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Berlin. Das Bundeskabinett hat am vergangenen Mittwoch (23. März) die Eckwerte für den Haushalt 2017 und für den Finanzplan bis 2020 beschlossen. In der Bundespressekonferenz äußerte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble an diesem Tag zu der Prioritätenliste der Regierung: „Die Schwerpunkte dieses Haushalts und der Finanzplanung sind die innere und äußere Sicherheit unseres Landes.“ Die Terrorattacken von Brüssel, bei denen Attentäter des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) im Flughafen Zaventem und in der Metrostation Maelbeek mehr als 30 Menschen töteten und 340 verletzten, lagen dabei gerade einmal einen Tag zurück. Der Etat des Verteidigungsministeriums soll 2017 um 1,7 Milliarden Euro auf 36,61 Milliarden Euro steigen. Im Finanzplanungszeitraum ist eine weitere Erhöhung bis auf 39,18 Milliarden Euro im Jahr 2020 vorgesehen. Damit könne die Bundeswehr in einem sich stark wandelnden sicherheitspolitischen Umfeld den vielfältigen Herausforderungen gerecht werden, erklärte Schäuble.

Der Bundeshaushalt soll den Planungen zufolge in allen Jahren des Finanzplanungszeitraums bis 2020 ohne neue Schulden auskommen. Der 2014 und 2015 erreichte Haushaltsausgleich ohne Nettokreditaufnahme wird dabei dauerhaft verstetigt. Dazu Schäuble: „Wir halten Wort und bleiben in einem schwierigen Umfeld unserer soliden Finanzpolitik treu. Eine klare Schwerpunktsetzung macht es möglich. Wir investieren in Infrastruktur, Bildung und Forschung. Wir tun, was notwendig ist, um innere und äußere Sicherheit zu gewährleisten. Und wir helfen den Flüchtlingen – alles ohne neue Schulden.“ Er sei froh, so sagte der Bundesfinanzminister gegenüber der Presse in Berlin, dass das Kabinett die Eckwerte „in großer Einvernehmlichkeit“ beschlossen habe.

Laut den Eckwerten betragen die Ausgaben des Bundes im kommenden Jahr 325,5 Milliarden Euro. Bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums im Jahr 2020 steigen die Gesamtausgaben schließlich auf 347,8 Milliarden Euro an.

Kann nun die versprochene Ausrüstungsmodernisierung eingeleitet werden?

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bezeichnete die geplante Aufstockung des Wehretats um 10,2 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren als eine „Trendwende“, die sich mittlerweile „verstetigt“ habe. Die Bundeswehr werde in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld erhalten, als noch im Eckpunktepapier 2015 festgelegt.

Der Eckwertebeschluss 2017 sieht – ausgehend von einem Verteidigungsetat für das Jahr 2016 in einer Höhe von 34,287 Milliarden Euro – folgende Steigerungen vor:
2017: 36,611 Milliarden Euro,
2018: 36,859 Milliarden Euro,
2019: 37,850 Milliarden Euro,
2020: 39,176 Milliarden Euro.

Das BMVg bewertete die haushaltspolitische Entscheidung zum Einzelplan 14 wie folgt: „Diese positive Entwicklung trägt den vielfältigen Herausforderungen, die die Bundeswehr angesichts der aktuellen Krisen zu bewältigen hat, Rechnung. Insbesondere können nun erste Projekte der von Verteidigungsministerin von der Leyen angekündigten Ausrüstungsmodernisierung initiiert werden.“

Sicherheitsbehörden werden durch die Kabinettsentscheidung weiter gestärkt

Auch das Bundesinnenministerium zeigte sich zufrieden mit den getroffenen Kabinettsvereinbarungen. In einem Pressetext heißt es: „Bereits für den laufenden Haushalt 2016 hatte die Bundesregierung vor dem Hintergrund der gestiegenen Terrorgefahr insgesamt 750 zusätzliche Stellen für die Sicherheitsbehörden sowie Sachmittel von rund 328 Millionen Euro bis 2019 ausgebracht. Hinzu kommen 3000 neue Stellen für die Bundespolizei, die in Tranchen von jeweils 1000 neuen Stellen in 2016, 2017 und 2018 etatisiert werden.“ Diesen Weg werde nun konsequent auch mit dem Haushalt 2017 fortgesetzt. Das Kabinett habe dazu beschlossen, die Sicherheitsbehörden durch ein zusätzliches Sicherheitspaket mit Sachmitteln von insgesamt 630 Millionen Euro bis 2020 weiter zu stärken.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière erklärte am Mittwoch: „Die gestrigen Anschläge in Brüssel zeigen wieder deutlich, dass alle europäischen Länder im Visier von islamistischen Terroristen stehen – auch Deutschland. Das war und ist uns bewusst. Es ist unsere Verantwortung, darauf angemessen und deutlich zu reagieren. Das heute mit dem Haushalt 2017 beschlossene Sicherheitspaket ist eine länger geplante Maßnahme, die auf die erhöhte Gefährdungslage für Deutschland reagiert. Wir setzen damit unseren Weg konsequent fort. Die deutschen Sicherheitsbehörden sind wachsam und agieren entschlossen.“

