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Berlin. In der Berliner Julius-Leber-Kaserne wurde am 22. November die vorerst letzte von 30 bundesweit aufgestellten Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien (RSUKp) in Dienst gestellt. Die Gesamtsollstärke aller 30 Einheiten wird einmal mehr als 3000 Reservistinnen und Reservisten umfassen. Die erste RSUKp gibt es seit dem 15. Juni 2012 in Bremen, ihr Patentruppenteil ist die Logistikschule der Bundeswehr in Osterholz-Scharmbeck.

Die Aufstellung der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte liegt in einem Regierungsdokument begründet, das Verteidigungsminister Thomas de Maizière am 1. Februar 2012 unterzeichnete. Es handelt sich um die neue „Konzeption der Reserve“, die aus der bis dahin gültigen „Konzeption für die Reservisten und Reservistinnen der Bundeswehr“ (vom 10. September 2003) weiterentwickelt worden ist und diese schließlich ablöste. Gedanklicher Überbau für die erneut überdachte sinnvolle Einbindung von Reservekräften in die Auftrags- und Aufgabenerfüllung der Bundeswehr sind die Verteidigungspolitischen Richtlinien vom 27. Mai 2011.

Aufteilung in drei Reserve-Bereiche

Nach der neuen Konzeption gründet sich die Reserve jetzt auf drei Säulen: auf der Truppenreserve, auf der Territorialen Reserve und auf der Allgemeinen Reserve.

Die Truppenreserve soll die aktiven Verbände im gesamten Einsatzspektrum unterstützen – sie umfasst einzelne Dienstposten in der Verstärkungs– und Personalreserve sowie Ergänzungstruppenteile, die bei Bedarf aktiviert werden. Die Territoriale Reserve als Teil der Streitkräftebasis wird zu territorialen Verbindungs-, Sicherungs- und Unterstützungsaufgaben eingesetzt und entlastet somit die aktive Truppe im Heimatschutz – sie besteht aus den Verbindungskommandos zu den Bezirken und Kreisen in Deutschland, aus den Stützpunkten für die zivil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ) und aus den neuen Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräften. Die Allgemeine Reserve umfasst alle nicht beorderten Reservisten und ist Teil des Personalpotenzials für den Fall des langfristigen Bundeswehr-Aufwuchses.

Grundgesetz definiert das Aufgabenspektrum

Erschöpfende Auskünfte zum Thema „Aufbau und Funktion der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte der Bundeswehr (RSUKr)“ kamen vor Kurzem von der Bundesregierung selbst. In ihrer 20 Seiten starken parlamentarischen Antwort auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke erklärte die Regierung am 7. Mai dieses Jahres: „Die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte werden für militärische Wach- und Sicherungsaufgaben aufgestellt. Im Grundbetrieb nehmen die Angehörigen zudem die Funktion als zivil-militärische Mittler und Multiplikatoren gegenüber den zivilen Stellen und Akteuren in der Region wahr. Außerdem unterstützen sie die Landeskommandos bei der Personalwerbung und der Öffentlichkeitsarbeit. Ebenso ist vorgesehen, dass die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte im Rahmen von Projekten, Großveranstaltungen sowie bei Veranstaltungen von aktiven Truppenteilen und/oder Patenverbänden unterstützen.“

Der Auftrag der RSUKr liege damit innerhalb der nach Artikel 87a (Absatz 1 Satz 1) des Grundgesetzes zugewiesenen originären Aufgaben der Bundeswehr, so die Bundesregierung.
Die Kräfte könnten auch bundesweit bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen nach Artikel 35 (Absätze 2 und 3) des Grundgesetzes eingesetzt werden. Zudem könnten sie im Rahmen der allgemeinen Amtshilfe nach Artikel 35 (Absatz 1) Grundgesetz unterstützen.

Ein weiterer vom Grundgesetz vorgesehener Fall des Einsatzes der Streitkräfte im Inneren sei mit Artikel 87a (Absatz 4) des Grundgesetzes geregelt. Danach könne die Regierung „zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 (Absatz 2) vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen“. Dieser Einsatz von Streitkräften sei unverzüglich einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangte. Zudem beschränke das Grundgesetz den Einsatz der Bundeswehr im Innern auf eindeutig definierte Fälle.

