menu +

Nachrichten


Berlin. Das Bundesministerium der Verteidigung hat im Jahreszeitraum 2011 bis 2017 insgesamt 136,7 Millionen Euro für PR-Maßnahmen – im Ministeriumsjargon „personalwerbliche Maßnahmen“ – zur Anwerbung von geeigneten Kandidaten für den Dienst in den Streitkräften ausgegeben. Dies geht aus einer Aufstellung des Parlamentarischen Staatssekretärs Peter Tauber vom 13. Juni hervor. Tauber hatte eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel (Die Linke) beantwortet.

Bereits in früheren Antworten auf ähnliche Anfragen, zumeist aus den Reihen der Linksfraktion, hatte die Bundesregierung beziehungsweise das Verteidigungsministerium auch immer wieder Begriffsklärung betreiben müssen. So hieß es beispielsweise am 27. April 2012 in einer Antwort zum Dauerbrenner „Umfang von Werbemaßnahmen der Bundeswehr“: „Personalwerbung und Öffentlichkeitsarbeit sind getrennte Fachaufgaben. Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr wendet sich unmittelbar an die gesamte Bevölkerung im Inland. […] Besondere Zielgruppen der Öffentlichkeitsarbeit sind ausgewählte Multiplikatoren, insbesondere Mandatsträger und in der politischen Informations- und Bildungsarbeit tätige Verbände, Bildungsinstitutionen, Organisationen und Gruppen, [Pädagogen] sowie Jugendliche.“

Über die Personalwerbung für den „Arbeitgeber Bundeswehr“ lesen wir: [Sie] „orientiert sich an der Öffentlichkeits- und Informationsarbeit der ,Organisation Bundeswehr‘, arbeitet hierbei jedoch selbst- und eigenständig. […] Die personalwerblichen Maßnahmen richten sich grundsätzlich an zwei Zielgruppen. Primärzielgruppe sind junge Menschen im Altersband von 17 bis etwa 30 Jahren. Hier liegen sowohl beide Geschlechter als auch sämtliche Bildungsabschlüsse im Fokus der Kommunikation. Sekundärzielgruppe sind Multiplikatoren wie Eltern oder Lehrer, die in der Phase der Berufswahlentscheidung junger Menschen eine erhebliche Bedeutung haben.“

Bundeswehr sieht sich als „sinnstiftender und qualifizierender Arbeitgeber“

Die Kosten „für personalwerbliche Maßnahmen der Bundeswehr“ beliefen sich Tauber zufolge im Jahr 2013 auf (jeweils gerundet) 20,68 Millionen Euro, im Jahr 2014 auf 21,1 Millionen Euro, im Jahr 2015 auf 23,8 Millionen Euro und im Jahr 2016 auf 21,55 Millionen Euro. Nach einer Antwort der Bundesregierung vom 17. Mai auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Gökay Akbulut, André Hahn und Ulla Jelpke gab das Verteidigungsministerium im Jahr 2017 rund 20,68 Millionen Euro für die Personalwerbung aus (Anm.: zu den Ausgaben siehe ebenfalls unsere Infografik).

Auch bei dieser Regierungsantwort findet sich der Hinweis, dass die Bundeswehr „die Maßnahmen der Personalwerbung – wie jeder andere Arbeitgeber auch – ergreift, um interessierten Bürgern ein Bild von der Vielfalt der attraktiven beruflichen Möglichkeiten und Perspektiven in ihrem Aufgabenbereich zu vermitteln“. Im Vordergrund stehe dabei ausschließlich die Darstellung der Bundeswehr als „sinnstiftender und qualifizierender“ Arbeitgeber.

Die Abgeordneten der Linksfraktion hatten in der Vorbemerkung zu ihrer Kleinen Anfrage der Bundeswehr unterstellt, den Schwerpunkt bei ihrer Werbearbeit in „unangemessen entpolitisierter Weise einseitig [auf] ,Fun‘ und ,Action‘ gelegt“, beziehungsweise „die Verheißung angeblich ,sicherer‘ Arbeitsplätze“ in den Mittelpunkt der Werbebotschaft gerückt zu haben. Die Fragesteller hatten zudem kritisiert, dass „die umfangreiche Präsenz der Bundeswehr auf zivilen Messen und Ausstellungen [aus Sicht der Linken] eine Form der Militarisierung der Gesellschaft“ darstelle.

Zusätzliche Werbemaßnahmen nach Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht

Die Haushaltsmittel für die Nachwuchswerbung der deutschen Streitkräfte waren übrigens – so wollen wir kurz noch einmal in Erinnerung rufen – vom Deutschen Bundestag infolge des Beschlusses vom 24. März 2011 zur Aussetzung der verpflichtenden Einberufung zum Grundwehrdienst danach deutlich erhöht worden. Die bis dahin nach Angaben der Bundeswehr „sehr erfolgreiche Binnenwerbung von Soldaten auf Zeit“ war mit der Neuausrichtung der Bundeswehr nicht mehr in der bisherigen Form fortsetzbar und musste durch zusätzliche Maßnahmen der Personalwerbung kompensiert werden. Eine vollständig neue, bundesweit präsente Organisation zur Bundeswehr-Personalgewinnung zählte ebenfalls dazu.

