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Brüssel/Immenstaad/Turin (Italien)/Palmdale (USA). Das NATO-Programm „Alliance Ground Surveillance“ (AGS) zum Aufbau der Bündnisfähigkeit „Gefechtsfeldaufklärung und -überwachung“ gewinnt an Fahrt. Für das System, das einmal aus fünf unbemannten Luftfahrzeugen des Typs Global Hawk sowie einem umfangreichen Bodensegment bestehen soll, waren im November und Dezember drei wichtige Termine reserviert. Am 3. November und am 5. Dezember fand jeweils ein Rollout von zentralen Komponenten des AGS-Bodensegments statt. Präsentiert wurde zunächst eine der insgesamt sechs mobilen Bodenstationen (Mobile General Ground Station, MGGS), vier Wochen später folgte die Übergabe der ersten der beiden transportfähigen Bodenstationen (Transportable General Ground Station, TGGS). Am 19. Dezember absolvierte schließlich das erste der fünf unbemannten NATO-Luftfahrzeuge auf Basis Global Hawk Block 40 erfolgreich seinen Erstflug.

Die Anfänge des NATO-Bodenüberwachungssystems reichen zurück bis ins Jahr 1989. Damals hatte das Bündnis erstmals die Forderung nach einer Verbesserung der Fähigkeit zur erweiterten Gefechtsfeldüberwachung (Alliance Ground Surveillance, AGS) formuliert. Beim NATO-Gipfel 2002 in Prag war dann in die abschließende Verpflichtungserklärung – in das Prague Capabilities Commitment – auch der Punkt „Air-to-Ground Surveillance“ aufgenommen worden.

Am 20. Februar 2009 erfolgte mit der Unterzeichnung eines „Programme Memorandum of Understanding“ (PMOU) ein erster entscheidender Schritt zur Verwirklichung des Bündnisprojektes. Dieses PMOU trat am 3. September 2009 mit einer Laufzeit von 30 Jahren in Kraft. Heute beteiligen sich am Aufbau des AGS-Systems 15 NATO-Partner: Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Norwegen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und die USA. Von den Aufklärungsergebnissen sollen einmal alle 28 Bündnismitglieder profitieren.

Überwacht und gesteuert wird die Realisierung des Programms von der NATO Alliance Ground Surveillance Management Organisation (NAGSMO), deren ausführendes Organ die NATO Alliance Ground Surveillance Management Agency (NAGSMA) ist. General Manager der Agentur ist seit Januar 2013 der frühere US-Oberst James E. Edge.

Militärflugplatz Sigonella auf Sizilien wird Heimat der Main Operating Base

Das AGS-Programm der NATO zum Aufbau einer Fähigkeit zur Gefechtsfeldaufklärung und -überwachung basiert – wie zu Beginn bereits skizziert – auf fünf unbemannten Luftfahrzeugen des Typs RQ-4B (Block 40) Global Hawk von Northrop Grumman. Hinzu kommen unter dem Titel „Bodensegment“ neben der stationären Main Operating Base nach derzeitigem Stand sechs MGGS (Mobile General Ground Stations), zwei TGGS (Transportable General Ground Stations) sowie zwei Deployable UAV Control Elements, kurz DUCE.

Stationiert werden soll das NATO-System – NATO AGS-Core – auf dem italienischen Militärflugplatz Sigonella, Sizilien.

Unterzeichnet wurde der AGS-Vertrag im Rahmen des NATO-Gipfels in Chicago am 20. Mai 2012. Es handelt sich um einen Beschaffungsvertrag zwischen der Agentur NAGSMA und Northrop Grumman ISS International Inc. als dem Hauptauftragnehmer.

Mit der Planung, Errichtung und dem späteren Betrieb des Luft- und Bodensegments – inklusive der Auswertungs- und Kommunikationskomponenten – sind im Rahmen des NATO AGS-Core unter anderem folgende Unternehmen beauftragt:
Hauptauftragnehmer: Northrop Grumman ISS International Inc. (Systemintegration);
Unterauftragnehmer: Northrop Grumman Systems Corporation (unbemanntes Luftfahrzeug), Airbus Defence and Space (mobile Bodenanlagen), Finmeccanica/Selex (Main Operating Base) und Kongsberg (Datenarchiv).

Erfolgreicher Erstflug der NATO-Drohne in Kalifornien

Nach den notwendigen Hintergrundinformationen zurück zu den aktuellen „Meilensteinen“. Am 5. November lud Airbus Defence and Space zum Rollout der ersten MGGS nach Immenstaad ein, fünf weitere mobile Bodenstationen für das NATO AGS-Core werden folgen. Gut einen Monat später, am 3. Dezember, präsentierte das Finmeccanica-Unternehmen Selex ES im italienischen Turin die erste von insgesamt zwei TGGS.

Am 19. Dezember fand in den USA der Erstflug der NATO-Drohne statt. Das Luftfahrzeug startete an diesem Samstag von der Palmdale Airbase aus (im kalifornischen Palmdale befindet sich das Aircraft Integration Center von Northrop Grumman), stieg auf mehr als 12.000 Meter und landete nach etwa zweieinhalb Stunden sicher auf der benachbarten Edward Air Force Base.