Bewachung militärischer Anlagen und Schutz kritischer Infrastrukturen

Originäre Aufgabe der RSUKr ist und bleibt – neben den zuvor beschriebenen weiteren, gesetzlich klar geregelten Einsatzmöglichkeiten – die Absicherung militärischer Anlagen im Inland. In diesem Zusammenhang erläutert die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage der Linken auch noch einmal den Begriff der „kritischen Infrastruktur“, deren Schutz unter Umständen ebenfalls von RSU-Kräften übernommen werden soll. Die Regierung schreibt: „Das Verständnis des Begriffs der kritischen Infrastruktur ergibt sich aus der Nationalen Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie), die am 17. Juni 2009 vom Bundeskabinett gebilligt worden ist. Danach sind kritische Infrastrukturen, Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden‘. Die KRITIS-Strategie folgt einem generischen und dynamischen Konzept des Schutzes kritischer Infrastrukturen, das im Grundsatz arbeitsteilig von Staat und Betreibern realisiert wird.“

Der Auftrag der RSU-Kräfte beinhaltet außerdem Wach- und Sicherungsaufgaben zum Schutz von militärischen Anlagen und Einrichtungen. Dabei kann es sich um die Verstärkung eigener militärischer Wachen, der Bewachung von bislang unbewachten militärischen Bereichen oder um die Bewachung alliierter Kasernen in Deutschland handeln. Die Angehörigen der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte werden beim Wach- und Sicherungsdienst mit dem Gewehr G36, der Pistole P8 und unter Umständen – je nach Bedrohung – auch mit dem Maschinengewehr MG3 ausgestattet sein.

Eine umfassende militärische Aus- und Weiterbildung

Das Beorderungsverfahren für die an den neuen Kompanien interessierten Reservistinnen und Reservisten hat am 1. April 2013 begonnen. Zehn Tage später, am 11. April, wurde die „Weisung zur Ausbildung der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte“ erlassen. Sie war parallel zu dem am 9. April gebilligten streitkräftegemeinsamen „Konzept für die Ausbildung der Reserve in der Bundeswehr“ erarbeitet worden und ist eng an dieses gebunden.

Das Ausbildungsprogramm beinhaltet neben der Einweisung des Führungspersonals und seiner Weiterbildung in der Stabsarbeit unter anderem den Formaldienst, die Waffen- und Schießausbildung, die Wachausbildung, die Kampfmittelerkundung, die ABC/Se-Ausbildung, der Fernmeldedienst, die Sanitätsausbildung oder die Kraftfahrerweiterbildung. Einige Ausbildungsteile finden auf Truppenübungsplätzen statt. Leistungsmärsche und „Bahnen der Selbstüberwindung“ setzen die körperliche Fitness der Reservekräfte voraus.

Klare Unterstellungsverhältnisse bei allen Einsätzen

Grundsätzlich werden die RSUKr „im Grundbetrieb“ durch das vorgesetzte Landeskommando geführt. Bei einem regionalen Wacheinsatz unterstehen sie dem entsprechenden Wachvorgesetzten. Für Einsätze im Rahmen von Hilfeleistungen werden sie einem aktiven Verband, in der Regel dem Patenverband, unterstellt und arbeiten dann auf Weisung eines zivilen Einsatzstabes.

Wenn alle 30 Kompanien ihre Dienstposten-Sollstärke erreicht haben – etwa ab 2015 – rechnet das Verteidigungsministerium mit jährlichen Ausgaben für diese Reserve-Einheiten in Höhe von etwa 1,86 Millionen Euro (für Wehrsold, Verpflegung und Unterkunft; Reisekosten sind bei dieser Schätzung nicht berücksichtigt).

Extremen Tendenzen entschlossen entgegentreten

In ihrem Fragenkatalog an die Bundesregierung hatten die Parlamentarier der Linken auch das Thema „Rechtsextremisten“ untergebracht – offensichtlich mit Blick auf den späteren NSU-Mörder Uwe Mundlos und andere frühere Neonazis in Bundeswehruniform.

Auf die Frage „Durch welche Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass keine Rechtsextremisten als Teil der RSU-Kräfte an eine militärische Ausbildung und Einfluss im Bereich von Katastrophenschutz und Sicherungsaufgaben gelangen?“ versichert die Bundesregierung: „Reservistinnen und Reservisten, die in den Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräften beordert sind, unterliegen wie alle anderen Reservistinnen und Reservisten der Wehrüberwachung. Im Rahmen ihrer Beorderung werden durch die Karrierecenter der Bundeswehr vom Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr polizeiliche Führungszeugnisse abgefordert. Darüber hinaus ist, wie in allen anderen Bereichen der Bundeswehr, die Aufmerksamkeit und Sensibilität aller Führungsebenen gefordert, um jeglichen extremen Tendenzen entgegenzutreten.“


Die Aufnahme entstand am 22. November 2013 in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin-Wedding bei der Indienststellung der vorerst letzten Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanie.
(Foto: Nadja Klöpping/Reservistenverband)


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