Blicken wir abschließend auf das Jahr 2017 zurück. Es war – so das Bundesministerium der Verteidigung – für die Nachwuchswerbung der Truppe ein positives Jahr. In der bereits erwähnten Regierungsantwort vom 17. Mai führen die Personalplaner auf: „Es sind [im Jahr 2017] etwa 125.000 Bewerbungen für militärische und zivile Stellen bei der Bundeswehr eingegangen. Rund 28.000 Männer und Frauen wurden im gleichen Zeitraum für eine militärische oder zivile Stelle bei der Bundeswehr eingeplant beziehungsweise eingestellt.“

Bei der Gewinnung von Fachkräften aus den Bereichen „Technik“, „IT“ und „Pflege“ für die Bundeswehr habe man eine Steigerung bei den Fachkräften (Feldwebel Fachdienst und Fach-Unteroffiziere) von rund acht Prozent erreichen können. Bei den Einplanungen von IT-Feldwebeln habe es eine Steigerung von mehr als 16 Prozent gegeben.

Trendwende „Personal“ hat sich nach Ansicht der Planer inzwischen „verstetigt“

Weiter besagt die Bilanz der Planer: „Die Steigerung um knapp 4000 Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit im Vergleich zum Jahr 2016 zeigt, dass die Trendwende ,Personal‘ verstetigt werden konnte. Die Fokussierung auf die längerfristige Bindung von gut qualifiziertem Personal hat sich im Jahr 2017 ebenfalls ausgezahlt: Hier konnten die Einplanungen bei den Soldaten auf Zeit um drei Prozent auf rund 14.800 gesteigert werden. Bei der Einstellung im zivilen Bereich gelang ebenfalls eine Steigerung (bei Beamten um zehn Prozent auf 1520, bei unbefristeten Verträgen von Tarifbeschäftigten auf 73 Prozent).“

Die Bundeswehr werde zudem für Frauen zu einem immer attraktiveren Arbeitgeber. Im Vergleich zum Vorjahr 2016 habe der Frauenanteil in den Streitkräften zugenommen. So sei der Anteil der Einplanungen von Frauen insgesamt um sechs Prozent von rund 3500 auf rund 3700 Soldatinnen auf Zeit und Freiwilligen Wehrdienst Leistende (FWDL) gestiegen. Jede fünfte Bewerbung im Bereich der Offizieranwärter stamme nun ebenfalls von einer Frau, so das Ministerium.


Unsere Infografik zeigt die Ausgaben der Bundeswehr in den Jahren 2008 bis 2017 für ihre Personalwerbung. Bildhintergrund: „Antreten!“
(Foto: Jani Pushparajah-Hoof/Bundeswehr;
Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 07.18)


Kommentare

  1. NielsKar | 7. Juli 2018 um 04:16 Uhr

    Interessant ist, wie man zu der Aussage kommt, die Zahl der Soldaten auf Zeit (SaZ) und Berufssoldaten (BS) hätte sich im Vergleich zum Jahr 2016 um knapp 4000 erhöht. Betrachten wir das Ganze – anhand der offiziellen Zahlen des Ministeriums zur monatlichen Personalstärke – mal genauer:
    Januar 2016: 167.896 SaZ und BS
    Januar 2018: 170.124 SaZ und BS = nur 2228 mehr!

    Im Mai 2018 hatte die Bundeswehr laut Ministerium 170.297 SaZ und BS. Wählt man bewusst die mit Abstand niedrigste Zahl aus dem Jahr 2016 – nämlich den Juni mit seinen damaligen 166.523 SaZ und BS – so ergibt dieser Vergleich bei lockerer Rundung des Ergebnisses die behaupteten „knapp 4000“. Genau genommen sind es jedoch im Vergleich Juni 2016 mit Mai 2018 insgesamt 3774 SaZ und BS mehr – wobei der Bericht vom 16. Mai ist und unklar bleibt, welche (internen/nicht abgestimmten/groben?) Zahlen verwendet wurden. Vergleicht man beispielsweise die Zahlen April 2016 (166.953 Berufs- und Zeitsoldaten) mit denen vom April 2018 (170.010 Berufs- und Zeitsoldaten), dann kommt man auf einen personellen Aufwuchs von nur „3057“ Mann, also von der diskussionswürdigen Angabe „knapp 4000“ doch noch ein ganzes Stück entfernt.

    Es ist zwar erfreulich, dass man in den letzten drei Jahren einen gewissen Aufwuchs an „neuen“ SaZ und BS geschafft hat (und auch „alten“, da doch viele Weiterverpflichtungen und Wiedereinsteller). Aber das Ausschmücken der Fakten oder Tricksen mit (statistisch fluktuierenden) Zahlen sollte man jedoch lassen. Leider hat sich sogar Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hier kürzlich mit ihrer Behauptung von „derzeitig 183.000 Zeit- und Berufssoldaten“ (da waren offenbar die rechnerischen Reservistenstellen eingerechnet) unrühmlich hervorgetan

    Auch sollte man beachten, dass sich beim Vergleichen der Gesamtstärke ein relativ konstanter Unterschied von etwa 1500 weniger Freiwilligen Wehrdienst Leistenden (FWDL) ergibt. Grob: 1. Quartal 2018 knapp 9000, Anfangsmonate 2016 etwa 10.500. Dies führt dazu, dass der Aufwuchs der Zeit- und Berufssoldaten relativ gesehen größer ist als der Aufwuchs der Gesamtstärke auf derzeit 179.207 (SaZ und BS plus FWDL).

    Man muss also noch viel tun auf dem Weg zur angepeilten Gesamtstärke von 198.000 im Jahr 2024, und das auch nachhaltiger mit deutlich mehr Neueinstellungen. Denn der zuvor angesprochene Wiedereinsteller- und Weiterverpflichtungseffekt (W+W-Effekt) hat bald den Zenit überschritten und verzerrt das Bild momentan doch ziemlich – auch ohne absichtlich hinkende Vergleiche. Von einer „verstetigten“ Trendwende kann man im Augenblick also noch lange nicht sprechen.

Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN