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Bonn/Berlin/Mainz. Die geplante Privatisierung von drei Werken der bundeseigenen Heeresinstandsetzungslogistik GmbH – kurz HIL – steht auf der Kippe. Gegenüber dem ZDF-Magazin „Frontal 21“ (Sendung am heutigen Dienstag, 30. April 2019, ab 21 Uhr) erklärt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Fritz Felgentreu: „Die SPD hat klargemacht, dass die Privatisierung ein Fehler wäre und wir keinem Privatisierungsmodell zustimmen können. Ich sehe für dieses Projekt keine Mehrheit im Bundestag.“ Nach einer Mitteilung des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin der Verteidigung Peter Tauber, die „Frontal 21“ exklusiv vorliegt, wird intern bereits geprüft, die Privatisierung zu stoppen. In dem Papier heißt es: „Parallel zur laufenden Ausschreibung wird an der Option des Verbleibes der Werke der HIL GmbH gearbeitet.“

Nach wiederholter Kritik an der Einsatzfähigkeit von Panzern der Bundeswehr wurde die Privatisierung von Teilen der HIL GmbH (siehe auch hier) vom Verteidigungsministerium seit 2016 mit Nachdruck betrieben. Obwohl der Wehretat seit einigen Jahren steigt, stand für die Instandhaltung nicht mehr Geld zur Verfügung. Das Verteidigungsministerium hatte argumentiert, dass eine Privatisierung der Werke wirtschaftlicher sei.

Tatsächlich belegen interne Papiere, dass es bei dem Projekt auch um die Stärkung der Industrie geht. In einem Schreiben an die ehemalige Staatssekretärin im Bundesministerium der Verteidigung Katrin Suder ist zu lesen: „Ein langfristiger Ausbau der derzeitigen Instandhaltungskapazitäten der HIL-Werke in Konkurrenz zur Industrie widerspräche … der Absicht der Bundesregierung zur Stärkung der Verteidigungsindustrie in Deutschland.“

In den HIL-Werken in Sankt Wendel (Saarland), Doberlug-Kirchhain (Brandenburg) und Darmstadt (Hessen) werden Panzer und andere Militärfahrzeuge gewartet und repariert.

Bis zu 42 Millionen Euro für Rechts- und Unternehmensberater

Hans-Peter Bartels, der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, kritisiert diese Pläne. Zwar werde die Industrie gebraucht für Nachrüstungsprogramme und neue Systeme – aber: „Instandsetzung kann man davon in guten Teilen abkoppeln und sagen, das macht die Bundeswehr selbst.“ Nur eine Bundeswehr, „die ihre Instandsetzung im Griff hat, ist eine einsatzfähigere Bundeswehr“, sagt Bartels.

Die Privatisierung der HIL-Werke ist auch Thema eines Untersuchungsausschusses im Bundestag. Dort geht es derzeit um den Einsatz von teuren externen Beratern. Allein für die Werke der HIL hat die Bundesregierung bis zu 42 Millionen Euro für Rechts- und Unternehmensberater eingeplant.

Dazu sagt Rüdiger Lucassen, verteidigungspolitischer Sprecher der AfD: „Hier haben sich die Beratungsfirmen die Bundeswehr zur Beute gemacht, und die Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung hat hierfür den Vorschub geleistet.“ Gegenüber „Frontal 21“ rechtfertigt das Ministerium die Beraterkosten so: „Die vereinbarten Stundensätze sind im Wettbewerb zustande gekommen und marktüblich.“


Randnotiz                                  

ZDF-Magazin „Frontal 21“ über die Privatisierung der drei Werke der bundeseigenen Heeresinstandsetzungslogistik GmbH (HIL): Dienstag, 30. April 2019, (ab 21 Uhr).
Alle Angaben ohne Gewähr.


Unser Symbolbild zeigt einen Mechaniker der HIL bei Instandsetzungsarbeiten.
(Foto: BMVg)

Kleines Beitragsbild: ZDF-Moderatorin Ilka Brecht in der Sendung „Frontal 21“.
(Foto: Svea Pietschmann/ZDF)


Kommentare

  1. Dr.-Ing. U. Hensgen | 1. Mai 2019 um 20:31 Uhr

    Eine Privatisierung der HIL entspricht einem Outsourcing der Instandhaltung in der Industrie. Wie heute noch eine halbwegs kompetente Führungskraft in diese Richtung denken kann, ist für mich rätselhaft.

    Es gab vor etwa zwanzig Jahren diese Modeerscheinung auch in der deutschen Industrie. Alle Versuche in diese Richtung sind gescheitert und die Firmen mussten sehr viel Lehrgeld bezahlen. Ich kann nicht verstehen, dass heute noch Führungskräfte nach Rezepten, die vielleicht zu ihrer Studienzeit modern waren, agieren. „Lernen endet nicht mit 30“ ist eine Aussage, die immer noch gilt. „Weiterbildung tut Not “ setzt allerdings erst einmal die passende Grundbildung voraus! Darüber sollte das Parlament einmal bei der Besetzung der höchsten Ämter der politischen Führung der Bundeswehr nachdenken. Wenn etwas in meinem Laden nicht funktioniert, dann bringe ich das in Ordnung und rufe keine Berater oder gebe die Aufgaben „nach draußen“, um es einmal salopp auszudrücken.

    Die Bundeswehr hat das richtige Personal um ihre Instandhaltung fachgerecht durchführen zu können. Weshalb sollte man sich also in die Abhängigkeit von externen Firmen geben? Nicht das ich falsch verstanden werde: Es wird immer einige Tätigkeiten geben, die sinnvollerweise an Fremdfirmen zu vergeben sind – aber der Hauptteil der Instandhaltung und die Federführung muss intern bleiben.

    Die Bundeswehr muss die Abläufe vereinfachen und die Fachleute entscheiden lassen. Dann klappt das schon. Also bitte keine 20 Genehmigungsschleifen mit jeweils 15 Unterschriften, von den 14 Unterzeichner nicht wissen, worum es geht (und schon gar nicht verantwortlich sein wollen).

  2. André | 14. Dezember 2019 um 12:28 Uhr

    Offensichtlich geht es nur um die Umleitung von Geldern in den Privatsektor, also um Profit. Bei allem, was durch die Bundesregierungen in den letzten 30 Jahren in der Richtung angefasst wurde, ging es gewaltig in die Hose – die Privatwirtschaft kassierte und für den Steuerzahler wurde es richtig teuer.
    Nicht ohne Grund dümpelt die Bundeswehr mit nicht einsatzbereitem Gerät und mangelnder Ausrüstung für die Soldaten jetzt da herum, wo sie rumdümpelt. Da war ja die NVA besser aufgestellt.

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