zugleich gesehen werden als ein Modell für Europa und seine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die heutige Integration der niederländischen Brigade in die deutsche Division ist die absolute richtige Entscheidung zum absolut richtigen Zeitpunkt. Es ist gleichsam ein symbolträchtiger Tag für Europa.“

Text: Christian Dewitz (mit PrInfoZ Heer)


Hintergrund                           

Die Division Schnelle Kräfte (DSK) wurde im Zeitraum 1. Januar bis 12. Juni 2014 in Stadtallendorf aufgestellt. Dank ihrer Ausbildung und Ausrüstung können die Divisionsangehörigen in kurzer Zeit über weite Entfernungen eingesetzt werden. Die DSK kann dabei gleichzeitig zwei räumlich voneinander unabhängige Operationen durchführen.
Auftrag und Gliederung sind maßgeschneidert für mögliche Einsätze im nationalen und internationalen Wirkverbund. Der DSK-Auftrag umfasst die Befähigung zu folgenden Operationen: Schnelle Anfangsoperationen, Operationen in die Tiefe, luftbewegliche Operationen, Operationen gegen irreguläre Kräfte und militärische Evakuierungsoperationen.
Für militärische Evakuierungsoperationen stellt die DSK ein Kräftekontingent zur Verfügung. Sie ist – wie bereits erwähnt – Träger der Luftbeweglichkeit. Darüber hinaus steuert und koordiniert sie den Flugbetrieb und Flugeinsatz der Heeresflieger (einschließlich des SAR-Dienstes der Bundeswehr).
In dem Großverband dienen nun nach Abschluss der Struktur rund 9500 Bundeswehrsoldaten, die auf 16 Standorte in acht Bundesländern und in den Niederlanden verteilt sind.
Kommandeur der Division Schnelle Kräfte ist seit dem 12. Juni 2014 Brigadegeneral Eberhard Zorn.


Zu unserer Bildsequenz:
1. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihre niederländische Amtskollegin Jeanine Hennis-Plasschaert am 12. Juni 2014 beim Appell in Stadtallendorf.
(Foto: Jana Neumann/Bundeswehr)

2. bis 4. Schaarsbergen in den Niederlanden – hier fand am Vormittag des 12. Juni in Anwesenheit der beiden Verteidigungsministerinnen die Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Deutschen Heer und der Koninklijke Landmacht statt.
(Fotos: Maartje Roos/Mediacentrum Defensie)

 


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