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Berlin. Die Kosten für private Sicherheitsdienste in allen Liegenschaften unserer Streitkräfte haben sich in den vergangenen sieben Jahren mehr als verdoppelt – von 198 Millionen Euro im Jahr 2012 auf 431,6 Millionen Euro im Jahr 2019. Die Anzahl der bewachten Liegenschaften hingegen sank: von 495 im Jahr 2012 auf 398 im Jahr 2019. Das geht aus den Antworten der Bundesregierung vom vergangenen Donnerstag (5. März) auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken hervor. Fragen zum Themenkomplex „Private Wachdienste in Bundeswehr-Kasernen“ stellten Alexander S. Neu, Tobias Pflüger, Eva-Maria Schreiber und weitere Abgeordnete der Linksfraktion.

Insgesamt verfügt die Bundeswehr (Stand Juli 2019) über 1480 Liegenschaften. 712 Liegenschaften sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums „bewachungsrelevant“. Bei den übrigen Liegenschaften handelt es sich dem Ministerium zufolge unter anderem um einzelne und mehrere Gebäude beziehungsweise Liegenschaften (wie etwa Teile von Übungsplätzen oder Schießanlagen), die derzeit keiner Bewachungskategorie zugeordnet sind.

Von den 712 bewachungsrelevanten Liegenschaften werden laut Ministerium (Stand 31. Januar 2020) 398 Liegenschaften ganz oder teilweise durch gewerbliche Wachunternehmen bewacht beziehungsweise abgesichert. Die übrigen 314 Liegenschaften sind ausschließlich baulich abgesichert und bei Bedarf mit Einbruchmeldeanlage versehen.

Über die 398 bewachten Liegenschaften heißt es in der Regierungsantwort: „259 Liegenschaften [werden] konventionell bewacht. Im Rahmen von 72 sogenannten ,Betreibermodelle Absicherung‘ (BetrM), einer Kombination aus technischer und personeller Absicherung, werden 139 Liegenschaften bewacht beziehungsweise abgesichert.“

Konzept „Neuausrichtung von Bewachung und Absicherung in der Bundeswehr“

In der Antwort wird auch noch einmal der Grund, warum militärische Liegenschaften heute von privaten Unternehmen bewacht werden, ausführlich erläutert. Das Verteidigungsministerium für die Bundesregierung: „Die kontinuierliche Reduzierung der Streitkräfte und des Zivilpersonals der Bundeswehr seit der Wiedervereinigung, die Konzentration der Streitkräfte auf ihre Kernaufgaben, die Fokussierung der Streitkräfte auf Auslandseinsätze, die Aussetzung der Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes ab Juli 2011, die Neuausrichtung der Bundeswehr ab April 2012, die politische Vorgabe, das bundeswehreigene zivile Wachpersonal im Rahmen der Reduzierung des Zivilpersonals der Bundeswehr bis zum Jahr 2017 sozialverträglich abzubauen sowie die Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie für Soldatinnen und Soldaten ab dem Jahr 2016 machten es erforderlich, für die Bewachung und Absicherung von Liegenschaften der Bundeswehr auf Unternehmen der Sicherheitswirtschaft zurückzugreifen.“

Die Entscheidung dazu sei im Jahr 2012 durch die damalige Leitung des Ministeriums getroffen worden. Gleichzeitig sei der Auftrag an die Abteilung „Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen“ (IUD) ergangen, bis zum 1. Quartal 2014 das entsprechende Konzept „Neuausrichtung von Bewachung und Absicherung in der Bundeswehr“ auszuarbeiten.

Mehr als 8000 gewerbliche Wachpersonen für die Streitkräfte im Einsatz

Auf die Frage der Linken, wie viele Bundeswehrangehörige und Haushaltsmittel heute nötig seien, damit die Truppe ihre militärischen Liegenschaften komplett selbst überwachen könnte, heißt es in der Antwort „Derzeit sind für die Bewachung und Absicherung von Liegenschaften der Bundeswehr 8042 gewerbliche Wachpersonen eingesetzt. Diese Wachpersonen haben ausschließlich Wachaufgaben im Schichtdienst 24 Stunden pro Tag an sieben Tagen in der Woche.“

Da Militärpersonal neben dem Wachdienst auch vielfältige andere originäre Aufgaben zu erfüllen habe, wäre ein Vielfaches von rund 8000 gewerblichen Wachpersonen erforderlich. Außerdem wird darauf hingewiesen: „Darüber hinaus bedürfte eine solche Entscheidung einer kompletten Wiederherstellung nicht mehr existierender Strukturen in der Organisation der Streitkräfte – wie beispielsweise neue Ausbildungseinheiten, ausreichende Anzahl von Ausbildern, Infrastruktur zur Unterbringung. Dazu kämen Kosten für Ausbildung, Verwaltung und Ausstattung.“ Eine Rückkehr zur Bewachung der Liegenschaften durch eigene Soldaten ist demnach weder erwünscht noch möglich.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Tobias Pflüger, kritisierte gegenüber dem Berliner Tagesspiegel, das Verteidigungsministerium habe den Grundbetrieb „outgesourct“, um Auslandseinsätze zu forcieren. Pflüger: „Die Bundeswehr vergibt inzwischen hoheitliche Aufgaben wie das Bewachen von Kasernen umfangreich an private Dienstleister. Hoheitliche Aufgaben dürfen aber nicht einfach aus der Hand geben werden. Private Dienstleister entziehen sich der parlamentarischen Kontrolle.“


Unser Symbolbild „Private Sicherheitsdienste“ zeigt den Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens im „Revierdienst“.
(Foto: Bundesverband der Sicherheitswirtschaft)


Kommentare

  1. muck | 14. März 2020 um 03:45 Uhr

    Die Linke zündet mal wieder ein Strohfeuer. Die Bewachung durch private Dienstleister wurde schon forciert, als es noch die Wehrpflicht gab und jede Menge Soldaten, die für Auslandseinsätze aus rechtlichen Gründen nicht zur Verfügung standen (wohl aber für den Wachdienst).

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