Konsequent in die Sicherheit Deutschlands investieren

Die Reaktionen auf die Aufstockung des Verteidigungsetats fielen unterschiedlich aus. Henning Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, begrüßte die getroffenen Entscheidungen vorbehaltlos: „Für den Verteidigungshaushalt sehen die Eckwerte eine Steigerung um 6,8 Prozent auf rund 36,6 Milliarden Euro vor. Das ist ein wichtiger Aufwuchs. Die Ereignisse in Brüssel haben uns abermals auf schreckliche Art verdeutlicht, wie wichtig es ist, konsequent in die Sicherheit unseres Landes und unserer Bürger zu investieren. Das schließt Investitionen in die äußere Sicherheit explizit mit ein. Denn wir müssen den Gefahren auch dort entgegentreten, wo sie entstehen.“

Seine Fraktion bewerte außerdem die Finanzplanung bis 2020 – mit dem vorgesehenen Aufwuchs bis zu 39,2 Milliarden Euro – positiv. Dies sei auch ein Erfolg der Verteidigungsministerin, die sich für die Steigerung vehement eingesetzt habe, lobte Otte. Wichtig sei nun, dass sich diese Mittel in den Investitionen in die Bundeswehr spürbar niederschlagen würden.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete erinnerte abschließend einmal mehr daran, dass sich die Bedrohungslage in den letzten Jahren entscheidend verändert habe. „Die Bundeswehr muss sowohl für Einsätze zur Krisenbewältigung als auch für den Kampf gegen den islamistischen Terror oder die Bündnisverteidigung an der NATO-Ostgrenze gerüstet sein. Diese gleichzeitigen Herausforderungen verlangen eine modern ausgerüstete Bundeswehr, die nicht zuletzt ein attraktiver Arbeitgeber für ihre Soldatinnen und Soldaten sein will.“

Unzureichende Finanzmittel zwingen möglicherweise zu einer Priorisierung

Enttäuscht zeigte sich Rainer Arnold, Sprecher der Arbeitsgruppe „Verteidigung“ der SPD-Bundestagsfraktion. Er bezeichnete die jetzt beschlossene Steigerung des Verteidigungsbudgets im Bundeshaushalt als „völlig unzureichend“ und „angesichts der Mängel bei der Ausrüstung“ als einen „Schlag ins Kontor“.

Der Wehrexperte kritisiert konkret: „Mit Blick auf die notwendigen Investitionen hat die Verteidigungsministerin Ende Januar ein 130-Milliarden-Euro-Investitionspaket für die Bundeswehr bis 2030 angekündigt. Mit diesem Paket sollte die Truppe für ihre Aufgaben besser gerüstet werden. Dies alleine hätte einen jährlichen Zuwachs von über vier Milliarden bedeutet. Dazu kommen die anstehenden Überlegungen zur Beseitigung der gravierenden Engpässe im Personalbereich. Mit der jetzt für 2017 vorgeschlagenen Erhöhung von 1,7 Milliarden Euro ist kein ernsthafter Einstieg in die Mangelbeseitigung möglich, zumal davon auch noch die anstehende Erhöhung der Gehälter und Pensionen finanziert werden muss.“

Mit Verweis auf das letzte Regierungsjahr der aktuellen Großen Koalition mutmaßt Arnold sogar: „Auch in den kommenden Jahren wird in der mittelfristigen Finanzplanung der Verteidigungsetat nicht ausreichend steigen, zumal Zahlenwerke für die Zeit nach der Bundestagswahl 2017 nicht mehr Verbindlichkeit als ein Scheck ohne Unterschrift haben. Weil der Finanzminister die Probleme offensichtlich bewusst in die nächste Legislaturperiode verschiebt, ist auch weiterhin keine an den tatsächlichen Aufgaben orientierte verlässliche Bundeswehrplanung möglich.“

