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Stadtallendorf/Berlin. Fast auf den Tag genau vor sieben Jahren, am 25. Mai 2011, fiel Hauptmann Markus Matthes im Einsatz in Afghanistan. Unter seinem Transportpanzer Fuchs detonierte während einer Patrouillenfahrt ein Sprengsatz. Die Explosion in der Nähe von Kunduz im Norden des Landes riss den Heeresoffizier drei Tage vor seinem 34. Geburtstag in den Tod. Die Eltern von Markus Matthes verloren an diesem Mittwoch ihr einziges Kind. Nun wurde zum ersten Mal in Deutschland eine öffentliche Straße nach einem im Auslandseinsatz gefallenen Bundeswehrsoldaten benannt – im hessischen Stadtallendorf gibt es seit gestern (25. Mai) die „Hauptmann-Matthes-Straße“.

Die Initiative zur Straßenbenennung ging vom Stab der Division Schnelle Kräfte, der in Stadtallendorf beheimatet ist, und vom Magistrat der Stadt aus. Stadtallendorfs Bürgermeister Christian Somogyi wies bei der Enthüllung des neuen Straßenschildes darauf hin: „Als die Bundeswehr die Bitte äußerte, eine Straße nach Hauptmann Matthes zu benennen, gab es für die politischen Gremien überhaupt kein Zögern, diesem Wunsch zu entsprechen.“

Markus Matthes war im Jahr 2011 Angehöriger des Stabes der Division Spezielle Operationen (DSO), aus der 2014 die Division Schnelle Kräfte (DSK) hervorgehen sollte. Die Vorgesetzten urteilen über den Soldaten: „Ausgezeichnet mit der Einsatzmedaille ,Gefecht‘, ist Hauptmann Matthes ein Beispiel für den pflichtbewussten, loyalen und tapferen Bundeswehroffizier. Wenige Wochen vor seinem Tod erlebte er bereits einen ähnlichen Sprengstoffanschlag der Taliban, verblieb aber auf eigenen Wunsch in Afghanistan.“

Ein Vorbild für die Bundeswehr und für die Gesellschaft

An der Namensgebung am gestrigen Freitag nahmen viele Kameraden und Freunde von Markus Matthes teil. Auch sein Vater war nach Stadtallendorf gekommen. Ein Hauptfeldwebel, der das tragische Geschehen während des ISAF-Einsatzes nahe Kunduz unmittelbar erlebt hatte, meinte bei der Enthüllung des Straßenschildes sichtlich bewegt: „Ich war damals dabei. Das habe ich noch nicht verarbeitet. Aber dass ihm diese Ehre zuteilwird, hat er verdient. Er war ein großartiger Kamerad.“

Generalmajor Andreas Marlow, Kommandeur der DSK, sagte in seiner kurzen Ansprache: „Ab heute gibt es die ,Hauptmann-Matthes-Straße‘. Dass dem so ist, verdanken wir nicht nur der Verbundenheit unserer Garnisonsstadt zu uns Soldaten und der Bundeswehr. Heute wird deutlich, dass ein Offizier, ein Soldat der Bundeswehr, sowohl für uns, als auch für die Gesellschaft Vorbild sein kann. Hauptmann Matthes hat für unser Land das größte Opfer gegeben. Es ist uns eine Ehre, dass viele von uns mit ihm dienen durften. Er bleibt uns als Kamerad und Vorbild in Erinnerung.“

Matthes war 2011 posthum das Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit verliehen worden. Der mit dem Soldaten eng befreundete Leichtathlet Robert Harting, Weltmeister im Diskuswurf, widmete ihm seine in Südkorea am 30. August 2011 erkämpfte Goldmedaille. Hauptmann Markus Matthes wurde 2011 in seiner Geburtsstadt Berlin mit militärischen Ehren beigesetzt.

Schuldbeladener Panzergeneral der Wehrmacht

Zum Schluss noch ein historischer Hinweis. Die nun umbenannte Straße trug zuvor den Namen „General-Nehring-Straße“. General Walther Kurt Joseph Nehring, am 20. April 1983 in Düsseldorf verstorben, war im Zweiten Weltkrieg General der Panzertruppe. Seine Militär-Vita ist nicht makellos. So machte unter anderem der amerikanische Historiker und Holocaust-Forscher Raul Hilberg in seinem 1990 erschienenen Werk „Die Vernichtung der europäischen Juden“ das antisemitische Vorgehen Nehrings während seiner Zeit als Befehlshaber der Wehrmacht in Tunis publik.

Gemeinsam mit dem später gesuchten SS-Kriegsverbrecher Walther Rauff, dem Zuständigen für die Entwicklung und den Einsatz von Vergasungswagen, soll Nehring in Tunesien ein System von Arbeitslagern für die jüdische Bevölkerung organisiert haben. Bis Kriegsende kamen darin mehr als 2500 Menschen um. Darüber hinaus soll Nehring in Tunesien – so die historische Forschung – jüdische Männer und Frauen völkerrechtswidrig zur Arbeit an den Frontlinien gezwungen haben. Der Befehlshaber soll auch nach Absprache mit SS-Mann Rauff der jüdischen Gemeinde in Tunis eine „Geldbuße“ von mehreren Millionen Francs abgepresst haben. Eine „General-Nehring-Straße“ in Stadtallendorf gibt es nicht mehr!


Zu unserem Bildmaterial:
1. Seit dem 25. Mai 2018 hat Stadtallendorf eine „Hauptmann-Matthes-Straße“ zu Ehren des vor sieben Jahren in Afghanistan gefallenen Bundeswehroffiziers Markus Matthes.
(Fotos: Pressestelle Division Schnelle Kräfte)

2. Am 3. Juni 2011 nahm Deutschland mit einer zentralen Trauerfeier in Hannover Abschied von drei in Afghanistan gefallenen Bundeswehrsoldaten: Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein, Major Thomas Tholi und Hauptmann Markus Matthes. Lagenstein (Feldjägerbataillon 152, Hannover) und Tholi (Führungsunterstützungsbataillon 282, Kastellaun) waren am 28. Mai 2011 einem Sprengstoffanschlag in der nordafghanischen Stadt Taloqan zum Opfer gefallen. Matthes war drei Tage früher, am 25. Mai, während einer Patrouillenfahrt etwa 14 Kilometer nordwestlich von Kunduz getötet worden.
Seit dem 28. März 2018 heißt die frühere „Emmich-Cambrai-Kaserne“ in Hannover offiziell „Hauptfeldwebel-Lagenstein-Kaserne“. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen überreichte an diesem Mittwoch bei einem feierlichen Appell eine Urkunde zur Umbenennung an Oberst Dirk Waldau, den Kommandeur der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr. Daneben zeichnete sie auch den neuen Traditionserlass für die Bundeswehr.
Die Aufnahme zeigt den damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière am 3. Juni 2011 beim Trauergottesdienst in der evangelischen Epiphaniaskirche in Hannover. Er verneigt sich vor dem Sarg von Hauptmann Markus Matthes.
(Foto: Werner Cavalleri/Bundeswehr)


Kommentare

  1. Dr.-Ing. U. Hensgen | 30. Mai 2018 um 09:38 Uhr

    Sehr gut. Auch die gefallenen Soldaten gehören in die Mitte unserer Gesellschaft und unseres Bewusstseins.

  2. Prof. Moritz Hunzinger | 1. Juni 2018 um 09:03 Uhr

    Eine richtig gute Entscheidung.

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