Ein Erstflug des Global Hawk mit NATO-Emblem in Europa ist nach Einschätzung der italienischen Zulassungsbehörde im Frühjahr 2016 möglich.

Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken im Juli dieses Jahres mitteilte, soll die Übergabe der NATO-AGS-Luftfahrzeuge „sukzessive und entlang des integrierten Programmplanes – Integrated Master Schedule (IMS) – erfolgen“. Dieser Programmplan ist Bestandteil des am 20. Mai 2012 geschlossenen AGS-Beschaffungsvertrages. Die Regierung weiter: „Gemäß des IMS ist die Auslieferung des ersten Luftfahrzeuges an den Auftraggeber, die NATO AGS Management Agency, 52 Monate nach Vertragsschluss vorgesehen. Das letzte der fünf Luftfahrzeuge wird gemäß IMS 58 Monate nach Vertragsschluss dem Auftraggeber übergeben.“ Mit anderen Worten – im Zeitraum Herbst 2016 bis Jahresanfang 2017 kann mit dem Zulauf der unbemannten Maschinen gerechnet werden.

Deutschland mit rund einer halben Milliarde Euro am AGS-Projekt beteiligt

Zu den Kosten für des NATO AGS-Core informierte die Bundesregierung bereits in einem früheren Antwortschreiben an die Linksfraktion. Am 14. August 2013 nannte der damalige Parlamentarische Staatssekretär Thomas Kossendey unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich zum Zeitpunkt seiner Informationen 13 NATO-Länder an dem Projekt beteiligten (inzwischen 15), folgende Zahlen: „Ausweislich der Vorlage an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages vom 24. April 2012 […] belaufen sich die Kosten für die Beschaffung von NATO AGS-Core durch 13 NATO-Mitgliedsstaaten auf einen endeskalierten Gesamtbetrag von 1.452,78 Millionen Euro.“

Hiervon entfallen laut Kossendeys damaligen Angaben 79,63 Millionen Euro auf die Kosten der Programmagentur (deutscher Anteil hier 26,49 Millionen Euro). 1.373,15 Millionen Euro sind für die eigentliche Beschaffung vorgesehen (deutscher Anteil 456,82 Millionen Euro). Inzwischen hat sich der deutsche Anteil durch die Aufstockung der Programmteilnehmer von 13 auf jetzt 15 Nationen wohl entsprechend verringert.

Derzeit hat die deutsche Luftwaffe nach Regierungsangaben übrigens noch drei sogenannte „Remotely Piloted Aircraft-Führer“ (RPA-F; mit dem „Remotely Piloted Aircraft“ ist im Gesamtsystem „UAS = Unmanned Aircraft System“ lediglich das unbemannte, ferngesteuerte Luftfahrzeug gemeint), die eine Global Hawk-Musterberechtigung haben. Einer dieser RPA-F hat außerdem eine zusätzliche Flugberechtigung. Perspektivisch will die Teilstreitkraft in den nächsten fünf Jahren bis zu 16 RPA-F bei NATO AGS einsetzen und deshalb auf Global Hawk ausbilden lassen.


Video-Hinweis: Das Video des YouTube-Kanals von Northrop Grumman dokumentiert die Montage eines unbemannten Luftfahrzeugs des Typs Global Hawk für das NATO AGS-Core. Der im Mai 2015 veröffentliche Filmbeitrag des Unternehmens, freigegeben durch die NAGSMA, führt im Zeitraffer durch den Fertigungsprozess der Drohne. Schade nur, dass die Bilder mit martialischer Orchestermusik hinterlegt sind, die schwer nervt …
(Video: Northrop Grumman/NAGSMA)

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Zu unserer Bildfolge:
1. Erfolgreicher Testflug der NATO-Drohne am 19. Dezember 2015 in den USA.
(Foto: U.S. Air Force/Northrop Grumman)

2. Rollout der Mobile General Ground Station – kurz MGGS – bei Airbus Defence and Space in Immenstaad am 5. November 2015.
(Foto: Rolf Schwark/Airbus Defence and Space, NAGSMA)

3. und 4. Bauarbeiten am NATO AGS Operation Centre auf der Militärbasis Sigonella, Sizilien. Die beiden Bilder wurden im April 2015 gemacht.
(Fotos: NAGSMA)

Kleines Beitragsbild: Global Hawk der NATO beim Test am 19. Dezember 2015 in den USA.
(Foto: U.S. Air Force/Northrop Grumman)


Kommentare

  1. G. Heinrichs | 25. Dezember 2015 um 15:34 Uhr

    Airbus Defence and Space entwickelt und liefert die Mobile General Ground Station (MGGS) auf Basis der langjährigen Erfahrungen mit der Entwicklung und Lieferung von Auswerteanlagen für die luftgestützte Aufklärung der Bundeswehr. Die Bundesrepublik Deutschland finanziert NATO AGS mit 33 Prozent und sollte deshalb diese Entwicklungsergebnisse auch für die dringend notwendige Erneuerung der nationalen Fähigkeiten nutzen. Die Einsätze in Syrien werden den Bedarf einer modernen Auswertekapazität unterstreichen. Der Zeitplan konforme Rollout der MGGS bestätigt die Leistungsfähigkeit und Kompetenzen der nationalen Industrie zur Deckung des Bedarfs unserer Soldaten.

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