Sollte das Zahlenwerk im Zuge der anstehenden Beratungen nicht an die dringend notwendigen Ausgaben für Gerät, Sanierung der Liegenschaften sowie für mehr Soldaten und Zivilbeschäftigte angepasst werden, warnte Arnold, dann führe kein Weg an einer Priorisierung vorbei. „Da die Finanzmittel nicht ausreichen, um alle Aufgaben gut erfüllen zu können, müssen Schwerpunkte mit dem Blick auf klügere Arbeitsteilung in den Bündnissen festgelegt werden. Die Ministerin muss dann Farbe bekennen, auf welche Fähigkeiten sie nicht verzichten kann und welche Fähigkeiten gegebenenfalls nachrangig sind.“

Bundeswehr-Verband sieht kaum Handlungsspielraum für Sanierung der Truppe

Ähnlich desillusioniert äußerte sich nach Bekanntwerden der Finanzlinie des Bundes für die nächsten vier Jahre auch der Deutsche Bundeswehr-Verband. André Wüstner, Bundesvorsitzender der Interessenvertretung, kommentierte den Kabinettsbeschluss wie folgt: „Die Regierung hat einen Schritt in die richtige Richtung gemacht, aber die Unterfinanzierung der Bundeswehr ist so noch lange nicht beendet. Enttäuschend ist, dass damit mittelfristig nicht wie beabsichtigt die Anhebung des rüstungsinvestiven Anteils auf 20 Prozent und damit die von Verteidigungsministerin von der Leyen angekündigte Modernisierungsinitiative bis 2030 auch nur annähernd erreicht werden kann.“

Insgesamt gesehen sei die Bundesregierung deutlich unter den Mindestforderungen des Verteidigungsministeriums geblieben – und noch viel weiter unter dem Betrag von 18,5 Milliarden Euro, den der Bundeswehr-Verband als notwendig benannt habe (wir berichteten). Nur mit diesen Mitteln könne es den Streitkräften gelingen, ihren zunehmenden Aufgaben gerecht zu werden, erklärte Wüstner.

Die Politik habe offensichtlich immer noch nicht verstanden, dass die Bundeswehr ein Sanierungsfall sei, so der Verbandschef weiter. Ziehe man feste Positionen im Verteidigungshaushalt – wie beispielsweise die Lohn- und Gehaltsrunde 2016 mit mindestens 700 Millionen Euro oder die Steigerungen im Betrieb bei IT und Materialerhaltung – ab, dann bleibe kaum noch Handlungsspielraum für eine Sanierung oder gar Modernisierung der Bundeswehr. An den dringlichen Fähigkeitsaufwuchs der Truppe zur Cyber-Verteidigung sei mit den vorgesehenen Finanzmitteln außerdem so überhaupt nicht zu denken.

Die Bundesregierung wird ihren Entwurf für den Bundeshaushalt 2017 im Juni vorlegen, der Bundestag wird diesen dann im Herbst beraten und in seiner endgültigen Fassung verabschieden.


Unsere Grafik informiert über die bisherige, aktuelle und geplante Entwicklung des Verteidigungsetats für die Bundeswehr im Jahreszeitraum 2014 bis 2020. Der Bildhintergrund zeigt einen Fahnenträger der Streitkräftebasis am 28. März 2012 bei einem feierlichen Appell in der Berliner Julius-Leber-Kaserne.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr, Infografik © mediakompakt 04.16)

Kleines Beitragsbild: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am 17. Februar 2016 im Plenarsaal des Bundestages.
(Foto: Achim Melde/Deutscher Bundestag)


Kommentare

  1. Mathias | 23. August 2016 um 20:20 Uhr

    Vernünftige, notwendige und der heutigen Zeit allemal angemessene Entscheidung, den Bundeswehretat massiv zur Eigenverteidigung anzuheben. Richtig!

  2. Julien Wietschel | 26. Oktober 2016 um 21:25 Uhr

    Ich möchte im Juli der Bundeswehr beitreten und finde es gut, wenn der Verteidigungsetat aufgestockt wird, damit diese Geld in Forschung zum Schutz der Soldaten ausgegeben werden kann um sich modernere Ausrüstung kaufen zu können.

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